Schwäbische Zeitung: Fall Sané: Löw bleibt sich weiter treu - Leitartikel zum WM-Kader
Geschrieben am 04-06-2018 |
Ravensburg (ots) - Vielleicht sind am Ende die Schüler aus
Horgenzell aus dem Landkreis Ravensburg schuld. Vergangene Woche
landete das Poster der "Mühlenzeitung" mit den Konterfeis des
angeblichen 23-köpfigen WM-Kaders und den Namen der Spieler in
Gebärdensprache auf der DFB-Homepage. Nationalmannschaftsmanager
Oliver Bierhoff zürnte ob der PR-Panne, obgleich natürlich auch er
wusste, dass die Schüler eben eine Auswahl hatten treffen müssen -
weit vor der endgültigen Kadernominierung. Die Schüler aus
Oberschwaben, das die einhellige Meinung der Experten, hatten gut
geraten und die richtigen Spieler eliminiert. Doch sie hatten -
genauso wie rund 80 Millionen deutscher Hobby-Bundestrainer - die
Rechnung ohne Joachim Löw gemacht. Leroy Sané muss überraschend heim.
Und da es ab sofort generell wieder "Bundestrainer geht vor
Bundeskanzlerin" zu heißen scheint und in den nächsten Wochen jede
Handlung Löws mehr Beachtung finden wird als die große Politik, ist
der Aufschrei nicht verwunderlich. Was erlauben Löw? Immerhin
verzückte Sané in dieser Saison die englischen Fußballfans, wurde mit
Manchester City Meister, Nachwuchsspieler der Saison und hat
unbestritten ein feines Füßchen - aber für Deutschland scheint es
nicht zu reichen. Doch in Wahrheit steckt hinter Löws Handlungen wie
immer ein Konzept. Sané ist ein kickender Hallodri, der beim DFB nie
wirklich überzeugen konnte. Zwar streicht sich Löw eventuell ein
Überraschungsmoment, jemanden, der im Turnier explodieren könnte und
schürrlesk oder götzehaft mit einer Aktion überragt. Doch der
Bundestrainer bleibt seiner Linie treu. Er liebt es zu überraschen.
Schon bei vorangegangenen Turnieren gab es prominentere Härtefälle -
frag nach bei Mario Gomez. Zudem: Auch Löw ist amtierender
Weltmeister. Und das nicht trotz, sondern wegen seiner
Entscheidungen. Und seien wir ehrlich, wir diskutieren um Spieler,
die bei der WM ohnehin nur eine Nebenrolle gehabt hätten. Außerdem:
Ein entscheidender Pass von Julian Brandt auf Marco Reus im Finale
hätte doch ebenfalls Charme.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de
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