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Börsen-Zeitung: Mangel an Controlling, Kommentar zur Deutschen Post von Martin Dunzendorfer

Geschrieben am 12-06-2018

Frankfurt (ots) - Die Deutsche Post hat ein ernstes
Controlling-Defizit. Dass Vorstandsmitglied Jürgen Gerdes jetzt den
Dax-Konzern verlassen muss, nachdem er erst Anfang April nach vielen
Jahren als Chef der Kernsparte PeP (Post, E-Commerce, Pakete)
überraschend auf den neuen Posten für die Entwicklung von Angeboten
(Incubations) versetzt wurde, offenbart, dass das wahre Ausmaß der
Probleme erst jetzt erkannt wurde. Zwar wird ihm hinterhergerufen, er
habe die PeP-Sparte "über mehr als ein Jahrzehnt sehr erfolgreich
entwickelt", tatsächlich dürften aber Aufsichtsrat und CEO Frank
Appel Gerdes für die aus dem Ruder laufenden Kosten seines alten
Bereichs verantwortlich machen. Dass die Trennung "aufgrund
unterschiedlicher Auffassungen über die strategische
Schwerpunktsetzung" erfolgt, klingt wenig glaubwürdig. Schließlich
waren es Versäumnisse in seiner alten Wirkungsstätte, die zu der
jüngsten Gewinnwarnung geführt hatten.

Der ungebrochene Boom im Online-Handel, der das Paketvolumen
immer weiter steigen lässt, ist Teil des Problems. Denn mit dem
Anstieg der Löhne für die Paketboten hielt die Produktivität nicht
mit, zumal die Post ihre Zusteller besser bezahlt als die
Wettbewerber Hermes (Otto Group), DPD (La Poste, Frankreich) und GLS
(Royal Mail, Großbritannien). Und in Zeiten elektronischer
Kommunikationsmittel wird der klassische Brief immer seltener
genutzt.

Nun soll der Verwaltungsapparat verkleinert werden. Verbeamtete
Mitarbeiter, die besonders hohe Kosten verursachen, sollen vorzeitig
in den Ruhestand gehen; davon gibt es bei der Post noch etwa 30000.
Das soll zwar künftig eine Entlastung von rund 200 Mill. Euro pro
Jahr bringen, zunächst sind 2018 dafür aber Aufwendungen von 500
Mill. eingeplant.

Wie Post-Chef Appel schon am Freitag einräumte, als die
Gewinnprognose für diesen Turnus gekappt wurde, hat man seit Jahren
zu wenig in die Weiterentwicklung des operativen Geschäfts
investiert. Nun sollen hunderte Millionen Euro in die Digitalisierung
gesteckt werden. Zudem wird wohl an einer Bündelung von Brief- und
Paketzustellung gearbeitet. Mit diesem Spar- und Investitionsprogramm
hofft Appel, das Gewinnziel für 2020 von 5 Mrd. Euro (Ebit) noch zu
erreichen. Dieses Jahr werden nur noch 3,2 (i.V. 3,74) Mrd. Euro
erwartet. Doch selbst wenn diese inzwischen überaus ehrgeizige
Vorgabe erreicht wird - eine Portoanhebung für Briefe und Pakete wäre
dafür unumgänglich -, muss sich Appel fragen lassen, warum die
PeP-Sparte so lange vernachlässigt wurde.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

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