Allg. Zeitung Mainz: Der Geist von Kreuth ist kein Schreckgespenst mehr / Kommentar zur Regierungskrise / Von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 18-06-2018 |
Mainz (ots) - Nein, um die Frage, ob Angela Merkel ihre
Kanzlerschaft retten kann, geht es gar nicht mehr. Sie ist nach
dieser Erpressung durch die CSU nicht mehr zu retten, auch wenn die
Kanzlerin eine Galgenfrist von 14 Tagen oder vielleicht auch einem
Jahr erhalten mag. Was für ein unwürdiges Spiel. Und doch sind das
die unerbittlichen Regeln des politischen Geschäfts, das machtvolle
Anführer braucht und keine gelähmten. Die CDU aber steht nicht nur
vor der Frage, wer Merkel nachfolgen kann. Sie muss eine Antwort
darauf finden, ob der Geist von Wildbad Kreuth auch heute noch ein
Schreckgespenst ist - oder ein Lösungsansatz? Vieles spricht für
Letzteres. Nicht nur, weil die CDU allein mit dieser Drohung ihre
wild gewordene Schwester disziplinieren könnte. Unter Markus Söder
und Alexander Dobrindt, den wahren Kesseltreibern, hat sich die CSU
selbst so sehr den destruktiven Zielen des politischen Populismus
verschrieben, dass eine Trennung der beiden Schwestern ernsthaft
erwogen werden muss. Weil besser die größere Union ihren
europapolitischen Kern bewahrt, den die CSU offenbar auch jenseits
des Flüchtlingsstreits aufkündigen will. Und weil die Rechnung der
CSU aufgehen könnte, mit einem nationalkonservativen Profil die immer
brauner werdende AfD in ihre Schranken zu weisen. Wenn die CSU bei
ihrer neuen Ausrichtung bliebe, würde der Zwang zur Gemeinschaft mit
der CDU die gesamte Union massiv schwächen. Wer aber von der
Notwendigkeit einer Trennung überzeugt ist, wird sie nur jetzt
vollziehen können: Wenn er die CSU - vor ihrer unweigerlichen
Spaltung - ein letztes Mal als einzige Union in den bayerischen
Landtagswahlkampf ziehen ließe.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Wolfgang Bürkle
Newsmanager
Telefon: 06131/485980
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