Allg. Zeitung Mainz: Von der Rolle / Kommentar zum WM-Aus für Deutschland / Von Friedrich Roeingh
Geschrieben am 27-06-2018 |
Mainz (ots) - Das war peinlich. Kein Pech, keine Tragik. Einfach
nur peinlich. Keine 90 Minuten. Drei volle Spielzeiten lang. Kein
Selbstvertrauen, keine Ideen, kein Aufbäumen. Deutschland blamiert
sich bei dieser WM wie in keiner Weltmeisterschaft zuvor. So löst
dieses Ausscheiden nicht einmal Anteilnahme aus. Und es scheint
symptomatisch für die aktuelle Verfassung eines Landes zu stehen, das
in mancherlei Hinsicht als unschlagbar galt. Als ehrgeizig und
fleißig, ideenreich und stets gut aufgestellt. Als Garant für
Stabilität, wenn andere ins Wanken gerieten. Im Fußball, in der
Wirtschaft, in der Politik. Und wie beim Fußball drängt sich der
Eindruck auf, als fänden das gar nicht so viele in der Welt besonders
tragisch. Dafür steht nicht nur die miserable Verfassung der
Nationalmannschaft, des fortgejagten Weltmeisters. Dafür steht der
Diesel-Betrug des VW-Konzerns, der bis vor Kurzem als unschlagbar
geltenden deutschen Autoindustrie. Dafür steht auch die
Bundesregierung. Eine Regierung, die wie die Nationalmannschaft aus
lauter nicht harmonierenden Mannschaftsteilen zusammengesetzt ist.
Eine Regierung, die sich international immer mehr und immer stärkeren
Gegnern gegenüber sieht. Und einer Kanzlerin, die es wie der
Bundestrainer versäumt hat, rechtzeitig abzutreten. Der Bundestrainer
auf dem Zenit seines Erfolges. Die Kanzlerin zu einem Zeitpunkt, als
ihr klar werden musste, dass sie auf einmal selbst die Spaltung des
Landes und die Spaltung Europas befördert hat. Nur dass der Neuanfang
im Fußball leichter fallen wird. Neue Aufbauarbeit, neue Köpfe, neues
Spiel, neues Glück. Und wenn die Achtelfinals überwunden sind, werden
wir uns schon wieder am glänzenden Fußball der anderen erfreuen
können - wenn auch nicht mit der gleichen Begeisterung. In Berlin
dagegen werden wir weiterhin Zeugen einer Regierung in Auflösung
sein, die sich vorerst nicht auflösen wird - und deren Auflösung die
Krise nicht auflösen würde. Unsere Gegner in Europa, in Ankara,
Moskau und Washington aber werden nicht warten, bis wir uns wieder
berappelt haben. Sie lauern nur darauf, Deutschlands Schwäche
auszunutzen. Die Krise in Berlin, die Krise des Liberalismus und die
Krise der Weltgemeinschaft sind leider kein Spiel.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Wolfgang Bürkle
Newsmanager
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