BERLINER MORGENPOST: Es geht um Deutschland / Leitartikel von Jörg Quoos zum Asylstreit
Geschrieben am 29-06-2018 |
Berlin (ots) - Kurzform: Trotz der absurden Hürden, die beide
Seiten jetzt aufgebaut haben, müssen sich Angela Merkel und Horst
Seehofer einigen. Jeder muss einen Schritt tun - egal, wie schwer er
fällt und wie zerrüttet ihr persönliches Verhältnis auch sein mag.
Die Kanzlerin muss den Wunsch nach mehr Grenzschutz ernster nehmen.
Das erwarten auch die vielen Unzufriedenen in ihrer Partei, die sich
nur aus Loyalität aber gegen die eigene Überzeugung hinter Angela
Merkel gestellt haben. Horst Seehofer muss im Gegenzug die Ultimaten
einsammeln und wahre Führungsstärke zeigen. Der CSU-Chef darf nicht
länger der Getriebene von Männern sein, die alles sind - nur nicht
seine "Parteifreunde". Diejenigen, die ihn rückhaltlos im Kurs gegen
die Kanzlerin unterstützen, wollten ihn noch vor Kurzem eiskalt los
sein.
Der vollständige Leitartikel: Jetzt ist er also da - der Showdown
zwischen der Kanzlerin und dem CSU-Chef. Gut so, möchte man sagen.
Denn das Schauspiel, das CDU und CSU in den vergangenen 14 Tagen
abgeliefert haben, ist keinen Tag länger zu ertragen. Eine
Entscheidung muss jetzt her, und es geht um viel mehr als nur um
Rechthaberei zwischen CDU-Chefin und CSU-Chef. Es geht um die Fragen,
die unsere Zukunft betreffen: Behält Europas wichtigste
Industrienation einen handlungsfähige Regierung? Hält Europa trotz
aller Schwierigkeiten zusammen? Und bleibt die Union eine starke
politische Kraft - oder marschiert sie Richtung Untergang? Das wäre
keine Schwarzmalerei. Die Konservativen in Italien und Frankreich
haben es schon hinter sich - mit dramatischen Folgen. In Frankreich
hängt das Schicksal einer bürgerlichen Regierung ausschließlich an
der Person Emmanuel Macrons. Und in Italien hat das Verschwinden der
Democrazia Cristiana eine historische Lücke gerissen. Es war bislang
eine große Stärke der deutschen Nachkriegspolitik, dass bei den
Schicksalsfragen der Nation in den Parteien das
Verantwortungsbewusstsein über egoistische Einzelinteressen gesiegt
hat. Sogar historische Dickschädel wie Franz Josef Strauß und Helmut
Kohl spürten im entscheidenden Moment die Verantwortung für das große
Ganze. Auch sie hatten die Macht das Gemeinsame zu zerstören - aber
entschieden sich anders. Angela Merkel und Horst Seehofer sollten sie
sich die beiden als Vorbild nehmen. Besonders die erste Reihe der CSU
kann vom legendären Strauß in diesen Tagen viel lernen. Der
kraftvollste CSU-Politiker aller Zeiten hatte nie "nur Bayern" im
Blick. Strauß dachte größer. Realpolitik mit der DDR, europäische
Industriepolitik und immer auf Augenhöhe mit den mächtigsten Führern
der Welt. Genau aus diesem Anspruch hat Bayern viel Kraft und
Selbstbewusstsein geschöpft. "FJS" würde sich im Grabe umdrehen, wenn
er das Klein-Klein seiner Nachfolger noch erleben müsste. Und die
Kanzlerin kann von Helmut Kohl lernen, dass man seine Partner weder
in Deutschland noch in Europa mit einsamen Entscheidungen überfordern
darf. Angela Merkels Sonderweg in der Flüchtlingspolitik war
großherzig. Aber er hat sie von der Schwesterpartei CSU und den
europäischen Nachbarn entfernt. Das war ein hoher Preis und macht die
Suche nach der großen gemeinsamen Lösung jetzt so schwer. Trotz der
absurden Hürden, die beide Seiten jetzt aufgebaut haben, müssen sich
Angela Merkel und Horst Seehofer einigen. Jeder muss einen Schritt
tun - egal, wie schwer er fällt und wie zerrüttet ihr persönliches
Verhältnis auch sein mag. Die Kanzlerin muss den Wunsch nach mehr
Grenzschutz ernster nehmen. Das erwarten auch die vielen
Unzufriedenen in ihrer Partei, die sich nur aus Loyalität aber gegen
die eigene Überzeugung hinter Angela Merkel gestellt haben. Horst
Seehofer muss im Gegenzug die Ultimaten einsammeln und wahre
Führungsstärke zeigen. Der CSU-Chef darf nicht länger der Getriebene
von Männern sein, die alles sind - nur nicht seine "Parteifreunde".
Diejenigen, die ihn rückhaltlos im Kurs gegen die Kanzlerin
unterstützen, wollten ihn noch vor Kurzem eiskalt los sein. Mit
seinem Gang nach Berlin hat sich Horst Seehofer vor wenigen Monaten
entschieden. Er schwor - wie die Kanzlerin - mit Hand auf der Bibel
und bei Gott den Eid, seine "Kraft dem Wohle des deutschen Volkes" zu
widmen. Vom "bayerischen Volke" allein war dabei nicht die Rede.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de
Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
644553
weitere Artikel:
- BERLINER MORGENPOST: Ein Anfang, mehr nicht / Kommentar von Susanne Leinemann zum Kita-Gipfel Berlin (ots) - Kurzfassung: Das ist die gute Nachricht, der Gipfel
kam überhaupt. Die Senatorin hatte gerufen und 18 Vertreter der
wichtigsten Gruppen aus dem Kita-Kosmos sprachen miteinander. Was ist
möglich, was auf keinen Fall, wie kann man schnell Verbesserungen
erreichen? "Alle denken über ihre Schmerzgrenze nach", sagte später
Roland Kern vom Dachverband der Berliner Kinder- und Schülerläden.
Denn ohne Abstriche wird sich nichts bewegen. Es müssen neue
Kitaplätze her - und zwar schnell. Jede neue Erzieherin, jeder
Quereinsteiger mehr...
- FZ: Lösungen sehen anders aus
Kommentar der Fuldaer Zeitung (30.06.2018) zu den Ergebnissen des EU-Gipfels und zum Streit in der Union über die Asylpolitik Fulda (ots) - Hat Angela Merkel ihren Hals nochmal aus der
Schlinge gezogen und durch Verhandlungsgeschick ihr politisches
Überleben gesichert? Auf den ersten Blick taugen die Ergebnisse des
Gipfels von Brüssel dazu, den Koalitionspartner CSU zu besänftigen.
Merkel hat ihr "Wir schaffen das!" aufgegeben und sich - freilich
unter größtem innenpolitischen Druck - eingereiht in die größer
werdende Schar von EU-Staaten, die "Es reicht!" sagen. Der
Gipfelbeschluss räumt den Staaten, ganz im Sinne Horst Seehofers,
nationale Maßnahmen mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu den Querelen in der Union Stuttgart (ots) - Die Ergebnisse des EU-Gipfels ebnen Horst
Seehofer & Co. den Weg, um ohne allzu großen Gesichtsverlust den
Asylstreit mit der CDU beizulegen, der die Bundesregierung nach nur
etwas mehr als 100 Tagen bereits wieder zu sprengen droht. Ein
schiedlich-friedlicher Ausgang dieses politischen Dramas könnte nicht
verdecken, dass die Gemeinsamkeiten dieser Regierungskoalition
aufgebraucht zu sein scheinen. Es ist offensichtlich, dass Merkel und
Seehofer nicht mehr das hundertprozentige Vertrauen ihrer Parteien
genießen. mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): EU-Gipfel einigt sich auf Asyl-Kompromiss
Zank nur auf Eis gelegt
Carsten Heil Bielefeld (ots) - Es ist mehr als nichts, was beim EU-Gipfel zur
Flüchtlingsfrage herausgekommen ist. Die EU ist an dem Punkt immerhin
nicht zerbrochen. Aber es ist zu wenig und wird mit großer
Wahrscheinlichkeit in wenigen Monaten erneut scheitern. Es ist zu
viel Freiwilligkeit vereinbart und nichts wurde wirklich festgezurrt.
Die Mitgliedstaaten richten freiwillig Aufnahmelager ein und erteilen
freiwillige Einreiserlaubnisse für Flüchtlinge aus diesen Lagern. Das
hat schon in der Vergangenheit nicht funktioniert und zu erbittertem mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Armin Laschet ein Jahr NRW-Ministerpräsident
Ohne klare Kante
Florian Pfitzner, Düsseldorf Bielefeld (ots) - In seinem ersten Regierungsjahr als
NRW-Ministerpräsident ist sich Armin Laschet treu geblieben. Er setzt
sich zumeist aufrichtig für sein Land ein, zugleich hält sich in
seiner Amtsführung aber eine gewisse Flatterhaftigkeit. Es ist nun
zwölf Monate her: Ohne jedes Triumphgeheul geht Laschet in sein Amt,
offen und zuversichtlich. Kaum jemand hat mit seiner Wahl gerechnet.
Die rot-grüne Vorgängerregierung hinterlässt ihm ein Land, das nicht
so schlecht aufgestellt ist, wie es seine CDU lange behauptet hat.
Laschets mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|