Rheinische Post: KOMMENTAR Die Asylwende ist da
Geschrieben am 02-07-2018 |
Düsseldorf (ots) - Von Eva Quadbeck
In CDU und CSU ist in dieser schweren Regierungskrise immer die
Rede davon, es müsse verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen
werden. Ja, wohl wahr. Nur: Dieses verlorene Vertrauen bekommt man
nicht zurück, indem man aus einer strittigen Sachfrage eine
Regierungskrise macht, die das ganze Land in Unruhe versetzt.
Verloren gegangenes Vertrauen bekommt man auch nicht zurück, indem
gewählte Politiker den Eindruck erwecken, es gehe gar nicht um die
Sache, sondern um Rechthaben, um alte Rechnungen und um
Rechtbehalten.
Wie soll der Bürger denn glauben, dass eine solche Regierung den
Zuzug von Flüchtlingen ordnen und begrenzen kann, wenn sie noch nicht
einmal ihre eigenen Streitereien ordnen und begrenzen kann? CDU und
CSU haben in einem Manöver des letzten Augenblicks vor dem großen
Knall eine Einigung gefunden. Dass der Kompromiss dieses Mal für
längere Zeit für geräuschlose Regierungsarbeit sorgt, ist äußerst
zweifelhaft. Die gegenseitigen Verletzungen und die persönliche
Abneigung von Merkel und Seehofer sitzen zu tief, als dass eine
Rückkehr zum routinierten Alltag so einfach möglich wäre.
Den Konflikt auf die Spitze getrieben hat die CSU in der fast
rauschhaften Vorstellung, mit immer neuen Forderungen zu einer
härteren Asylpolitik und nationalen Alleingängen ließe sich in Bayern
die absolute Mehrheit erringen und die AfD in die Schranken weisen.
Wie die von Tag zu Tag sinkenden Umfragewerte der CSU zeigen, ist das
Gegenteil richtig. Zudem schwang im Vorgehen der CSU eine "Merkel
muss weg"-Attitüde mit. Damit haben die Christsozialen die Reihen
ihrer Schwesterpartei fest geschlossen. Merkel hat dieses brachiale
Auftreten der CSU möglicherweise ihr Amt gerettet.
Die Kanzlerin zahlt aber einen hohen Preis. In dem Einigungspapier
kommt zwar noch der Hinweis vor, man werde nicht unabgestimmt
handeln. Aber diese Formulierung ist ein Feigenblatt. Der restliche
Kompromiss ist CSU pur. Es wird zu Zurückweisungen an der Grenze
kommen. Zusammen mit Seehofers Masterplan hat die Union die
Kehrtwende von einer liberalen hin zu einer sehr restriktiven
Flüchtlingspolitik endgültig beschlossen. Ein strahlender Sieger ist
der Innenminister dennoch nicht. Mit seiner Rücktrittsankündigung hat
er sich als Regierungsmitglied selbst herabgesetzt. Nun ist er
beschädigt wie die Kanzlerin auch. Als CSU-Chef ist er ohnehin
angezählt.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
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