Allg. Zeitung Mainz: Zeit fürs Urteil / Kommentar von Reinhard Breidenbach zu Beate Zschäpe
Geschrieben am 03-07-2018 |
Mainz (ots) - Sehr bemerkenswert, wie sich die Angeklagte Zschäpe
in ihrem Schlusswort geäußert hat. So ganz anders als in mehr als
fünf Jahren Prozess zuvor. Aufrichtiges Mitgefühl habe sie mit den
Hinterbliebenen der Opfer, versichert sie. Und mit rechtsradikalem
Gedankengut habe sie unwiderruflich abgeschlossen. Und Verantwortung
wolle sie übernehmen. Das Problem ist nur: Ist das wirklich
glaubwürdig? Meint Zschäpe das tatsächlich so - oder sind es nur
Krokodilstränen, ist es nur Taktik, um der schwersten Strafe zu
entgehen, die ihr droht: Lebenslänglich mit Feststellung der
besonderen Schwere der Schuld und anschließender
Sicherungsverwahrung? Zschäpe hat jedes Recht, zu taktieren und zu
lügen. So bestimmt es das Gesetz, und das ist richtig so. Jeder
Angeklagte hat enorm viel zu verlieren, ihm muss seine Schuld
nachgewiesen werden, er braucht nicht seine Unschuld zu beweisen.
Freilich müssen Angeklagte nicht lügen. Wenn sie die Wahrheit sagen,
hat das meist positive Konsequenzen für sie. Nicht verschwiegen
werden soll allerdings: Nicht selten erreichen Angeklagte mit
Abstreiten und Lügen auch, dass sie in Freiheit bleiben. Aber
schuldig bleiben sie dann doch ihr Leben lang, und ob sie damit gut
leben können, ist sehr die Frage. Das Gericht muss beurteilen, ob
Zschäpe bei ihrem letzten Wort gelogen hat. Das Gericht hat
glücklicherweise das allerletzte Wort. Manches spricht dafür, dass
die Angeklagte bloß taktiert hat. Dilettantisch, fast kindisch ist
Zschäpes Appell an die Richter, sich nicht von politischem Druck
beeinflussen zu lassen. Aber das werden sie ihr nicht negativ
anlasten. Das nicht.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Werner Wenzel
Leiter Newspool
Telefon: 06131/485980
online@vrm.de
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