Das Büroflächenangebot sinkt weiter auf breiter Front - Anhaltend hohe Nachfrage
Geschrieben am 04-07-2018 |
Frankfurt (ots) - Historisches Debakel bei der Fußball-WM,
ausufernder Handelsstreit, immense Uneinigkeiten innerhalb der
Regierungskoalition und innerhalb der EU. Diese Schlagzeilen
bestimmten das Ende des zweiten Quartals des Jahres 2018. Ein Jahr,
das zu Beginn noch vor ökonomischer Kraft strotzte und mit positiven
Wachstumsraten aufwartete. Das hat sich geändert. Nicht nur die
aktuelle Lage wird von den Unternehmen im jüngsten ifo-Index und im
ZEW-Index, der auf den niedrigsten Stand seit November 2012 gefallen
ist, schlechter beurteilt, auch die Wirtschaftsforschungsinstitute
haben ihre konjunkturellen Erwartungen für Deutschland im laufenden
Jahr zum Teil deutlich nach unten korrigiert. Das BIP soll laut
Consensus Economics um 2,1% wachsen (nach 2,4% im letzten Quartal)
und für 2019 sieht das Institut ein Wachstum von unter 2%. Den
signifikantesten Einfluss auf das reduzierte Wachstum hat die
rückläufige Exporttätigkeit. Da ein Ende des Handelskonfliktes mit
den USA aktuell nicht abzusehen ist, werden die Verunsicherung der
Unternehmen und die Marktturbulenzen ständige Begleiter im weiteren
Jahresverlauf sein. Positive Signale werden dessen ungeachtet nach
wie vor vom Arbeitsmarkt gesendet. Die Arbeitslosenquote ist im Mai
weiter auf 5,2% gesunken. An der sich weiter öffnenden Schere
zwischen Arbeitskräftebedarf und Fachkräfteangebot hat sich
grundsätzlich nichts geändert. Die prinzipiell erfreuliche Situation
auf dem Arbeitsmarkt stärkt den privaten Konsum, der immer mehr zur
tragenden Säule der deutschen Konjunktur wird. Daran ändern auch die
nach dem Ausscheiden bei der WM nun zu erwartenden Umsatzeinbußen in
der Gastronomie nichts.
Umsatzvolumen wieder deutlich stabilisiert - flexible
Büroflächenbetreiber expandieren weiter
"Die von uns zum Ende des ersten Quartals thematisierte Frage nach
'Trendwende oder Zwangspause?' beim Vermietungsvolumen lässt sich
drei Monate später mit 'Zwangspause' beantworten. Der Umsatz in den
sieben Büro-Hochburgen hat sich wieder deutlich stabilisiert und
liegt mit 1,83 Mio. m² auf einem nahezu identischen Niveau mit dem
Vorjahr", so Timo Tschammler, CEO JLL Germany. Tschammler weiter:
"Die fundamentalen Arbeitsmarktdaten sind nach wie vor intakt und
ungeachtet der politischen Turbulenzen und der konjunkturellen
Volatilitäten suchen die Unternehmen nach wie vor händeringend nach
Fachpersonal. Diese Suche ist nicht immer von Erfolg gekrönt. So
bleiben manche Expansionspläne in der Schublade und in der Folge wird
ein möglicher Umzug aufgeschoben. Und selbst wenn ein Umzug anvisiert
und geplant ist, lässt sich dieser angesichts des weiter
voranschreitenden Mangels an geeigneten Büroflächen nicht immer
realisieren. Beides sind Gründe dafür, warum wir die aktuelle Lage
weiterhin als Zwangspause charakterisieren."
Umsatzspitzenreiter zum Halbjahr 2018 ist wieder München mit rund
468.000 m² vermieteter Fläche und einem Plus von 12 % gegenüber dem
Vergleichswert aus 2017, gefolgt von Berlin mit 391.000 m². In der
Hauptstadt macht sich die Knappheit besonders bemerkbar. Der Mangel
an Flächen sorgte für einen Rückgang des Umsatzes von mehr als 8 % im
Einjahresvergleich. Die stärksten Einbußen musste allerdings Hamburg
mit fast 23 % hinnehmen, das dickste Plus notiert zur Jahresmitte in
Köln mit einem Sprung von 35 % auf fast 124.000 m².
Am Ergebnis der Nettoabsorption, die in den Monaten April bis Ende
Juni gegenüber dem Vorquartal deutlich zugelegt hat und summiert für
das Halbjahr ein Volumen von 232.000 m² ausweist, wird deutlich, dass
sich an der grundsätzlichen Expansionsfreude vieler Unternehmen
nichts geändert hat: "Wenn sie umziehen, werden häufig größere
Flächen als vorher angemietet", so Tschammler.
"Ein weiterer relevanter Aspekt des aktuellen Vermietungsmarktes
ist die anhaltend sehr expansive Nachfrage von Flexible Office
Space-Betreibern speziell in den sieben Hochburgen. Dabei beobachten
wir, dass der Expansionsdrang der Betreiber immer mehr auch auf
offene Ohren bei den Eigentümern von Büroflächen stößt. Damit stehen
diese neuen flexiblen Arbeitsplatz-Modelle im Wettbewerb zu den
"normalen" anzumietenden Flächen und Nutzer sehen sich insbesondere
angesichts der aktuellen Flächenknappheit vor der Frage, welches
Konzept ihnen welche Möglichkeiten und Vorteile eröffnet", betont
Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. In den Big
7-Standorten gibt es zum Halbjahr rund 430 eröffnete und fast 60
geplante Flexible Office Space-Standorte von insgesamt fast 240
Betreibern. Nach Eröffnung aller Standorte werden dann nahezu 77.000
Arbeitsplätze auf 764.000 m² Bürofläche zur Verfügung stehen. Im
laufenden Jahr dürfte das Volumen des Vorjahres mit einer
Gesamtfläche von 120.000 m² deutlich übertroffen werden. Damit steigt
auch der Anteil am gesamten Umsatzvolumen. Nachdem 2017 rund 250.000
m² an Flexible Office Space-Betreiber vermietet wurden, bewegt sich
der Umsatz es in den ersten sechs Monaten 2018 bereits bei knapp
116.000 m². Das entspricht einem Anteil am gesamten Umsatzvolumen in
den Big 7 von ca. 6 %. Besonders stark agieren die Betreiber aktuell
in Frankfurt und München. Allein auf diese beiden Hochburgen
entfallen fast 70.000 m² des Umsatzvolumens. Die größten Abschlüsse
in diesem Segment wurden durch Design Offices mit 14.000 m² in
München und weiteren 8.600 m² in Hamburg sowie durch WeWork ebenfalls
in München mit 11.600 m² registriert.
"Für das zweite Halbjahr rechnen wir mit einer Fortsetzung des
florierenden Büroflächenmarktes bei einer anhaltend hohen Nachfrage
und einer hohen potenziellen Umzugsbereitschaft der Unternehmen sowie
einer sich weiter prekär verschärfenden Angebotsseite. Unsere
Umsatzprognose für das Gesamtjahr haben wir leicht auf knapp 3,9 Mio.
m² erhöht, das Volumen des Vorjahres wird aber aller Voraussicht nach
nicht erreicht werden", so Timo Tschammler.
Dynamik beim Leerstandsabbau hält unvermindert an
Die über die Big 7 kumulierte Leerstandsquote reduzierte sich
erneut innerhalb der letzten drei Monate um 20 Basispunkte auf nun
4,3 %. "Wenn dieses Tempo so aufrecht erhalten bleibt, wäre der
komplette Leerstand in den sieben Hochburgen in rund fünf Jahren
verschwunden. Das ist sicher unrealistisch. Aber wenn man bedenkt,
wie lange Neubauprojekte von der Planung bis zur Realisierung
benötigen, wird schon deutlich, dass wir es nach wie vor mit einem
signifikanten Mangel an guten Flächen zu tun haben. Das kurzfristig
zur Verfügung stehende Angebot an Bürofläche ist mit Leerstandsquoten
von über 7 % nur noch in Düsseldorf und in Frankfurt als ausreichend
zu beschreiben. In allen anderen Hochburgen liegen die
Leerstandsquoten zwischen 4,6 % in Hamburg und 2,3 % in Stuttgart",
so Scheunemann. Eine Trendwende wäre nur bei einem Anstieg von
Neubauflächen realistisch. Dies sei allerdings nicht der Fall, denn
die vollen Auftragsbücher der Bauunternehmen lassen kaum Spielraum
für neue Aufträge. "Damit schiebt sich eine Investitionswelle
zeitlich immer weiter, verbunden mit einer größtmöglichen
Ungewissheit, wann geplante Projekte tatsächlich auch in Bau gehen
können", so Tschammler. Scheunemann ergänzt: "Bis Ende des Jahres
erwarten wir ein weiteres Absinken der Leerstandsquote auf 4,2 %. Für
Nutzer, die umziehen oder expandieren möchten, schränkt sich die
Auswahl an Bestandsflächen insofern weiter ein. Für sie bleibt der
Abschluss in einer Projektentwicklung oder sie weichen zumindest
temporär in eine Coworking- oder Business Center-Fläche aus."
Neubauvolumen 2018 mit 1 Mio. m² nur 5% über Fünfjahresschnitt
Im ersten Halbjahr 2018 wurden aggregiert über alle sieben
Hochburgen hinweg knapp 329.000 m² Bürofläche fertiggestellt. Das
sind fast 20 % weniger als noch vor einem Jahr. Lediglich in zwei
Städten nahmen die Neubauten zu: in Düsseldorf um fast 18 %, in
München um fast 57 %. Gerade am Beispiel der bayerischen
Immobilienhochburg wird deutlich, dass der starke relative Anstieg
täuscht und das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage weiterhin
vorhanden ist. Letztendlich kamen nur 63.500 m² Neubauflächen auf den
Markt, das Leerstandsvolumen sank aber im gleichen Zeitraum um 11 %.
Im zweiten Halbjahr 2018 dürften in den Big 7 weitere rund 674.000
m² Neubaufläche hinzukommen. Das würde das Jahresvolumen im Vergleich
zu den bisherigen Erwartungen noch einmal leicht reduzieren auf dann
knapp über eine Million Quadratmeter. "Insgesamt also viel zu wenig,
zumal von den im Bau befindlichen Flächen mit Fertigstellung 2018
rund 38 % allein auf München entfallen", so Helge Scheunemann. Noch
entscheidender für die Gesamtbeurteilung sei die Tatsache, dass nur
141.000 m² (21 %) noch frei zur Verfügung stehen.
"Die zeitlichen Verschiebungen von Projekten haben den Effekt,
dass aus derzeitiger Sicht die Fertigstellungszahlen im nächsten Jahr
deutlich nach oben gehen sollten. Aktuell stehen für 2019 mehr als
1,9 Mio. m² in der Pipeline. Das wäre das größte Volumen der
vergangenen 10 Jahre. Ob diese Flächen im nächsten Jahr tatsächlich
realisiert werden, bleibt abzuwarten und hängt nicht zuletzt auch von
den Ressourcen und Kapazitäten der Bauunternehmen ab", betont Timo
Tschammler.
Mietpreisanstieg gewinnt an Breite
Das Missverhältnis aus Angebot und Nachfrage ist der ideale
Nährboden für weiteres Mietpreiswachstum in nahezu allen
Büro-Hochburgen. Am stärksten fällt das Wachstum in den beiden
Städten mit den geringsten Leerständen aus: Berlin liegt mit fast 13
% Plus bei der Spitzenmiete im 12-Monatsvergleich vor Stuttgart mit
fast 7 %.
Der JLL-Spitzenmietpreisindex für die Big 7 hat Ende Juni 2018
197,9 Punkte erreicht und damit den höchsten Wert seit dem dritten
Quartal 2001. Im Einjahresvergleich ergibt sich damit ein Plus von
4,4 %. Bis Ende des Jahres rechnen wir mit einem weiteren Anstieg im
Index auf dann 201,7 Punkte, entsprechend einem Plus auf Jahressicht
von 3,7 %. "Neben den Top-Lagen entfaltet sich auch in weiteren
Teilmärkten innerhalb der Hochburgen eine entsprechende Nachfrage,
die zu Mietpreissteigerungen führt. Teilweise weichen Büronutzer
aufgrund der in den Innenstädten und CBDs gestiegenen Mietpreise auf
periphere Lagen aus, zumal dort auch die Verfügbarkeit von Flächen
größer ist. Für die Büromärkte ist eine breiter angelegte
Nachfrageverteilung zweifellos förderlich, auch wenn eine derartige
Ausweichbewegung nicht für alle Nutzergruppen gleichermaßen in Frage
kommt", betont Tschammler.
Pressekontakt:
Dorothea Koch, Tel. 069 2003 1007, dorothea.koch@eu.jll.com
Original-Content von: Jones Lang LaSalle SE (JLL), übermittelt durch news aktuell
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