BERLINER MORGENPOST: Nahles braucht mehr Zeit / Leitartikel von Tim Braune zu 100 Tage SPD-Chefin Nahles
Geschrieben am 31-07-2018 |
Berlin (ots) - Kurzform: Wer genauer hinschaut, sieht, dass Andrea
Nahles seit dem 22. April einiges in der SPD bewegt hat. Mit harter
Hand räumt sie auf. Wo Vorsitzende wie Gabriel und Gerhard Schröder
brüllten, versucht die Frau aus der Vulkaneifel, ihr robustes
Temperament zu zügeln, zuzuhören, alle in Entscheidungen einzubinden.
Ein Riesenproblem hat Nahles nicht in der Hand. Ihr läuft die Zeit
davon. Gehen die Landtagswahlen im Oktober in Bayern und Hessen
schlecht aus, wird der Druck wachsen. Der Blick in den Wahlkalender
des kommenden Jahres macht es nicht besser. Nahles will sich davon
nicht kirre machen, die SPD in der Mitte halten, um in der
Nach-Merkel-Ära vielleicht mit Grünen und FDP wieder eine
Machtperspektive zu bekommen. Eine SPD, die wirklich weiß, was sie
will, wird in der fragiler gewordenen Demokratie mit aufmuckenden
Rechten dringender denn je gebraucht.
Der vollständige Leitartikel: ndrea Nahles hat kürzlich eine Wand
einreißen lassen. In ihrem Chefbüro in der Parteizentrale, wo sie
seit 100 Tagen als erste Frau in der SPD-Geschichte sitzt, schauten
ihre männlichen Vorgänger wie Sigmar Gabriel und Martin Schulz auf
staubige Bücherregale, die teils mit falschen Buchrücken ausstaffiert
waren. Nahles war das zu muffig. Die Tochter eines Maurers ließ mit
großer Freude die Handwerker anrücken. Die installierten eine
Multimediawand, die Nahles für Präsentationen nutzt. Es tut sich also
doch was in der SPD. In den Umfragen aber ist es - anders als von
Nahles erhofft - noch nicht nach oben gegangen. Das frustriert viele
Parteimitglieder. Unter 20 Prozent fällt es der neuen Chefin schwer,
ihre Botschaft von Erneuerung auf der Regierungsbank an die Genossen
zu bringen. Nahles braucht noch etwas Zeit. Das gute Drittel jener
GroKo-Hasser, die Nahles ihre Vorsitzenden-Kür mit nur 66 Prozent
vermiesten, fühlen sich von der bisherigen Performance bestätigt. Zu
wenig Profil, keine zündenden Ideen, keine echte Klärung der Position
in der Flüchtlingsfrage (was AfD und Grünen in die Hände spielt), ein
müdes Weiter-so zum puren Machterhalt, lautet die Kritik. Wer genauer
hinschaut, sieht, dass Nahles seit dem 22. April einiges in der
Partei bewegt hat. Mit harter Hand räumt sie auf. Wo Vorsitzende wie
Gabriel und Gerhard Schröder brüllten, versucht die Frau aus der
Vulkaneifel, ihr robustes Temperament zu zügeln, zuzuhören, alle in
Entscheidungen einzubinden. Im Gegenzug hält der geschwätzige Laden
dicht. So konnte Nahles mit Vizekanzler Olaf Scholz den
Fünf-Punkte-Plan, den sie vor dem Finale der Asylkrise in der Union
ausheckte und in weiten Teilen auch durchsetzte, vertraulich
diskutieren - ohne Indiskretionen. Träge Abgeordnete zwingt sie mit
Schichtdiensten zu höherer Bundestagspräsenz. Die
Historikerkommission in der SPD-Zentrale, die seit Jahren nichts mehr
publizierte? Aufgelöst. Von sage und schreibe 54 Kommissionen,
Arbeits- und Gesprächskreisen hat Nahles ein Dutzend dichtgemacht.
Gastbeiträge von Ex-Außenminister Sigmar Gabriel, den sie aufs
Altenteil schob, landen bei ihr genauso in der Ablage wie der Rat von
Soziologen, die SPD solle ihren Volkspartei-Anspruch aufgeben, um mit
harten, linken Positionen ihr Profil zu schärfen. Ein Riesenproblem
hat Nahles nicht in der Hand. Ihr läuft die Zeit davon. Gehen die
Landtagswahlen im Oktober in Bayern und Hessen schlecht aus, wird der
Druck wachsen. Der Blick in den Wahlkalender des kommenden Jahres
macht es nicht besser. Im Herbst 2019 kämpft die SPD bei den
Ostwahlen in Sachsen und Thüringen ums nackte Überleben, in
Brandenburg ist der Ministerpräsidentenstuhl in Gefahr. Bereits am
26. Mai bei der Europawahl und der zeitgleichen Abstimmung in Bremen
drohen empfindliche Rückschläge. Nach der Sommerpause will die
Vorsitzende entscheiden, welche Leute die SPD für Europa ins Rennen
schickt. Der populäre Juso-Chef Kevin Kühnert - was ein echter Coup
wäre - soll bereits abgewinkt haben. Ende 2019 muss Nahles auf einem
Parteitag einen möglichen GroKo-Exit der SPD abwenden, der als
Revisionsklausel im Koalitionsvertrag verankert ist. Nahles will sich
davon nicht kirre machen, die SPD in der Mitte halten, um in der
Nach-Merkel-Ära vielleicht mit Grünen und FDP wieder eine
Machtperspektive zu bekommen. Eine SPD, die wirklich weiß, was sie
will, wird in der fragiler gewordenen Demokratie mit aufmuckenden
Rechten dringender denn je gebraucht.
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