Weiterhin dreckige Luft trotz Software-Updates - Diesel-Abgasmessungen der Deutschen Umwelthilfe verdeutlichen Notwendigkeit von Hardware-Nachrüstungen
Geschrieben am 15-08-2018 |
Berlin (ots) - Abgasmessungen der Deutschen Umwelthilfe zeigen:
Software-Updates haben nicht die versprochene Wirksamkeit -
VW-Betrugs-Diesel halten Grenzwert auch nach dem Update nicht ein -
Hardware-Nachrüstung finanzierbar und effektiv -
Bundesverkehrsministerium und Dieselkonzerne verweigern den Bürgern
ihr Recht auf "Saubere Luft" - Verbraucher bleiben mit Fahrverboten
und Wertverlust ihrer Fahrzeuge auf der Strecke - Software-Updates
werden Diesel-Fahrverbote nicht verhindern
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in ihrem
Emissions-Kontroll-Institut (EKI) die Wirksamkeit von
Software-Updates und Hardware-Nachrüstungen an sechs
Betrugs-Diesel-Pkw untersucht. Im Mittelpunkt standen Abgasmessungen
von drei VW-Fahrzeugen jeweils vor und nach der Durchführung des vom
Kraftfahrt-Bundesamt verordneten Software-Updates sowie von drei
weiteren Fahrzeugen vor und nach einer Hardware-Nachrüstung mit
Katalysatoren auf Harnstoffbasis (SCR).
Die Ergebnisse der Software-Updates sind mehr als ernüchternd: Bei
sommerlichen Temperaturen wurde zwar eine durchschnittliche
Verbesserung der Stickoxid (NOx)-Werte um 30 Prozent erreicht. Bei
für das Winterhalbjahr typischen Temperaturen wurden aber sogar über
20 Prozent mehr NOx gemessen als vor dem Software-Update.
Um die Wirksamkeit der Software-Updates zu bestimmen, wurden ein
VW Golf VI Variant, 1.6 TDI, ein VW Caddy 2.0 TDI sowie ein VW Sharan
2.0 TDI - jeweils Euro 5 - auf der Straße gemessen. Der Grenzwert für
NOx liegt bei Euro 5 Fahrzeugen bei 180 mg/km.
Der VW Golf zeigt vor dem Update einen NOx-Ausstoß von 964 mg/km,
nach dem Update bei Außentemperaturen von +5 bis +10 Grad Celsius
immer noch 602 mg/km. Dies entspricht einer Grenzwertüberschreitung
um den Faktor 3,3. Der VW Caddy zeigt vor dem Update eine
Überschreitung des Grenzwertes um den Faktor 3,7 mit einem Ausstoß
von 664 mg NOx/km, nach dem Update wird mit 498 mg/km der
NOx-Grenzwert noch immer deutlich gerissen. Bei dieser Messung lagen
die Außentemperaturen zwischen +15 und +19 Grad Celsius. Nach dem
Software-Update war der Kraftstoffverbrauch des Caddys um 15 Prozent
erhöht.
Bei dem VW Sharan wurden im EKI nach dem Software-Update zwei
Messungen bei unterschiedlichen Außentemperaturen durchgeführt. Vor
dem Update lagen die Werte bei Außentemperaturen zwischen +22 und +28
Grad Celsius bei 409 mg NOx/km. Nach dem Update und bei +12 bis +19
Grad sanken die Emissionen auf 186 mg/km und lagen damit nah am
Grenzwert. Weitere Messungen nach dem Update bei kalten
Außentemperaturen zwischen +1 und +2 Grad Celsius ergaben jedoch
einen massiven Anstieg der Emissionen auf 498 mg/km, die damit sogar
oberhalb des Ausgangswertes lagen.
Im Gegensatz zu den Fahrzeugen mit Software-Update zeigten die
Fahrzeuge, die mit einer wirksamen Hardware auf Harnstoffbasis
(SCR-Katalysatoren) nachgerüstet wurden, eindrucksvoll verringerte
NOx-Werte unterhalb des Grenzwerts von 180 mg NOx/km. So ließen sich
die NOx-Emissionen eines VW Passat 1.6 TDI, Euro 5 von 1.030 mg/km
vor der Nachrüstung auf 69 mg NOx/km nach der Nachrüstung reduzieren.
Gemessen wurde dies bei einer Temperatur von +12 bis +17 Grad Celsius
in der Umgebungsluft. Damit liegt der Wert sogar unterhalb des
Grenzwerts für Euro 6. Bei einem Audi A 3 Sportback 2.0 TDI,
ebenfalls Euro 5, konnten die NOx-Emissionen von 410 mg/km auf 82
mg/km reduziert werden. Gemessen wurde bei + 14 bis + 26 Grad
Celsius. Auch bei einem BMW X3 xDrive20d, Euro 5, gemessen bei
Außentemperaturen zwischen +19 und +34 Grad Celsius, konnte mit einer
Reduzierung von 900 mg/km auf 171 mg/km die Wirksamkeit der
Hardware-Nachrüstung eindrucksvoll bestätigt werden.
Die Messungen verdeutlichen, dass die bislang vom
Bundesverkehrsministerium angeordneten Software-Updates nicht dazu
beitragen werden, die hohe Belastung der Luft mit dem Dieselabgasgift
Stickstoffdioxid (NO2) in vielen deutschen Städten ausreichend zu
verringern. Von den 15,1 Millionen Diesel-Pkw erhielten zudem bisher
weniger als drei Millionen und damit nur jeder sechste Diesel-Pkw ein
Software-Update. Dieses zeigt darüber hinaus ausgerechnet im
gesundheitlich besonders problematischen Winterhalbjahr erhöhte
NOx-Emissionen anstatt einer Verbesserung der Werte.
Die von der DUH geforderte Hardware-Nachrüstung der insgesamt
circa elf Millionen Betrugs-Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 5 und Euro
6, so wie dies auch die amerikanischen Behörden angeordnet haben,
würde die NOx-Abgasemissionen im Sommer wie im Winter wirkungsvoll um
über 80 Prozent reduzieren.
Ursache Nummer eins der hohen Belastung, die vielerorts zur
Überschreitung der geltenden Luftqualitätsstandards führt, sind die
Abgase von Diesel-Pkw, die nahezu alle die Grenzwerte auf der Straße
um ein Vielfaches überschreiten. In vielen deutschen Städten werden
daher Fahrverbote für Dieselfahrzeuge erforderlich, die die DUH über
insgesamt 28 anstehende Gerichtsverfahren durchsetzen wird. Bereits
am kommenden Dienstag, den 21.8., wird das Verwaltungsgericht
Düsseldorf über Fahrverbote in der NRW-Landeshauptstadt entscheiden.
Am 31.8. läuft die gerichtliche Frist zur Ausdehnung der
Diesel-Fahrverbote auf Euro 5 in Stuttgart ab.
"Seit nunmehr drei Jahren verweigert die von den
Automobilkonzernen ferngesteuerte Bundesregierung eine
Hardware-Nachrüstung der Betrugs-Diesel-Pkw auf Kosten der
Hersteller. Warum sind dem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer
12.860 vorzeitige Todesfälle, 800.000 erkrankte Bürger und elf
Millionen betrogene Diesel-Besitzer egal? Beim gestrigen Treffen der
Bundesminister Andreas Scheuer und Svenja Schulze mit den
Oberbürgermeistern der besonders unter dem Dieselabgasgift NO2
leidenden Städte forderte der CDU-Oberbürgermeister von Bonn,
Ashok-Alexander Sridharan, Hardware-Nachrüstungen", so Jürgen Resch,
Bundesgeschäftsführer der DUH.
"Mit ihrer Verweigerungshaltung gefährdet die Bundesregierung
nicht nur die Gesundheit vieler tausender Menschen in Deutschland.
Sie ist auch verantwortlich für einen immensen Wertverlust, den
zahllose Verbraucher für ihre ansonsten neuwertigen Fahrzeuge
hinnehmen müssen. Trotz der Tatsache, dass auch heute noch Fahrzeuge
mit illegaler Abschalteinrichtung als Neuwagen auf den Markt gebracht
werden, bleibt das Vorgehen der Hersteller ungestraft. Besonders
perfide ist, dass die Technologie zur wirklich wirksamen Minderung
des Dieselabgasgiftes vorhanden ist. Dank des erfolgreichen
Lobbyeinsatzes der Dieselkonzerne sowie der wie immer brav folgenden
politisch Verantwortlichen wird diese jedoch nicht eingesetzt. Der
einzige Weg, um die Gesundheit der Menschen zu schützen und die
'Saubere Luft' in den über 70 besonders belasteten Städten
durchzusetzen, bleibt damit das flächenhafte Fahrverbot für
Diesel-Pkw", so Resch.
Die DUH fordert seit Aufdeckung des Diesel-Abgasskandals im Herbst
2015, dass die Bundesregierung die des Betrugs an Millionen
Diesel-Käufern überführten Konzerne dazu verpflichtet, Euro 5 und 6
Diesel-Pkw mit funktionierenden Abgaskatalysatoren auf deren Kosten
nachzurüsten. Die in den allermeisten Euro 5 und Euro 6 Diesel
enthaltenen Abschalteinrichtungen führen zu extrem hohen
Schadstoffemissionen im realen Fahrbetrieb - eine Tatsache, die auch
drei Jahre nach Bekanntwerden des Abgasskandals in den USA faktisch
ohne Konsequenzen für die Hersteller bleibt. Doch nach wie vor sperrt
sich die Bundesregierung gegen Hardwarenachrüstung und folgt damit
dem Wunsch der Automobilindustrie.
Hersteller von Nachrüstsystemen geben Kosten in Höhe von 1.500 bis
2.000 Euro brutto pro System an. Da die Bundesregierung aber selbst
die Entwicklung einer Rechtsgrundlage für eine Zulassungsvorschrift
verweigert, melden nun erste Anbieter ihre Systeme über eine
Einzelgenehmigung an.
"Durch die Nachrüstung mit SCR Katalysatoren werden NOx-Werte
unterhalb des EU 6 temp erreicht. Die Technik ist erprobt und stabil.
Verkehrsminister Scheuer muss dringend die erforderliche Richtlinie
erlassen, damit die Nachrüstung von dreckigen Diesel-Pkw rechtssicher
erfolgen kann", fordert Axel Friedrich, der die Messung des EKI
leitet.
Link:
Zum Messbericht: http://l.duh.de/p180815a
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater & Leiter
Emissions-Kontroll-Institut
0157 71592163, axel.friedrich.berlin@gmail.com
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe
Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell
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