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Krankenhausversorgung von Menschen mit Behinderung: Das müssen die neuen Qualitätsverträge leisten

Geschrieben am 21-08-2018

Berlin (ots) -

- Seit dem 15. August 2018 können deutsche Krankenhäuser und
-kassen Qualitätsverträge zur besseren Patientenversorgung
anbahnen
- Ein Bereich dieser Qualitätsverträge stellt die Versorgung von
Menschen mit geistigen Behinderungen oder schweren
Mehrfachbehinderungen dar
- Der DEKV hat fünf Bereiche definiert, in denen sich die
Versorgung dieser Patientengruppe verbessern muss

In Deutschland leben rund 7,8 Millionen Menschen mit
Schwerbehinderung. Für einige von ihnen könnte sich die
Versorgungsqualität während Krankenhausaufenthalten bald verändern.
Denn seit letzter Woche dürfen deutsche Krankenhäuser und -kassen
Qualitätsverträge verhandeln und abschließen, um die Versorgung von
Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren
Mehrfachbehinderungen zu verbessern. Der Deutsche Evangelische
Krankenhausverband e.V. (DEKV) setzt sich seit jeher für die
Interessen dieser Patientengruppe ein und sieht auf Basis seiner
Erfahrung in fünf Punkten Handlungsbedarf:

1. Strukturiertes Aufnahmemanagement

Häufig stellt bereits die Krankenhausaufnahme von Menschen mit
geistigen Behinderungen oder schweren Mehrfachbehinderung eine große
Herausforderung sowohl für Patienten als auch das zuständige Personal
dar. So fällt es dieser Patientengruppe oft schwer, sich an eine neue
Umgebung anzupassen. Gleichzeitig ist es für die betreuenden Ärzte
und das Pflegepersonal oft schwierig, eine richtige Schmerzdiagnostik
mit den Patienten durchzuführen und das Krankheitsbild korrekt
einzuordnen. Daher müssen Ärzte und Pfleger bereits bei der Aufnahme
dieser Patienten mehr Zeit für die Betreuung haben. Auch müsste
möglich sein, eine vertraute Bezugsperson für den Menschen mit
geistigen Behinderungen oder schweren Mehrfachbehinderung mit
aufzunehmen. Dies erleichtert die Eingewöhnung und die Kommunikation
zu Beginn des Aufenthalts im Krankenhaus.

2. Bezugsperson im Krankenhaus

Menschen mit geistigen Behinderungen haben oft Schwierigkeiten,
sich an neue Personen zu gewöhnen. Umso wichtiger ist es, dass diese
Menschen während eines Krankenhausaufenthaltes eine Bezugsperson
haben, die sich verstärkt um sie kümmern kann. Diese Person muss
entsprechend qualifiziert sein und genügend Zeit haben, um die
fachgerechte Versorgung sicherstellen zu können. So muss es dieser
Person möglich sein, Ansprechpartner für sämtliche Fragen zu sein,
den Krankenhausaufenthalt zu koordinieren und stets für den Patienten
zur Verfügung zu stehen. Es muss sich dabei allerdings nicht
zwangsweise um eine interne Pflegekraft aus dem Krankenhaus handeln.

3. Kommunikation

Oft fällt es schwer, das Krankheitsbild von Menschen mit
Behinderungen richtig zu diagnostizieren, einzuschätzen und zu
behandeln, da zum Beispiel die Äußerung von Schmerzen für diese
Menschen eine große Herausforderung darstellt. Daher muss unter
anderem die Möglichkeit geschaffen werden, bei komplizierten Fällen
Fallkonferenzen einberufen zu können. In diesen können sich mehrere
Experten über das weitere Vorgehen austauschen, damit der Patient die
bestmögliche Versorgung erhält.

4. Strukturiertes Entlassungsmanagement

So schwer es vielen Menschen mit Behinderungen fällt, sich in eine
neue Umgebung einzugewöhnen, so schwer fällt es ihnen auch, sich aus
einer gewohnten Umgebung zu verabschieden. Deshalb muss auch die
Entlassung auf die individuellen Bedürfnisse dieser Patientengruppe
angepasst werden und dafür muss zusätzliche Zeit eingeräumt werden.
Auch muss gewährleistet sein, dass die Patienteninformationen des
Krankenhausaufenthaltes in die betreuende Einrichtung und zum
behandelnden Arzt vor Ort zurückfließen. Nur so kann eine hochwertige
Weiterversorgung nach dem Krankenhausaufenthalt garantiert werden. Es
darf keine Lücke in der Behandlungskette dieser Patienten entstehen.
Hierfür müssen neue Bedingungen geschaffen werden, die über die
bislang bestehenden Regelungen für das Entlassungsmanagement aus dem
Oktober 2017 hinausgehen.

5. Aus-, Fort- und Weiterbildung

Um Menschen mit Behinderungen eine optimale Versorgung zu
gewährleisten, ist es nötig, dass das Krankenhauspersonal regelmäßig
fachlich geschult wird. Aus diesem Grund sind Aus-, Fort- und
Weiterbildungen in diesem Bereich ungemein wichtig, um die Qualität
der Versorgung zu sichern. Es sollte vonseiten der Krankenhausträger
verbindlich vorgegeben werden, wie und in welchem Umfang die
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an solchen Fortbildungsmaßnahmen
teilnehmen müssen.

Christoph Radbruch, Vorsitzender des DEKV, kommentiert:
"Evangelische Krankenhäuser engagieren sich seit jeher bei der
Versorgung von Menschen mit Behinderung. Unsere Pflegekräfte, Ärzte
und Therapeuten verfügen über vertieftes Wissen und umfangreiche
Erfahrung mit behinderungstypischen Krankheitsbildern und
Problemlagen dieser Patientengruppe. Diese Patientengruppen bringen
die gewohnten Abläufe im Krankenhaus durcheinander. Daher begrüßt der
DEKV die Möglichkeit, nun Qualitätsverträge mit Krankenkassen zur
zuwendungsorientierten Versorgung dieser Patientengruppe abschließen
zu können. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zum
inklusiven Krankenhaus und dient der Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Dadurch wird
ermöglicht, dass der zusätzliche Zeitaufwand in Krankenhäusern
zukünftig von den Krankenkassen finanziert wird.

Auf Basis unserer langjährigen Erfahrung, sehen wir in fünf
Bereichen der Versorgung von Menschen mit Behinderungen
Handlungsbedarf und raten Krankenhausträgern und Krankenkassen, die
individuellen Qualitätsverträge mit Fokus auf diese Bereiche zu
erstellen. Auf diese Weise kann die Qualität der Versorgung von
Menschen mit Behinderung erhöht werden und die Erprobungszeit der
Qualitätsverträge positive Ergebnisse hervorbringen."

Das sind die Hintergründe der Schaffung von Qualitätsverträgen Die
Möglichkeit, Qualitätsverträge zwischen Krankenhäusern und -kassen zu
schließen, wurde im Rahmen des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) im
Jahr 2015 geschaffen. 2017 wählte der Gemeinsame Bundesausschuss
(G-BA) vier Bereiche aus, für die zunächst Qualitätsverträge
modellhaft geschlossen werden dürfen:

- Respirator-Entwöhnung von langzeitbeatmeten Patientinnen und
Patienten
- Prävention des postoperativen Delirs von älteren Patientinnen und
Patienten
- Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren
Mehrfachbehinderungen im Krankenhaus
- Endoprothetische Gelenkversorgung

Nun haben sich der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die
Deutsche Krankenhausgesellschaft auf verbindliche Rahmenvorgaben für
den Inhalt der Qualitätsverträge geeinigt. Seit dem 15. August 2018
können Krankenhäuser und -kassen Qualitätsverträge verhandeln und
abschließen, die ab dem 01.07.2019 gültig werden und befristet bis
Ende Juni 2023 gelten. Dann werden die Ergebnisse der Modellvorhaben
in einer Abschlussevaluation mit Blick auf zukünftige
Versorgungsleistungen eingeordnet.



Pressekontakt:
Melanie Kanzler | E-Mail: kanzler@dekv.de | Tel.: 030 80 19 86-11

Original-Content von: Deutscher Evangelischer Krankenhausverband e. V. (DEKV), übermittelt durch news aktuell


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