NRZ: Merkels Autorität schwindet - ein Kommentar von JAN JESSEN
Geschrieben am 06-09-2018 |
Essen (ots) - Manfred Weber, der Mann, den es an die Spitze der
EU-Kommission drängt, soll in der CSU aufgefallen sein, weil er erst
nachdachte, bevor er etwas sagte. So zitiert die Süddeutsche Zeitung
den früheren CSU-Chef und Weber-Förderer Erwin Huber. Tatsächlich
erweckt die CSU den Eindruck, ihr Führungspersonal bestünde
mehrheitlich aus Menschen, die erst reden und dann denken. Horst
Seehofer hat jetzt Verständnis für die Empörung sächsischer
Demonstranten geäußert. Im Licht der Ereignisse von Chemnitz kann das
nur so verstanden werden, dass er rechtsextremistische Umtriebe und
widerspruchsloses Mitläufertum relativiert, was ein fatales Signal
des Innenministers wäre. Nur ein Ausrutscher? Wenn es so einfach
wäre. Seehofer spricht zugleich von der "Migration als Mutter aller
Probleme" und zielt somit einmal mehr auf Angela Merkel. Die
CDU-Chefin hat in der Abenddämmerung ihrer Kanzlerschaft nicht mehr
die Bindungsfähigkeit und Autorität, die es braucht, um
aufrührerische Männer auf Linie zu bringen. Seehofer geht es um
Glaubwürdigkeit, um sein politisches Erbe, und darum, einen
Wahlerfolg der AfD in Bayern zu verhindern. Loyalität endet da, wo
mit ihr keine Wahlen mehr zu gewinnen sind. Das gilt auch für Merkels
Parteifreund, Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, der
der Kanzlerin in der Bewertung der Ereignisse von Chemnitz
widerspricht. Auch ihn erwartet eine schwierige Landtagswahl. Die
Opposition innerhalb der Union gegen Merkel wächst, das wird ihr das
Regieren erschweren. Stark machen wird es aber zumindest auf kurze
Sicht die AfD, nicht die Union.
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