NOZ: Historiker-Vorsitzende: Proteste wie in Chemnitz sind normal und letztlich nützlich
Geschrieben am 13-09-2018 |
Osnabrück (ots) - Historiker-Vorsitzende: Proteste wie in Chemnitz
sind normal und letztlich nützlich
"Gravierende gesellschaftliche Schieflage" - Historikertag in
Münster steht bevor
Osnabrück. Die Vorsitzende des Deutschen Historikerverbandes
(VHD), Eva Schlotheuber, hat gesellschaftlichen Dissenz wie derzeit
um die Flüchtlingsfrage als normal und letztlich nützlich bewertet.
In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag)
sagte die Professorin, "eine Gesellschaft lebt davon, dass sie sich
durch Konflikte erschüttern lässt und sich in der Folge wandelt und
weiterentwickelt". Dissenz setze den Prozess des Nachdenkens und
damit Anpassung an neue Gegebenheiten in Gang. Mit Blick auf die
jüngsten Vorgänge in Sachsen sagte die VHD-Vorsitzende: "Derart
massive und anhaltende Proteste sind ein Anzeichen für eine
gravierende gesellschaftliche Schieflage, der man auf jeden Fall
aufmerksam und konstruktiv begegnen sollte. Das muss man aus
historischer Perspektive ebenso nüchtern wie deutlich sagen, ohne
dass man Extremisten hinterherlaufen darf."
Sie sehe mit Sorge, dass Chemnitz und die Folgen nicht nur eine
geteilte, sondern eine gespaltene Gesellschaft mitsamt
Unversöhnlichkeit und Hass verdeutlichten. "In einer gespaltenen
Gesellschaft fehlt die Bereitschaft zu einem wirklichen Dialog. Dann
wird es für eine Demokratie schwierig", warnte die Historikerin, die
Geschichte an der Universität Düsseldorf lehrt.
"Gespaltene Gesellschaften" lautet auch das Motto des 52.
Historikertages vom 25. bis 28. September in Münster, dem mit mehr
als 3500 Teilnehmern größten geisteswissenschaftlichen Kongress in
Europa. Historisches Wissen schützt laut Schlotheuber vor Spaltung
und Populismus. Es sei "ein gutes Wirkmittel gegen 'fake news' und
Geschichtsverfälschungen aller Art oder einfache populistische
Antworten, wenn man sich selbstständig im historischen Raum
orientieren kann". Sich mit der Vergangenheit zu befassen setze die
Fähigkeit voraus, "nicht die eigenen Vorstellungen und Sichtweisen in
den Mittelpunkt" zu rücken, sondern zu versuchen "'fremde' Stimmen
und Prozesse in Erfahrung zu bringen und zu verstehen". Historische
Bildung schule daher Toleranz und Dialogbereitschaft.
Historiker-Vorsitzende: Lesen und Schreiben nicht
selbstverständlich
Professorin warnt vor verringertem Geschichtsunterricht - "Fataler
Fehler" - Keine Besserung trotz G9
Osnabrück. Die Vorsitzende des Deutschen Historikerverbandes (VHD)
hat vor einer mangelnden Wertschätzung des deutschen
Bildungsstandards gewarnt. In einem Interview mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte Eva Schlotheuber, dass jeder
Lesen und Schreiben lernen könne, sei aus historischer Perspektive
nicht als normal zu betrachten und müsse "keinesfalls
selbstverständlich auf so hohem Niveau wie gewohnt Bestand haben".
Die Zahl der Analphabeten in Deutschland sei viel höher, als man
glaube. Selbst unter Studenten zeigten sich zunehmende Mängel. "Im
Unialltag erleben wir, dass die Fähigkeit, komplexere Texte
aufzunehmen, nicht mehr vorausgesetzt werden kann", sagte
Schlotheuber, die als Professorin Geschichte in Düsseldorf lehrt.
Unter solchen Bildungsmängeln leide eine zentrale
Zugangsvoraussetzung zu Wissen und Weiterentwicklung.
Schlotheuber plädierte ferner dafür, dem Fach Geschichte in den
Schulen mehr Raum zu geben. Trotz des Trends zur verlängerten
Schulzeit (G9) könne sie "nicht erkennen, dass der
Geschichtsunterricht wieder gestärkt wird". Aus Sicht ihres Verbandes
sei dies ein "fataler Fehler". Politisch geprägter Unterricht könne
das Defizit nicht ersetzen. "Gerade in Zeiten der weltweiten
Vernetzung ist es notwendig, nicht nur die eigenen Wurzeln verorten
zu können, sondern auch die der anderen", sagte Schlotheuber. Für
eine fundierte Schulbildung sei der Geschichtsunterricht daher nicht
nur in den Gymnasien als eigenständiges Unterrichtsfach zu erhalten.
"In der Oberstufe sollte Geschichte durchgehend unterrichtet werden,
unabhängig davon, welchen Schwerpunkt die Schule, die Schülerin oder
der Schüler verfolgt", forderte Schlotheuber.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207
Original-Content von: Neue Osnabrücker Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
653771
weitere Artikel:
- NOZ: Hannoverscher Landesbischof: Sollten systemische Gründe für Missbrauch prüfen Osnabrück (ots) - Hannoverscher Landesbischof: Sollten systemische
Gründe für Missbrauch prüfen
Ralf Meister will weiterhin Ursachenforschung betreiben
Osnabrück. Hannovers evangelischer Landesbischof Ralf Meister
fordert, beim Thema sexueller Missbrauch weiterhin nach Ursachen zu
forschen. Nach dem Bekanntwerden von Ergebnissen einer Studie der
katholischen Kirche sagte Meister im Gespräch mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag): "Neben der klaren Aufforderung der
Prävention bleibt auch für die evangelische und katholische mehr...
- exklusiv: Verfassungsschutz war stärker mit Breitscheidplatz-Attentäter befasst als bekannt Berlin (ots) -
Sperrfrist: 13.09.2018 06:00
Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der
Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) war im Fall des
Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri offenbar aktiver als von der
Behörde behauptet. Behördeninterne Dokumente, die das ARD-Magazin
Kontraste, der rbb und die Berliner Morgenpost einsehen konnten,
zeigen, dass der Nachrichtendienst operative Maßnahmen veranlasste.
BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte dagegen mehr...
- KORREKTUR: exklusiv: Verfassungsschutz war stärker mit Breitscheidplatz-Attentäter befasst als bekannt Berlin (ots) - Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) war im
Fall des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri offenbar aktiver als
von der Behörde behauptet. Behördeninterne Dokumente, die das
ARD-Magazin Kontraste, der rbb und die Berliner Morgenpost einsehen
konnten, zeigen, dass der Nachrichtendienst operative Maßnahmen
veranlasste. BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen hatte dagegen stets von
einem reinen Polizeifall gesprochen und betont, "keine eigene
Informationsbeschaffung" betrieben zu haben.
Behördeninterne Dokumente mehr...
- Elektro-Mobilität: Bundesregierung muss auf Menschenrechte pochen (FOTO) Berlin/Dresden (ots) -
Anlässlich der Europäischen Mobilitätswoche vom 16. bis zum 22.
September warnt das entwicklungspolitische INKOTA-netzwerk vor
einseitigen Lösungen der Mobilitätsfrage. Der sprunghafte Anstieg der
Elektro-Auto-Produktion sei mit erheblichen menschenrechtlichen
Risiken verbunden. Insbesondere beim Abbau von Mineralien und
Metallen für Batterien sieht das Netzwerk dringenden Handlungsbedarf
und fordert die Bundesregierung auf gesetzlich nachzusteuern.
"Der Abbau von Lithium, auf das wir für unsere Batterien mehr...
- Spahns Gesetzesreform: Ärzte erwarten kaum Verbesserung Hamburg (ots) - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
verkauft sich gern als Macher und Gestalter: Um die Versorgung der
Kassenpatienten zu verbessern, will er per Gesetz die verpflichtende
Mindestsprechstundenzeit in den Arztpraxen auf 25 Stunden
hochschrauben. Erleben wir nun drastische Veränderungen? Wohl kaum:
Die überwältigende Mehrheit der niedergelassenen Ärzte bietet längst
mehr als die 25 Stunden an - und hält auch sonst nicht besonders viel
vom Reformgesetz des CDU-Politikers. Das zeigt eine Umfrage unter
niedergelassenen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|