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Börsen-Zeitung: Wer hat den längeren Atem?, Kommentar zum Handelsstreit zwischen den USA und China von Norbert Hellmann

Geschrieben am 18-09-2018

Frankfurt (ots) - Es kam, wie es wohl kommen musste. Im epochalen
Handelsstreit zwischen den beiden weltweit größten
Wirtschaftsnationen legen die USA mit Zöllen auf chinesische Waren im
Wert von 200 Mrd. Dollar die Latte ein gewaltiges Stück höher.

US-Präsident Donald Trump hat in seiner mittlerweile schon
berechenbaren "Unberechenbarkeit" den gleichen Trick wie im Juni
angewendet: Es werden zunächst neue Handelsgesprächsrunden in
Aussicht gestellt, aber bevor diese Wirkung zeigen können, treten
neue Zölle in Kraft, um den Druck zu erhöhen. China hat damit wenig
Gelegenheit, auf eine sinnvolle Kompromisslösung hinzuarbeiten. Denn
auch jetzt lautet die Drohung aus Washington, dass chinesische
Gegenmaßnahmen die nächste US-Zolllawine folgen lassen. Dabei stehen
weitere 267 Mrd. Dollar im Raum.

Peking hat es nicht so mit der psychologischen Kriegsführung und
gibt sich berechenbar. Die neuen Zölle werden zeitgleich mit
Gegentarifen beantwortet, die allerdings maßvoller ausfallen - allein
schon deshalb, weil es gar nicht genügend US-Exporte nach China gibt,
um exakt gleichziehen zu können. Der guten internationalen
Freihandelsordnung halber wird erneut die Welthandelsorganisation WTO
eingeschaltet, auch wenn dieser Weg nicht sonderlich vielversprechend
ist. Darüber hinaus signalisiert man Washington weiterhin
Verhandlungsbereitschaft, um den Konflikt über die Dialogschiene zu
regeln, auch wenn entsprechende Hoffnungen immer weiter verfliegen.

So oder so kann China nicht darauf zählen, dass irgendwelche
Konzessionen, die nach US-Vorstellungen auf eine weitgehende Abkehr
vom staatsgelenkten Wirtschaftsmodell hinauslaufen, Trump tatsächlich
dazu bewegen werden, Zölle wieder zurückzunehmen. Dies könnte wohl
erst dann geschehen, wenn die US-Wirtschaft und auch die Wall Street
vom Handelsstreit ernsthaft getroffen werden und sich verschärfter
Unmut gegen Trump richtet.

China muss bei einer Vollanwendung von Strafzöllen mit Abstrichen
beim Wirtschaftswachstum von 0,3 bis 0,7 Prozentpunkten rechnen.
Allerdings erlaubt das staatsgelenkte Wirtschaftsmodell mit gezielten
Impulsen die Einbußen an der Außenhandelsfront wieder zu
kompensieren. Das verschafft einen langen Atem. Chinas Aktienmarkt
liegt unter dem Eindruck des Handelsstreits bereits am Boden, an der
Wall Street hingegen gibt es eine beträchtliche Fallhöhe. So steht
ein längerer Grabenkrieg an, bei dem die USA möglicherweise mehr zu
verlieren haben.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

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