NABU: Deutschland muss insektenfreundlicher werden
Geschrieben am 10-10-2018 |
Berlin (ots) - Angesichts der heutigen Vorschläge des
Bundesumweltministeriums zum neuen Insektenschutzprogramm fordert der
NABU, dass Deutschland grundsätzlich insektenfreundlicher werden
muss. Dazu seien ein Umsteuern in der Landwirtschaft notwendig, eine
deutliche Reduktion des Pestizideinsatzes sowie Schutzgebiete, die
ihren Namen verdienen.
"Den Wert von Insekten können wir gar nicht hoch genug
einschätzen. 90 Prozent aller Pflanzen sind auf Bestäubung
angewiesen. Derzeit aber erleben wir einen alarmierenden
Insektenschwund. Und das sowohl bei der Gesamtmasse als auch bei den
Arten. Dieser Verlust kann verheerende Folgen haben für Mensch und
Natur", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Der NABU begrüßt daher, dass die Bundesregierung erstmals ein
spezielles Insektenschutzprogramm plant und Bundesumweltministerin
Schulze hierzu einen umfassenden Maßnahmenkatalog erarbeitet. "Die
Ursachen für den Insektenrückgang sind komplex, aber die hohe
Verantwortung der Landwirtschaft ist bekannt. Nun geht es darum,
Lösungen umzusetzen - dabei darf sich keiner wegducken", forderte
Tschimpke. Bund und Länder müssten an einem Strang ziehen, ebenso sei
die Landwirtschaft gefordert, den gefährlichen Trend zu stoppen.
Entscheidend zur Rettung der Insekten ist nach Ansicht des NABU
eine naturverträglichere und damit insektenfreundlichere
EU-Agrarpolitik. "Mit ihrer jetzigen Subventionspolitik zerstört die
EU die Lebensräume von Insekten. Grünland wird zu intensiv genutzt,
Brachflächen sind kaum mehr zu finden, Hecken, feuchte Stellen und
blütenreiche Wegsäume sucht man vielerorts vergebens", so Tschimpke.
Die Bundesregierung sei gefordert, jetzt in Brüssel einen
Kurswechsel zu erreichen. Derzeit laufen die Verhandlungen für die
Förderperiode ab 2021. Für Landwirte müsse es sich dann lohnen,
Lebensräume von Insekten zu erhalten. Möglich sei dies durch eine
Umschichtung der Gelder in einen neuen EU-Naturschutzfonds, der
Landwirten Anreize für Naturschutzmaßnahmen bietet. Doch
Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner will allem Anschein nach
auch über 2021 hinaus am derzeitigen, umweltschädlichen System
festhalten.
Auch national müsse die Bundesregierung schnell handeln.
Sofortprogramme und Schutzmaßnahmen für Insekten seien unabdingbar in
Anbetracht der chronischen Unterfinanzierung des Naturschutzes in
Deutschland. Hierzulande klafft derzeit eine Finanzierungslücke von
weit über 50 Prozent. Allein zur Umsetzung der
EU-Naturschutzrichtlinien werden jährlich 1,4 Milliarden Euro
benötigt - zur Verfügung stehen lediglich 540 Millionen Euro.
Zusätzlich fordert der NABU ein besseres Management der
Schutzgebiete. Für zahlreiche bedrohte Arten sind sie die letzten
Rückzugsräume. Doch selbst hier dürfen häufig Pestizide eingesetzt
werden. "Dadurch wird der Schutz der Insekten unterlaufen",
kritisierte der NABU-Präsident. Die Länder müssten strengere Vorgaben
für die Schutzgebiete machen. Sinnvoll sei auch der Vorschlag von
Bundesumweltministerin Schulze, artenreiches Grünland und
Streuobstwiesen zu geschützten Biotopen zu erklären.
Dritter wesentlicher Schritt muss nach Ansicht des NABU eine
deutliche Reduzierung des Pestizideinsatzes sein. Die Bundesregierung
müsse dazu endlich verpflichtende Reduktionsziele beschließen. Die
Vergangenheit habe gezeigt, dass reine Absichtserklärungen - etwa im
Nationalen Aktionsprogramm - wirkungslos bleiben. "Wir brauchen auch
wieder mehr Regionen, in denen überhaupt keine Pestizide eingesetzt
werden", forderte Tschimpke. Der Einsatz der besonders schädlichen
Neonikotinoide sowie vergleichbar wirkender Insektizide und
Breitbandherbizide wie Glyphosat müsse komplett verboten werden.
Vollständig pestizidfrei sollten künftig sämtliche Schutzgebiete
sein sowie Städte und Gemeinden und der Haus- und Kleingartenbereich.
"Auch das Zulassungssystem für Pestizide muss dringend reformiert
werden. Wirkstoffe müssen stärker auf ihre Schädlichkeit für die
biologische Vielfalt hin überprüft werden. Dafür muss sich
Deutschland bei der laufenden Überprüfung der EU-Pestizid-Verordnung
einsetzen", so der NABU-Präsident.
Ausführliche Forderungen des NABU zum Insektenschutzprogramm der
Bundesregierung: http://ots.de/4yDCi4
Kostenfreie Pressebilder zu Insekten:
www.NABU.de/pressebilder_insekten
Pressekontakt:
Till-David Schade, NABU-Experte für biologische Vielfalt, mobil
0172-5254436, E-Mail: till-david.schade@NABU.de
Iris Barthel, NABU-Pressereferentin, Tel. 030-284984-1952, E-Mail:
presse@NABU.de
Original-Content von: NABU, übermittelt durch news aktuell
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