BERLINER MORGENPOST: Diesel-Urteil: Berlin drohen neue Tempo-30-Zonen
Geschrieben am 14-10-2018 |
Berlin (ots) - Von Joachim Fahrun
Mit den Fahrverboten für Diesel auf acht Straßen sind die zu
erwartenden Beschränkungen für Berlins Autoverkehr als Folge zu hoher
Stickoxid-Werte noch lange nicht komplett. Nach dem Gerichtsurteil
muss die Senatsverkehrsverwaltung bis Ende März 2019 für weitere 106
Streckenabschnitte auf 62 Straßen nachweisen, wie die
Schadstoffgrenzwerte zum Schutz der Anwohner zu erreichen sind. Dabei
könnte es zu weiteren Fahrverboten für Diesel kommen. Zu erwarten
sind aber zahlreiche Tempo-30-Zonen. Senatorin Regine Günther
(parteilos, für die Grünen) hatte zudem von mehr gebührenpflichtigen
Parkzonen in der City gesprochen, wie die Berliner Morgenpost
(Sonntag) berichtet.
Zwar sei es noch zu früh, um zu sagen, dass diese Strecken "ins
Blickfeld für Fahrverbote rücken", sagte Verkehrsstaatssekretär
Stefan Tidow (Grüne). Man müsse hingegen schauen, wie man das mit
anderen Maßnahmen verhindern könne. "Dazu gehören auch weitere
Tempo-30-Zonen", sagte der Staatssekretär: "So viel an Instrumenten
steht ja nicht zur Verfügung." Im Haus von Verkehrsenatorin Günther
geht man davon aus, dass der Stickoxid-Ausstoß durch Tempo 30 um etwa
zehn Prozent zu drosseln ist. Versuche mit Tempo 30 auf der Leipziger
Straße haben zwar gezeigt, dass sich die dort sehr hohen
Stickstoffdioxid-Werte nicht allein durch niedrigere
Höchstgeschwindigkeit unter die zugelassenen Limits drücken lassen.
Eine Reduktion von bis zu zehn Prozent ist aber zu erreichen.
Deshalb dürfte das Instrument an vielen Straßen herangezogen werden,
um die Auflagen des Verwaltungsgerichts zu erfüllen und den Grenzwert
von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft einzuhalten.
Gericht ordnet Prüfung von 106 Straßenabschnitten an Innerhalb der
Marge von zehn Prozent über den bisher prognostizierten
Schadstoffwerten für 2020 liegen 86 der 106 Straßenabschnitte, für
die das Gericht eine Prüfung angeordnet hat. Davon wiederum liegen 27
in der Prognose zwischen 41 und 40 Mikrogramm, also nur ganz knapp zu
hoch.
Tempolimits könnten in der Torstraße und in der Breiten Straße in
Mitte das Mittel der Wahl sein, ebenso auf der Beusselstraße in
Moabit, der Luxemburger Straße in Wedding und der Dominicusstraße in
Schöneberg. Überall dort liegen die vorhergesagten Grenzwerte knapp
unter 44 Mikrogramm. Ebenfalls in diese Gruppe gehören der
Mehringdamm in Kreuzberg, die Elsenstraße in Treptow sowie die
Turmstraße in Moabit. Etwas weniger stark überschritten werden die
Grenzwerte an der Frankfurter Allee in Friedrichshain oder an der
Danziger Straße in Prenzlauer Berg. Es geht aber immer nur um kurze
Abschnitte, in denen meistens die Häuser eng an der Fahrbahn stehen,
kaum Wind geht und es an Grün fehlt. Damit dürfte es zu großflächigen
Tempo-30-Zonen kommen.
Für die 20 Straßen, auf denen Werte zwischen 44 und 48 Mikrogramm
prognostiziert sind, wird Tempo 30 allein aber nicht ausreichen. Dazu
zählen die Oranienstraße in Kreuzberg, der Mariendorfer Damm in
Tempelhof, die Sonnenallee in Neukölln und der Spandauer Damm in
Charlottenburg. Hier muss sich die Verwaltung weitere Eingriffe
überlegen, um den Anforderungen des Gerichts Genüge zu tun. Zwar ist
es in den vergangenen Jahren bereits gelungen, 45 Kilometer Straßen
vor allem durch sauberere BVG-Busse aus der Problemzone zu bekommen.
Mit Verweis auf diese Fortschritte kontert Senatorin Günther stets
die Kritik, sie habe sich nicht wirklich um Alternativen zu
Fahrverboten gekümmert. Dass aber mehr Elektroautos oder
effizienterer Lieferverkehr in einem halben Jahr den
Schadstoffausstoß für all die zu prüfenden Straßen hinreichend senken
kann, bezweifeln Experten.
Die Verwaltung steht bei ihrer Arbeit unter Beobachtung. "Wir
werden dem Berliner Senat sehr eng folgen", kündigte Jürgen Resch an.
Er ist Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die mit ihren
Klagen die Fahrverbote in Berlin und anderswo durchgesetzt hat. Ende
März, wenn die Frist des Gerichts zur Vorlage des Luftreinhalteplans
abgelaufen ist, werde man nötigenfalls erneut vor Gericht ziehen, um
auch mit Eilanträgen auf die Einhaltung der Grenzwerte zu drängen,
kündigte Resch an. "Wir werden auch Anwohner der betroffenen Straßen
zu Individualklagen animieren." Es werde in Berlin nicht bei einigen
Hundert Metern gesperrter Straßen bleiben. Ursprünglich hatte die
Organisation ein Fahrverbot für Diesel im Bereich der Umweltzone
innerhalb des S-Bahnrings durchsetzen wollen.
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Telefon: 030/887277 - 878
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