Rheinische Post: Kommentar /
Von wegen Mini-Merkel
= VON MICHAEL BRÖCKER
Geschrieben am 07-12-2018 |
Düsseldorf (ots) - Was für ein Parteitag. Was für ein
Adrenalinschub. Und wir reden hier über die CDU. Am Ende gewinnt die
56-jährige Politikwissenschaftlerin Annegret Kramp-Karrenbauer aus
dem kleinen saarländischen Städtchen Püttlingen den Kampf um den
CDU-Vorsitz, weil sie die bessere Rede gehalten hat, weil sie
strategisch klug im Sozialflügel, in der Frauen-Union und den
liberalen Landesverbänden Netzwerke geschmiedet und sich thematisch
breit aufgestellt hat. Sie hat gewonnen, weil sie glaubhafter als
Merz sagen konnte, dass sie den Laden zusammenhalten und Angela
Merkel nicht aus dem Regierungsamt drängen will. Die CDU-Delegierten
wollten mehrheitlich keinen Risikofaktor im Adenauer-Haus. Insofern
ist die Wahl Kramp-Karrenbauers auch eine Wahl gegen den Bruch mit
der Ära Merkel. Aber, und das ist wohl der wichtigste Grund für die
Wahl von "AKK" zur neuen CDU-Vorsitzenden, die so oft unterschätzte
CDU-Frau hat bewiesen, dass sie eben nicht eine Kopie von Angela
Merkel ist. Annegret Kramp-Karrenbauer hat diese Wahl alleine,
eigenständig und mit einem thematisch breiten Angebot gegen
einflussreiche Gegner im konservativen (männerdominierten) Flügel
gewonnen. Das ist ihr Sieg. Als Schreckgespenst für diesen Flügel
taugt sie aber trotz des apokalyptischen Trommelwirbels einiger
Merz-Unterstützer nicht. Kramp-Karrenbauer hat als Innenministerin
und später als Ministerpräsidentin gezeigt, dass sie im Kernbereich
der Konservativen, bei der inneren Sicherheit, keine Kompromisse
macht. Es war das Saarland, das als erstes Bundesland
Identitätsprüfungen für junge Flüchtlinge und Ankerzentren einführte.
Auch wenn Kramp-Karrenbauer dem sozialpolitischen Flügel angehört,
will sie die vollständige Abschaffung des Soli und die Entlastung der
Unternehmen von Bürokratie. Ein Linkskurs ist mit dieser Vorsitzenden
nicht zu erwarten.
Zwei große Aufgaben muss die neue Vorsitzende, die vielleicht
nicht 2019, aber dann doch 2021 Bundeskanzlerin werden will, jetzt
anpacken. Sie muss eine Antwort auf die europapolitischen Vorschläge
von Emmanuel Macron finden und der Bevölkerung sagen, wo Deutschland
auf Souveränität verzichten will, wo mehr Europa auch mehr
finanzielle Ressourcen bedeuten könnte und wo dabei die Grenzen
liegen. Letzteres ist wichtig. Eine EU, die sich mit den großen
Wirtschaftsregionen USA und China messen will, muss auf
Wettbewerbsfähigkeit setzen, auf solide nationale Haushalte und ein
klares Bekenntnis zu Innovation. Manche Vorschläge, etwa der einer
europäischen Arbeitslosenversicherung, gehören nicht zu einer solchen
Fitnesskur. Und die neue CDU-Chefin muss helfen, das Vertrauen in den
Rechtsstaat wiederzubeleben. Dazu gehört eine konsequente
Strafverfolgung, eine Stärkung der Justiz und der Polizei. Das Thema
Flüchtlinge braucht keine grundsätzliche Aufarbeitung, wie es
Kramp-Karrenbauer mit Blick auf 2015 gefordert hatte. Es reicht, wenn
das Land die Politik zwischen Asylrecht und Fachkräftezuzug über das
Einwanderungsgesetz ernst nimmt, abgelehnte Asylbewerber konsequent
abschiebt und null Toleranz bei gewaltbereiten jungen, männlichen
Flüchtlingen zeigt.
Entscheidend wird auch sein, wie Kramp-Karrenbauer ihre Rolle an
der Seite ihrer Vertrauten, der Bundeskanzlerin, wahrnimmt.
Inhaltliche Profilierung und zugleich Stabilität für die Koalition
ist im Alltag eine Gratwanderung. Für Angela Merkel ist die Wahl
Kramp-Karrenbauers optimal, sie kann wahrscheinlich bis 2021
regieren, wenn die SPD nicht den Stecker zieht. Für das politisch
linke Lager ist die neue CDU-Vorsitzende eine schlechte Nachricht.
Ein schneidiger neuer Chef Merz hätte Rot-Rot-Grün mobilisiert.
Kramp-Karrenbauer eignet sich mit ihrem fairen und unprätentiösen
Politikstil nicht als Hassfigur. Es komme auf die "innere Stärke,
nicht äußere Lautstärke" an, sagte sie in ihrer besten Passage in der
Bewerberrede. Das ist vielleicht doch der einzige Punkt, in dem
Kramp-Karrenbauer Angela Merkel ähnelt. Das hat ihr nicht geschadet.
www.rp-online.de
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
666518
weitere Artikel:
- BERLINER MORGENPOST: Grüne Kehrtwende - Fall Kirchner ist eine Schlappe für Senatorin Günther, Kommentar von Joachim Fahrun Berlin (ots) - Der medienübergreifende Shitstorm war einfach zu
heftig, das Meinungsbild der Kommentare zu eindeutig, die Proteste
in der Partei zu gewaltig. Ihren überaus beliebten Parteifreund
"Nilson" so abzuservieren, das passte vielen Grünen überhaupt nicht.
Der Rauswurf des krebskranken Verkehrsstaatssekretärs Jens-Holger
Kirchner, den Verkehrssenatorin Regine Günther am Dienstag durch den
Senat bringen wollte, hat die Stadt über alle politischen Lager
hinaus empört. Das kann sich keine Partei leisten. Zumal eine, die
sich mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum CDU-Parteivorsitz Bielefeld (ots) - Die CDU hat sich entschieden, aber es war knapp,
verdammt knapp. Auf die neue Parteivorsitzende Annegret
Kramp-Karrenbauer wartet viel Arbeit. Die Saarländerin wird alle
Hände voll zu tun haben, die CDU zusammenzuhalten.
Die mehr als 48 Prozent der Stimmen, die Friedrich Merz in der
Stichwahl bekommen hat, zeigen die Zerrissenheit der CDU. Man darf
gespannt sein, ob es Annegret Kramp-Karrenbauer gelingt, ihr
Versprechen wahr zu machen und ihren Konkurrenten weiter einzubinden.
Dass das gelingen muss, bewies mehr...
- BERLINER MORGENPOST: CDU bleibt auf Mitte-Kurs - Leitartikel von Jörg Quoos Berlin (ots) - Was haben Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela
Merkel gemeinsam? Sie wurden beide gewaltig unterschätzt. Vor 18
Jahren rechneten wenige in der CDU damit, dass sich die ostdeutsche
Protestantin lange an der Parteispitze würde halten können. Diesmal
hat "AKK" alle überrascht. Auch mit einer spielentscheidenden Rede,
die kämpferisch und persönlich zugleich war. Sie hat sich gegen
Friedrich Merz durchgesetzt. Gegen das politische Alphatier aus den
alten CDU-Zeiten, dem in Regionalkonferenzen und Leitmedien die
Herzen mehr...
- Badische Zeitung: Annegret Kramp-Karrenbauer: Das Handicap der Neuen /
Kommentar von Thomas Fricker Freiburg (ots) - Der Wechsel ist vollzogen. Die CDU hat Angela
Merkel als Vorsitzende verabschiedet und Annegret Kramp-Karrenbauer
zur Nachfolgerin bestimmt. Es ist eine Zäsur - von der nicht
ausgemacht ist, ob daraus eine Wende zum Besseren wird für die
vielleicht letzte Volkspartei Deutschlands. Kramp-Karrenbauer
übernimmt eine einstweilen in zwei Lager gespaltene Partei. Allen
Beteuerungen des Gegenteils zum Trotz war dies in Hamburg zu
besichtigen. http://mehr.bz/khs284g
Pressekontakt:
Badische Zeitung
Schlussredaktion mehr...
- Rheinische Post: Klöckner rechnet nach Wahl von Kramp-Karrenbauer zur CDU-Chefin mit Stabilität in der Regierung Düsseldorf (ots) - Nach der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer
zur CDU-Chefin rechnet Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit
Stabilität in der großen Koalition. "Wir haben den Parteivorsitz
gewählt und nicht über die künftigen Kabinettssitzungen entschieden",
sagte Klöckner der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag). "In der
Regierung arbeiten wir auf Grundlage des Koalitionsvertrages, wir
Christdemokraten sind vertragstreu", betonte die CDU-Vize-Chefin. In
der Partei werde es darum gehen, deutlich zu machen, was CDU pur sei mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|