Gewinner und Verlierer 2018 / WWF: Zahl der bedrohten Tier- und Pflanzenarten bleibt 2018 auf "schrecklichem Rekordniveau"
Geschrieben am 27-12-2018 |
Berlin (ots) - Die Artenvielfalt bleibt auch 2018 weiter unter
Druck: Einen 60-prozentigen Rückgang der weltweiten
Wirbeltierbestände seit 1970 stellt der Living Planet Report 2018 der
Naturschutzorganisation WWF fest. Zu den Verlierern des Jahres zählen
laut WWF Deutschland Tapanuli-Orang-Utan, Flussdelfine im Amazonas,
Land- und Süßwasser-schildkröten und die Mongolischen
Saiga-Antilopen. Aber auch der Ostsee-Hering. Insgesamt verbucht die
Internationale Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUCN mittlerweile
fast 27.000 Tier- und Pflanzenarten als bedroht. Das ist neuer
Negativrekord und betrifft fast 30 Prozent aller untersuchten Arten.
"Die Klimakrise, Lebensraumzerstörung, Wilderei oder immer mehr
Plastikmüll in den Ozeanen: Der Mensch verursacht gerade das größte,
globale Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier. Wir sägen am
Ast, auf dem wir sitzen. Der Mensch ist Teil der Natur. Ohne
vielfältige, vitale Ökosysteme können wir nicht überleben", warnt
WWF-Vorstand Eberhard Brandes zum Jahreswechsel.
Doch es gibt auch Hoffnung. Dank Fangverboten und weiterer
Schutzmaßnahmen konnten sich Finnwale und die Westpazifischen
Grauwale erholen. In Nepal hat sich die Zahl der Tiger beinahe
verdoppelt. Es gibt wieder mehr Berggorillas, und Bienenfresser
breiten sich in Deutschland aus. Dank aufwendiger Ansiedlungsprojekte
kehren Waldrapp und Tüpfelbeutelmarder in ursprüngliche Lebensräume
zurück. "Allein dass es trotz weltweitem Artenschwund auch Gewinner
gibt, zeigt: Natur- und Artenschutzmaßnahmen können funktionieren. Es
braucht mehr davon. Der Mensch verursacht nicht nur das Problem,
sondern hält auch den Schlüssel für die Lösung in den Händen", so
Brandes.
Verlierer 2018:
Hering der westlichen Ostsee: Lange galt der Bestand in der
westlichen Ostsee als "Brot-fisch" der deutschen (Küsten)Fischerei.
Doch inzwischen ist dieser Bestand förmlich einge-brochen. Grund sind
neben dem hohen Fischereidruck auch schlechte Nachwuchsjahrgänge, die
vermutlich auf klimawandelbedingte Veränderungen der Ostsee
zurückzuführen sind. Der Hering wird damit zu einem Symbol der
Klimakrise und ihren ökologischen wie ökonomischen Folgen.
Tapanuli-Orang-Utan: Der Tapanuli-Orang-Utan, der erst 2017 als
eigene Art beschrieben wurde, ist mit nur noch 800 Tieren auf Sumatra
die seltenste Menschenaffen-Art der Erde. Plantagen, Goldminen und
ein geplanter Mega-Staudamm nagen am verbliebenen Lebensraum von rund
1.000 Quadratkilometern, der damit nur wenig größer als Berlin ist.
Land- und Süßwasserschildkröten: Schildkröten bevölkerten die Erde
schon vor über 200 Millionen Jahren und überlebten das letzte große
Massenaussterben zur Zeit der Dino-saurier. Heute ist die Hälfte der
bekannten Spezies laut einem aktuellen Bericht bedroht. Ganz oben die
Yangtze-Riesenweichschildkröte. Nur noch drei Tiere gibt es weltweit.
Nun scheint sich das Schicksal von "Lonesome George" zu wiederholen.
Mongolische Saiga-Antilope: Anfang 2017 fielen Tausende
Mongolische Saiga-Antilopen einer Seuche zum Opfer. Der vergangene
harte Winter schwächte die Bestände abermals. Nach Schätzungen des
WWF streiften statt der ehemaligen 11.000 Tiere im Oktober 2016
lediglich noch 3.000 Antilopen im Mai 2018 durch die Steppe.
Amazonas-Flussdelfin: Es wurde immer offensichtlicher, dass die
Flussdelfine vom Amazonas fortwährend seltener wurden, doch bisher
fehlten konkretere Daten. Mit der Roten Liste 2018 herrscht
Gewissheit: Die Delfine gelten nun offiziell als stark gefährdet. Die
Weltnaturschutzunion prognostiziert einen weiter anhaltenden
Bestandsrückgang.
Nördliches Breitmaulnashorn: Sudan, das letzte männliche Nördliche
Breitmaulnas-horn, ist im März 2018 gestorben. Es gibt nur noch zwei
weitere, nicht fortpflanzungsfähige Weibchen. Damit ist diese Art de
facto ausgestorben. Letzter Hoffnungsschimmer besteht in der Anzucht
von Embryonen im Labor, die von Leihmüttern der südlichen Unterart
ausgetragen werden sollen.
Gewinner 2018:
Tiger in Nepal:"Tx2" (Tiger mal zwei) ist das ambitionierte Ziel
der 13 Tigerstaaten, die Zahl der Großkatzen in freier Wildbahn bis
2022 zu verdoppeln. Nepal hat das nach aktueller nationaler
Bestandszählung fast erreicht. 2009 streiften dort rund 120 Tiger
durch die Wildnis. Nun sind es bereits 235. Insgesamt muss man sich
aber weiterhin um die weltweiten Tigerbestände sorgen. Wilderei und
Lebensraumverlust bleiben ein Problem, dazu kommen steigende
Konflikte zwischen Menschen und Tigern.
Bienenfresser in Deutschland: Jahr für Jahr pendelt der
Bienenfresser zwischen Afrika und Europa. Früher in Deutschland noch
extrem selten, wandert der Vogel jetzt verstärkt aus dem
Mittelmeerraum nach Deutschland ein. Er ist ein Profiteur der
Klimakrise. Heute brüten hierzulande mehr als 2.000 Paare. Doch seine
enge Bindung an gefährdete Lebensräume sowie das große
Insektensterben könnten den Höhenflug des Vogels jäh bremsen.
Tüpfelbeutelmarder: Vor etwa 50 Jahren starb die Art auf dem
australischen Festland aus, überlebte nur in Tasmanien. Der WWF
startete mit weiteren Partnern ein Zucht- und Rückkehr-Projekt. Im
März 2018 war es soweit: 20 Tüpfelbeutelmarder wurden in einem
Nationalpark im Südosten Australiens frei gelassen. Im Sommer gab es
erstmals Nachwuchs.
Berg-Gorillas: Es geht bergauf mit dem Berggorilla. 2018 steigt
die Gesamtzahl der sanften Riesen auf mehr als 1000 Individuen. In
einer aktuellen Bestandsuntersuchung zählten Wissenschaftler nun 604
Berg-Gorillas in den Bergwäldern rund um den Nationalpark Virunga.
Eine Bestandszunahme von 26 Prozent in diesem wichtigen
Rückzugsgebiet seit 2010. Doch Wachsamkeit tut not: Wilderei,
Krankheiten und Klimawandel bedrohen die haarige Verwandtschaft. Und
über allem schwebt das Damoklesschwert der geplanten Ölförderung im
Virunga-Nationalpark.
Finn- und Westpazifische Grauwale: Der westliche Bestand des
Grauwals hat sich laut Internationaler Roter Liste von "Vom
Aussterben bedroht" auf "Stark Gefährdet" verbessert. Der Bestand
bleibt jedoch mit geschätzten 100 bis 150 Tieren nach wie vor sehr
klein. Auch dem Finnwal geht es besser: Seit den 1970er Jahren hat
sich die Zahl der bis zu 27 Meter langen Tiere auf etwa 100.000 etwa
verdoppelt. Zurückzuführen ist diese gute Nachricht auf Fangverbote
und Lebensraumschutz. Folgerichtig entschied sich die
Staatengemeinschaft auf der Tagung der Internationalen
Walfangkommission 2018 auch gegen einen Antrag Japans, das
Jagdmoratorium zu lockern.
Waldrapp: Der Waldrapp ist einer der seltensten Vögel der Welt und
war in Mitteleuropa ausgerottet. In einem Wiederansiedlungsprojekt
werden "Ziehkinder" aus Deutschland von einem Ultraleichtflugzeug in
ihr Winterquartier gelotst. Fast alle Waldrappe schafften die
beschwerliche Reise in die Toskana. Auch ihren komplett wilden
Verwandten in Marokko, die solche Schützenhilfe nicht nötig haben,
geht es besser.
Pressekontakt:
Pressebilder und Footage auf Anfrage
WWF World Wide Fund For Nature
Roland Gramling
Telefon: 030/3111 777 425
E-Mail: Roland.Gramling@wwf.de
Original-Content von: WWF World Wide Fund For Nature, übermittelt durch news aktuell
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