Prognose übertroffen: Gewerblicher Wohninvestmentmarkt in Deutschland bilanziert 2018 bei 18,7 Mrd. Euro - Politische Maßnahmen verunsichern institutionelle Wohninvestoren
Geschrieben am 07-01-2019 |
Frankfurt (ots) - Auf Basis einer weiterhin sehr großen Nachfrage
von Nutzern und Investoren und trotz regulatorischer und
bürokratischer Neuerungen, bei denen sich Anleger im letzten Jahr
verschärften Bedingungen ausgesetzt sahen, konnte 2018 mit insgesamt
18,7 Mrd. Euro und 131.200 Wohnungen (2017: 15,7 Mrd. Euro; 130.700
Wohnungen) auf dem deutschen gewerblichen Wohninvestmentmarkt* ein
deutlich überdurchschnittliches Ergebnis erzielt werden. Nur die
Jahre 2005 (19,8 Mrd. Euro) und 2015 (25,2 Mrd. Euro) zeigten ein
noch höheres Transaktionsvolumen.
Da die Anzahl der gehandelten Objekte und Portfolios leicht
zurückgegangen ist bei gleichzeitig nur leicht gestiegener Anzahl der
gehandelten Einheiten, lässt sich der Anstieg zum Vorjahr fast
ausschließlich auf ein Preiswachstum zurückführen. Aktuell müssen für
Wohninvestments etwa 142.000 Euro pro Einheit bzw. 2.200 Euro pro
Quadratmeter und damit fast 20 % mehr als im Vorjahr bezahlt werden.
Vor fünf Jahren waren es 70 % weniger.
Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL
Germany, zur voraussichtlichen Entwicklung in 2019: "Auch wenn der
Wohnungsneubau durch Entwickler, kommunale Wohnungsgesellschaften und
auch durch die großen Wohnungskonzerne zunehmen wird, ist davon
auszugehen, dass das Transaktionsvolumen insgesamt abnimmt.
Anhaltende Preissteigerungen und die Tendenz, mehr in Spezialsegmente
wie Mikro- und Studentenwohnen zu investieren, werden daran nichts
grundsätzlich ändern. Dennoch dürfte ein Transaktionsvolumen auf dem
Fünfjahresniveau von ca. 17 Mrd. Euro erreichbar sein."
Neben der größten Transaktion des Jahres, der Übernahme der
österreichischen Buwog durch den deutschen Wohnungskonzern Vonovia
mit etwa 27.000 deutschen Wohnungen und einem Kaufpreis von ca. 2,9
Mrd. Euro inklusive Verbindlichkeiten, konnten nur noch drei
Portfolios mit mehr als 4.000 Wohneinheiten bilanziert werden. Mehr
als 90 % der Transaktionen beinhalteten weniger als 800 Wohnungen mit
einem Volumen von insgesamt knapp 10 Mrd. Euro.
Allein durch die Übernahme der Buwog bauten die börsennotierten
Wohnungskonzerne erneut am stärksten Vermögen auf und investierten
netto etwa 3,6 Mrd. Euro. "Dieser Spitzenplatz kann in Zukunft nur
gehalten werden, wenn entsprechende Großportfolios oder Unternehmen
am Markt sind", so Konstantin Kortmann. Davon sei allerdings aktuell
aufgrund der fortgeschrittenen Marktkonsolidierung in Deutschland
nicht auszugehen. "Entweder ist Internationalisierung der Weg, um den
Wachstumspfad weiter verfolgen zu können - von einigen
börsennotierten deutschen Wohnungskonzerne bereits eingeschlagen -
und/oder die Entwicklung im Bestand", ergänzt Kortmann.
Insofern besteht zusätzlich die Notwendigkeit, sich mehr und mehr
auf kleinere und werthaltigere Einzeltransaktionen zu konzentrieren.
In diesem Segment sind Pensionskassen und Spezialfonds unterwegs. Sie
haben im letzten Jahr vornehmlich mittlere und kleinere Transaktionen
getätigt und können damit zusammen mit den öffentlichen
Wohnungsgesellschaften beim Vermögensaufbau die Plätze 2-4 (insgesamt
4,9 Mrd. Euro) für sich verbuchen. Beachtlich ist auch das
Transaktionsvolumen durch die Wohnungsbauentwickler. Als aktivste
Verkäufergruppe haben sie rund 20.000 Wohnungen verkauft in einer
Größenordnung von insgesamt fast 5 Mrd. Euro, entsprechend einem Plus
von 40 % gegenüber dem Vorjahr. Allerdings ist ein Großteil dieses
Anstiegs auf den beobachteten Preissteigerungseffekt je Einheit
zurückzuführen.
Der gewerbliche Wohninvestmentmarkt bleibt von nationalen
Investoren geprägt. Weniger als ein Viertel des Kapitals kommt aus
dem Ausland, darunter etwa die Transaktion des dänischen
Pensionsfonds PFA sowie Investments von Briten und US-Amerikanern,
die zusammen auf etwa 2,2 Mrd. Euro kommen. Ausländische Aktivitäten
lagen damit 2018 unter dem Volumen des Vorjahres und in etwa auf dem
Niveau der letzten fünf Jahre.
Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinspolitik der EZB ist der
Anleihedruck bei deutschen Investoren insbesondere bei Versicherungen
und Pensionskassen wesentlich höher. "Für diese konservativ und
langfristig orientierten Investoren sind auch Spitzenrenditen von
aktuell 2,7 % in den Big 7 besser als risikoarme Staatsanleihen", so
Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Durch das erwartete
Mietpreiswachstum in Beständen, die aktuell unter Marktmiete
vermietet sind, könnten auch Investitionen mit Anfangsrenditen von
deutlich unter 3 % eine gute Anlage sein.
"Die zunehmenden Regulierungen und Eingriffe des Staates bzw. der
Kommunen kollidieren mit einem immer knapper werdenden Angebot auf
dem Markt für gewerblichen Wohninvestments", so Konstantin Kortmann.
Nachdem bereits in den Vorjahren durch die Einführung der
Mietpreisbremse das Mietenwachstum beschränkt werden sollte, wurden
im November 2018 weitere Verschärfungen von der großen Koalition
beschlossen, die nun im Gesetzgebungsverfahren 2019 umgesetzt werden
sollen. Hierbei werden insbesondere die Möglichkeiten der
Mieterhöhung durch Umlage von Modernisierungen stärker limitiert.
"Zusätzlich zu dieser Verschärfung haben einige Städte 2018 das
Instrument des kommunalen Vorkaufsrechts für Bestandsobjekte deutlich
offensiver als in den Vorjahren wahrgenommen", so Kortmann. Dies sei
insbesondere in München und in Berlin der Fall. In der bayerischen
Landeshauptstadt wurden 300 Wohnungen aus dem Century Portfolio durch
die GWG München übernommen. Damit kann der ursprüngliche Käufer, der
dänische Pensionsfonds PFA mit seinem Asset Manager Domicil, nun nur
einen Teil des Portfolios sein Eigen nennen. Kortmann ergänzt: "Auch
in Berlin wurden die kommunalen Vorkaufsrechte häufiger wahrgenommen.
Durch eine juristische Konstruktion soll der Erwerb von etwa 700
Wohnungen durch den ursprünglichen Erwerber Deutsche Wohnen SE
verhindert werden, indem Vorkaufsrechte der Mieter wahrgenommen,
jedoch die Wohnungen dann an die städtische Wohnungsgesellschaft
Gewobag durchgereicht werden. Berlin ist zwar bei der Ausübung von
Vorkaufsrechten in besonders geschützten Gebieten mit einer
Erhaltungssatzung Vorreiter in Deutschland, aber andere Kommunen mit
angespannten Wohnungsmärkten wie z.B. Hamburg ziehen bei der Nutzung
dieses Mittels zur Rekommunalisierung von Beständen nach."
Und Kortmann spitzt zu: "Angesichts des starken Preiswachstums
insbesondere in den Großstädten reagieren die politischen
Mandatsträger auf allen Ebenen. Neben der Bundesregierung mit
Wohnungsgipfel im September und verschärfter Mietpreisbremse werden
auch zunehmend die Kommunen als Marktteilnehmer auf dem
Transaktionsmarkt aktiv. Das schafft zwar noch keine neuen Wohnungen,
sichert aber Wählerstimmen. Die angestrebten Maßnahmen zur Erhöhung
des Wohngeldes dagegen sollten aber tatsächlich positive Effekte auf
der Nachfrageseite bewirken können: für Haushalte mit geringerem
Einkommen wird die Mietbelastung verringert. Zusätzliche
Steuerabschreibungsmöglichkeiten können darüber hinaus helfen, das
Neubauangebot von Wohnungen zu erhöhen."
*Verkauf Wohnungsportfolios, Studentenheimen mit mindestens 10 WE
und 75 % Wohnnutzung sowie der Verkauf von Unternehmensanteilen mit
Übernahme einer Kontrollmehrheit ohne Börsengänge
Pressekontakt:
Dorothea Koch, Tel. 069 2003 1007, dorothea.koch@eu.jll.com
Original-Content von: Jones Lang LaSalle SE (JLL), übermittelt durch news aktuell
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