Allg. Zeitung Mainz: Tabubrüche / Friedrich Roeingh zu US-Botschafter Grenell
Geschrieben am 13-01-2019 |
Mainz (ots) - Wie der Herr, so's Gescherr. Warum sollte
US-Botschafter Richard Grenell mehr Stil an den Tag legen als sein
Präsident? Zumal sich der Diplomat (nehmen Sie diese Vokabel bitte
als Berufsbezeichnung und nicht als Zuschreibung) als eine Art Rambo
in Berlin offenbar für höhere Weihen an der Heimatfront empfehlen
will. So verstößt Grenell mit seinem Drohbrief an die deutschen
Unternehmen, die am Bau der umstrittenen russischen Ostseepipeline
Nord- Stream 2 beteiligt sind, zwar gegen alle Regeln der
internationalen Diplomatie. Überraschen kann diese schamlose
Grenzüberschreitung allerdings nicht. Nach seinem Tweet zum
Amtsantritt, in dem er alle deutschen Firmen quasi anwies, ihre
Iran-Aktivitäten "sofort" herunterzufahren, sind seine jetzt bekannt
gewordenen Briefe - sarkastisch betrachtet - immerhin ein Fortschritt
in der Form. In Wahrheit ist es unerträglich, dass sich ein
Botschafter auf solche Weise in die inneren Angelegenheiten eines
Landes einmischt, eines Partners noch dazu. Nicht zu vergessen
Grenells stete Bemühungen, die Rechtsnationalen in Europa zu
unterstützen, um die Europäische Union zu torpedieren. Es reicht
nicht mehr, Grenell so gut wie möglich zu schneiden. Es wird höchste
Zeit, dass sich die Bundesregierung in Washington deutlicher und
schärfer als bisher gegen die asymmetrische Diplomatie des
Botschafters verwahrt. Es ist offensichtlich, dass Grenell damit
spielt, dass die Ausweisung eines amerikanischen Botschafters in
Deutschland ein Tabu ist. Gerade deshalb sollte man diesen Tabubruch
- zumindest im vertraulichen Gespräch - nicht mehr ausschließen.
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Allgemeine Zeitung Mainz
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