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Börsen-Zeitung: Sánchez hat sich verzockt / Kommentar zur Regierungskrise in Spanien von Thilo Schäfer

Geschrieben am 13-02-2019

Frankfurt (ots) - Das Scheitern des Haushalts im spanischen
Unterhaus bedeutet das Ende der kurzen Amtszeit der
Minderheitsregierung von Pedro Sánchez in Spanien. Und das ist auch
besser so. Denn mit nur 84 von 350 Abgeordneten und der
Frontalopposition von Konservativen und Liberalen war der Sozialist
allein auf die wackelige Unterstützung der Linkskoalition Unidos
Podemos sowie der baskischen und katalanischen Nationalisten
angewiesen. Dabei war es eine richtige Entscheidung im Juni
vergangenen Jahres, die Regierung von Mariano Rajoy durch ein
Misstrauensvotum wegen der Korruptionsskandale der Konservativen aus
dem Amt zu drängen. Außerdem herrschte auch unter Rajoy weitgehend
Stillstand.

Entgegen erster Zusagen, plante Sanchez dann aber doch, bis zum
Ende der Legislaturperiode im Sommer 2020 durchzuregieren. Dafür war
er auf die Stimmen der katalanischen Separatisten angewiesen. Es war
richtig, auf diese Parteien zuzugehen, weil immerhin etwa die Hälfte
der Katalanen für die Unabhängigkeit ist. Rajoy hatte dieses
politische Problem ganz der Justiz überlassen, wie der Auftakt des
Großprozess gegen zwölf Separatistenführer diese Woche noch einmal
deutlich macht. Doch Sánchez hat sich verzockt. Er baute offenbar
darauf, dass die katalanischen Nationalisten, die ihm über das
Misstrauensvotum zur Macht verholfen hatten, mit symbolischen
Schritten und finanziellen Zugeständnissen zufrieden sein und seine
Regierung mittragen würden. Doch am Ende war der Preis, den die
Katalanen forderten, zu hoch.

Die rechtsliberale Opposition stellt Sánchez wegen der Annäherung
an die Separatisten als "Verräter" hin. Das politische Klima ist in
Spanien so aufgeladen wie selten. Daher sind baldige Neuwahlen der
beste Ausweg. Doch darf man sich keine Illusionen machen, dass mit
neugemischten Karten endlich wieder stabile Verhältnisse einkehren.
Die Zeiten des Zwei-Parteien-Systems, in dem sich Sozialisten und
Konservative an der Macht abwechselten, sind Vergangenheit. Mit der
rechtsradikalen Vox könnte nun eine weitere politische Kraft ins
Parlament einkehren und die Regierungsbildung weiter verkomplizieren.

Spanien braucht nach drei Jahren Stillstand wieder eine
handlungsfähige Regierung. Das Ergebnis der Wahlen ist offen. Die
Sozialisten liegen in den Umfragen vorne. Es bleibt zu hoffen, dass
die Parteien nach dem Wahlgang ihren aggressiven Wahlkampfmodus
ausschalten und sich über ideologische Differenzen hinaus auf
dringend notwendige Reformen, etwa des Rentensystems, einigen.

(Börsen-Zeitung, 14.02.2019)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

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