Mehr Stolz wagen: Offene Gesellschaft profitiert von "gesundem Nationalstolz" (FOTO)
Geschrieben am 19-02-2019 |
Berlin (ots) -
Wie gefährlich ist Nationalstolz für die offene Gesellschaft in
Deutschland und Europa? Angesichts des Erstarkens
rechtspopulistischer Kräfte gewinnt die Debatte im Vorfeld der
Europawahl im Mai an Bedeutung und Brisanz. Doch Nationalstolz ist
weder ein rechtes Randphänomen, noch per se eine Bedrohung für die
offene Gesellschaft. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von
d|part und dem Open Society European Policy Institute. The Fading
Taboo of Germany's National Pride ist Bestandteil des Voices on
Values Projektes und beschäftigt sich mit Einstellungen zur
nationalen Identität in Deutschland.
Stolz gehört zur Mitte der Gesellschaft
Nationalstolz ist in Deutschland noch immer ein Tabuthema.
Tatsächlich ist die deutsche Gesellschaft jedoch nicht annähernd so
polarisiert wie die politische Debatte impliziert. Die Deutschen
identifizieren sich stark mit ihrem Land, sind stolz auf viele seiner
Errungenschaften und gleichzeitig starke Verfechter einer offenen
Gesellschaft, so das Ergebnis einer repräsentativen Befragung unter
deutschen Politikern, Staatsbediensteten und zivilgesellschaftlichen
Akteuren.
Demnach identifizieren sich 74 Prozent der Befragten "stark" oder
"sehr stark" über ihre deutsche Nationalität. Fast 90 Prozent geben
an, auf mindestens einen Aspekt der deutschen Identität stolz zu
sein. Am häufigsten gründet sich dieser Stolz auf das Grundgesetz mit
38 Prozent, gefolgt vom deutschen Sozialstaat sowie dem kulturellen
Erbe Deutschlands (jeweils 30 Prozent), der Wirtschaftskraft (24
Prozent) und der Führungsrolle bei technischen Innovationen (20
Prozent).
Deutschland ist Spitzenreiter bei offenen Gesellschaftswerten
Das Forschungsprojekt Voices on Values: How European publics and
policy actors value an open society basiert auf einer Befragung von
über 6.000 Teilnehmern zwischen Februar und März sowie 70 Experten
zwischen Februar und Mai 2018.
Die Befragung wurde in Deutschland, Frankreich, Polen, Ungarn,
Italien und Griechenland durchgeführt. Demnach unterstützen die
Europäer überwiegend offene Gesellschaftswerte. Über 90 Prozent sind
überzeugt, dass Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und der Schutz der
individuellen Rechte für eine gute Gesellschaft unerlässlich sind.
Lediglich fünf Prozent befürworten ausschließlich Werte einer
geschlossenen Gesellschaft.
Deutschland verzeichnet die höchste Unterstützung für offene
Gesellschaftswerte in den sechs untersuchten Ländern. So halten 96
Prozent das Recht auf freie Meinungsäußerung für unerlässlich bzw.
wesentlich, ebenso die zu schützenden Rechte von Minderheiten (90
Prozent) und das Recht der Medien, die Regierung zu kritisieren (92
Prozent).
Nationalstolz und offene Gesellschaft müssen kein Widerspruch sein
Angesichts dieser Ergebnisse plädieren die Autoren der Studie für
eine differenziertere Debatte über die deutsche Identität.
"Nationalstolz ist nicht gleich Nationalstolz", so Dr. Luuk Molthof,
Co-Autor der deutschen Studie. "Wir müssen unterscheiden zwischen
denjenigen, die sich als Deutsche identifizieren, und denen, die ihre
deutsche Identität als Vorwand nutzen, um andere auszugrenzen. Ohne
diese Differenzierung wird sich die elitäre Debatte um die deutsche
Identität weiter von der gesellschaftlichen Realität entfernen."
Ein Umdenken fordern die Autoren auch im Hinblick auf die
vermeintliche Polarisierung zwischen Stolz auf der einen und offenen
Gesellschaftswerten auf der anderen Seite. "Ob Nationalstolz eine
Bedrohung darstellt, hängt davon ab, worauf sich dieser gründet",
erklärt Magali Mohr, ebenfalls Co-Autorin der Studie. "Stützt sich
Stolz auf das Grundgesetz, den Sozialstaat, die Toleranz Deutschlands
gegenüber Zuwanderern oder seine Rolle in der europäischen
Integration, kann er die offene Gesellschaft und die damit
verbundenen Werte sogar unterstützen und fördern."
Das Fazit der Studie: Statt rechtspopulistischen Kräften
bereitwillig das Feld zu überlassen, sollten Verfechter der offenen
Gesellschaft das Konzept eines "gesunden Nationalstolzes'" für sich
beanspruchen und positiv besetzen.
Über OSEPI:
Das Open Society European Policy Institute informiert die
Entscheidungsfindung über EU-Gesetze, -Politik und -Finanzierung um
sicherzustellen, dass offene Gesellschaftswerte im Mittelpunkt dessen
stehen, was die EU innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen tut.
Über d|part:
d|part ist ein gemeinnütziger, unabhängiger und unparteiischer
Think Tank, der sich auf die Erforschung und Förderung verschiedener
Formen der politischen Partizipation konzentriert.
Pressekontakt:
Maximilian Beck
+49 30 408176652
Maximilian.beck@kekstcnc.com
Original-Content von: Open Society European Policy Institute, übermittelt durch news aktuell
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