Ministerin Julia Klöckner ignoriert Staatsziel Tierschutz
Geschrieben am 26-03-2019 |
Berlin (ots) - Das Bündnis für Tierschutzpolitik zieht Bilanz nach
einem Jahr Landwirtschaftspolitik mit Julia Klöckner: Trotz großer
Versprechungen hat sich an vielen Missständen in der Tierhaltung so
gut wie nichts geändert. Die Bündnismitglieder, die Albert Schweitzer
Stiftung für unsere Mitwelt, der Bundesverband Tierschutz e.V., der
Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V., PROVIEH e.V. sowie VIER PFOTEN
- Stiftung für Tierschutz, kritisieren, dass die Bundesministerin
wirtschaftliche Interessen über das Staatsziel Tierschutz stelle.
»Sei es bei der betäubungslosen Kastration von Ferkeln, bei
Tiertransporten in Drittländer oder durch niedrige Standards in der
Tierhaltung - die Bundesministerin sorgt dafür, dass Verantwortliche
weiter routinemäßig gegen Tierschutzvorgaben verstoßen und dies auch
noch wirtschaftlich begründen dürfen«, fasst Konstantinos Tsilimekis,
Geschäftsleiter der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt,
die Kritik zusammen. »Frau Klöckner darf sich nicht über geltendes
Recht hinwegsetzen und das Staatsziel Tierschutz weiter so sträflich
ignorieren.«
»Um die Missstände in der Tierhaltung zu verringern, benötigt
Deutschland eine mutige und mitfühlende Ministerin, die eine Vision
entwickelt und den dringenden Umbau der Tierhaltung konsequent
angeht. Stattdessen werden gravierende Probleme so lange wie möglich
aufgeschoben, und echte Lösungen blockiert, wie derzeit bei den
Tiertransporten und beim Thema Ferkelkastration sichtbar«, ergänzt
Jasmin Zöllmer, Referentin für Agrarpolitik von PROVIEH.
Laut eigenen Aussagen vermittelt Julia Klöckner zwischen den
verschiedenen widersprüchlichen Interessengruppen. Ihre
Entscheidungen trifft sie jedoch zugunsten der industriellen
Tierhaltung und ohne die Einbeziehung wichtiger und seit vielen
Jahren fachlich arbeitender Tierschutzorganisationen. Tierschutz ist
aber weder ein Vorschlag noch ein Interesse, sondern eine gesetzliche
Pflicht.
Betäubungslose Ferkelkastration: verfassungswidrige Verlängerung
Trotz einer fünfjährigen Übergangsfrist, welche die Politik
tatenlos verstreichen ließ, setzte sich die Bundesministerin dafür
ein, die Betäubungspflicht bei Ferkelkastrationen um weitere zwei
Jahre aufzuschieben. So werden weiterhin jedes Jahr 20 Millionen
Ferkel unter starken Schmerzen ohne Betäubung kastriert. Julia
Klöckner schob die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Schweinezüchter
vor. Da es aber bereits praxistaugliche Alternativen gibt, die laut
Berechnungen des bundeseigenen Thünen-Instituts sogar kostenneutral
sind, ist dieser Aufschub verfassungswidrig und unnötig. Statt auf
die kostengünstigeren, tierfreundlicheren Alternativen ohne
chirurgischen Eingriff zu setzen - der Ebermast mit und ohne
Immunokastration - wird mit der Isoflurannarkose jetzt eine Methode
mit Millionen von Steuergeldern subventioniert, die die Tiere
weiterhin verstümmelt.
Tiertransporte in Drittländer: Thema konsequent ignoriert
Obwohl die katastrophalen Zustände bei Tiertransporten innerhalb
und außerhalb der EU seit Jahren bekannt sind, sah die
Bundesministerin lange keinen Grund zu handeln. Exportgewinne sind
ihr wichtiger, wie sie in ihrer eigenen Bilanz schreibt: Durch ihr
Ministerium »konnten die Absatzmärkte für Tiere und tierische
Erzeugnisse in Drittländern [...] erhalten und erweitert werden«.
Den Ländern, die durch vorläufige Exportstopps keine Verantwortung
mehr für die tierschutzwidrigen Transporte in Drittländer übernehmen
wollen, wirft sie »überstürztes« Handeln vor. Ihre derzeitige Lösung,
die Abkommen mit Drittländern über Schlachttiertransporte zu
kündigen, geht das eigentliche Problem nicht an: Der überwiegende
Teil der Tiere geht zu vermeintlichen Zuchtzwecken in Drittländer.
Daran, dass die Tiere unter tierschutzwidrigen Bedingungen
transportiert und vor Ort früher oder später ohne Betäubung
geschlachtet werden, ändert das nichts.
Tierwohl-Kennzeichnung: noch wirkungslos
Die Tierwohl-Kennzeichnung der Bundesministerin überträgt die
Verantwortung für ein scheinbares Mehr an Tierschutz an die
Verbraucher. Zwar hat die Ministerin bei dem Thema tatsächlich mehr
Gas gegeben als ihr Vorgänger. Ihr System existiert bislang aber nur
für eine Tierart und ist lediglich freiwillig. Das Schwänzekupieren
ist in der Einstiegsstufe weiterhin erlaubt, obwohl das routinemäßige
Kupieren bereits seit 1994 EU-weit verboten ist. So wird diese
Verletzung geltenden EU-Rechts sogar mit »Tierwohl« ausgezeichnet.
Dringender Umbau der Tierhaltung versäumt
Mehrmals hat der eigene wissenschaftliche Beirat des
Landwirtschaftsministerium auf die Dringlichkeit hingewiesen, die
Tierhaltung in Deutschland umzubauen. Deutschland könnte viel Geld
aus der Gemeinsamen Agrarpolitik zielgerichteter einsetzen, z. B. für
Tierschutzleistungen, und damit den Umbau der Tierhaltung
mitfinanzieren. Doch das Ministerium setzt weiterhin auf pauschale
Flächenprämien, die pro Hektar ausgezahlt werden und zementiert damit
ein rückwärtsgewandtes System anstatt endlich die Zukunft zu
gestalten.
Die Organisationen fordern:
- ein sofortiges Ende der betäubungslosen Ferkelkastration sowie
den Umstieg auf Ebermast mit oder ohne Immunokastration
- einen sofortigen bundesweiten Transportstopp für Tiertransporte
in Drittländer außerhalb der EU
- eine einheitliche verpflichtende Haltungskennzeichnung für
Fleisch- und Milchprodukte
- eine Vision zum Umbau der Tierhaltung mit konkreten
Meilensteinen und Finanzierungskonzept
Mehr über das Bündnis für Tierschutzpolitik und seine Positionen
erfahren Sie hier: www.buendnis-fuer-tierschutzpolitik.de
Pressekontakt:
PROVIEH e.V.
Jasmin Zöllmer
Referentin für Agrarpolitik
Tel.: 0176 88471 854
zoellmer@provieh.de
Original-Content von: Albert Schweitzer Stiftung f. u. Mitwelt, übermittelt durch news aktuell
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