neues deutschland: Aus der Mitte der Gesellschaft - Kommentar zu den Schülerstreiks "Fridays for Future"
Geschrieben am 29-03-2019 |
Berlin (ots) - Kleine Kinder sagen bekanntlich, was sie denken,
und werden dafür von den Erwachsenen geliebt oder belächelt. Wenn
Jugendliche dies tun, reagieren viele Ältere schon nicht mehr so
freundlich, denn man muss sich mit Argumenten auseinandersetzen. Und
die in immer mehr Ländern seit Wochen demonstrierenden Schüler
stellen auch noch die Scheinheiligkeit der Erwachsenen bloß: Alle
Regierungen haben sich 2015 mit großem Brimborium das gemeinsame Ziel
gesetzt, die Erderwärmung auf ein noch beherrschbares Maß zu
begrenzen, und leiten die nötigen Maßnahmen einfach nicht ein.
Sehenden Auges steuern Politik und Wirtschaft auf eine
Klimakatastrophe zu, die, wenn man so weitermacht, in einigen
Jahrzehnten erst richtig zuschlagen wird und dann das Problem unserer
Kinder ist.
Die Schüler bei »Fridays for Future« sind quasi unser schlechtes
Gewissen, aber die Bedeutung geht weit darüber hinaus: Während bisher
die üblichen Umweltschützer auf die Straße gingen oder bei
UN-Konferenzen lobbyierten und kleine linke Gruppen Kohlebagger
besetzten, rückt der Protest nun in die Mitte der Gesellschaft. Und
die Wissenschaftlermahnungen, die vor Jahren schon keiner mehr hören
wollte, bekommen neuen Drive. Der wöchentliche Protest ist für die
Herrschenden in Politik und Wirtschaft gefährlich, denn er gibt dem
bislang stillen, aber durchaus breiten Wunsch nach einer ökologischen
und sozial verträglichen Wende eine Stimme. Bleibt zu hoffen, dass
sich der Protest von der Politik nicht vereinnahmen oder abspeisen
lässt und sich Greta Thunbergs Ansage an die Erwachsenenwelt
bewahrheitet: »Das ist erst der Anfang vom Anfang.«
Pressekontakt:
neues deutschland
Redaktion
Telefon: 030/2978-1722
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