Mittelbayerische Zeitung: Ein Zeitplan für die Bahn / Der Verkehrsminister muss erklären, welche Leistungen die Bahn erbringen soll - und wie viel Geld er dafür ausgeben will. Von Christine Strasser
Geschrieben am 15-04-2019 |
Regensburg (ots) - In einem spektakulären Werbespot der Deutschen
Bahn, der im vergangenen Jahr herauskam, erwischt Rennfahrer Nico
Rosberg auf den letzten Drücker seinen ICE. Der ist natürlich total
überfüllt. Auf dem Weg zu seinem Sitzplatz drängelt und turnt er sich
durch eine indische Hochzeitsgesellschaft, stößt mit dem Schaffner
zusammen und muss auf Kleinkinder aufpassen, die auf dem Gang
krabbeln. Das alles macht dem ehemaligen Formel-1-Weltmeister aber
riesigen Spaß. Im gleichen Zug werden digitale Services der Bahn
vorgestellt, die alles leicht für die Bahnreisenden machen sollen.
Dazu läuft der Hit "The Passenger" von Iggy Pop. Als Rosberg dann
schließlich den gesamten Zug durchquert hat und an seinem
vermeintlichen Sitz ankommt, ist der schon besetzt. Iggy Pop sitzt
dort - mit freiem Oberkörper - und sagt in wunderbarstem Bahn-Deutsch
grinsend: "Sorry, geänderte Wagenreihung". Ein wenig Selbstironie
schadet nie. Aber bei der Deutschen Bahn (DB) ist auch dieser Zug
irgendwie abgefahren. Die Kunden verzeihen dem Konzern so gut wie
nichts mehr. Zu viel haben sie in den vergangenen Jahren mitgemacht.
Völlig egal, ob man sich durch die sozialen Medien klickt, an der
Supermarktkasse steht oder im Restaurant isst: Überall sind die
scharfzüngigen, bemüht ironischen, oft auch bloß wutgetränkten
Kommentare zu hören. Auf die Bahn zu schimpfen, ist einfach. Zu viele
Züge sind unpünktlich und zu voll. Die Tarife sind unüberschaubar.
Und wer spontan einsteigt, zahlt besonders hohe Preise für einen
Service, der oft schlecht und manchmal auch einfach gar nicht
vorhanden ist. Wer in Ostbayern auf den Zug wartet, denkt außerdem
oft ohnehin erst gar nicht in der Dimension ICE. Der schnellste Zug
der DB hält an den kleinen, gläsernen Wartehütten mit den stählernen
Gitterbänken, die vielerorts auf einen Streifen Beton gesetzt wurden,
in den allermeisten Fällen gar nicht. Kritik an der DB ist
berechtigt. Mehr Regionalzüge sind in Bayern zu spät gekommen als in
den Vorjahren. Kurzum: Das Image ist schlecht und nahezu jedes
Klischee stimmt. Die Empörungswelle, die regelmäßig über den Konzern
schwappt, führt trotzdem nicht weiter. Sie walzt jede sachliche
Diskussion platt. Ohne so eine Diskussion geht es aber nicht.
Inzwischen pendeln mehr als eine Million Menschen mit dem Zug zur
Arbeit, zwei Millionen Menschen leben in Fernbeziehungen. Die Zahl
der Fahrgäste der Bahn hat sich entsprechend seit 2002 um fast ein
Drittel erhöht. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen es bis
2030 sogar doppelt so viele Bahnreisende werden. Angesichts von
Klimawandel, verstopften Straßen und Luftverschmutzung in den Städten
hält sie es für wünschenswert, dass noch mehr Menschen Bahn fahren.
Viele Fahrgäste der Bahn stimmen da sicher zu. Sie erwarten aber
Besserungen bei Qualität und Pünktlichkeit. Vielleicht müssen diese
Besserungen gar nicht rasend schnell umgesetzt werden, aber die
Bahnfahrer würden gerne einfach einmal ein Licht am Ende des Tunnels
erkennen können. Damit kaputte Weichen, veraltete Züge und
Verspätungen den Bürgern das Bahnfahren nicht auf ewig vermiesen,
muss der Staat investieren. Das ist aber nur das eine. Denn auch in
den vergangenen Jahren sind Milliarden geflossen und trotzdem ist die
Misere heute groß. Noch mehr als Geld, braucht es also einen Plan.
Hier ist der Bund gefordert. Er muss seine Eigentümerroller ernsthaft
wahrnehmen. Verkehrsminister Andreas Scheuer muss eine klare Ansage
machen, welche Leistungen der Staat von der Bahn aus
verkehrspolitischer und aus ökologischer Sicht erwartet. Gleichzeitig
muss er sagen, was er dafür zu zahlen bereit ist. Im Anschluss muss
der Bahn-Vorstand auf dieser Grundlage einen Plan entwickeln und
diesen dann Zug um Zug umsetzen - nach einem klar vorgegebenen
Zeitplan.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
682828
weitere Artikel:
- NinjaRMM ernennt ehemaligen TeamViewer Geschäftsführer Andre Schindler zum Leiter der strategischen EMEA-Expansion Berlin (ots/PRNewswire) - NinjaRMM (https://c212.net/c/link/?t=0&l
=de&o=2435137-1&h=3403424294&u=https%3A%2F%2Fc212.net%2Fc%2Flink%2F%3
Ft%3D0%26l%3Den%26o%3D2435137-1%26h%3D3604306502%26u%3Dhttps%253A%252
F%252Fwww.ninjarmm.com%252F%26a%3DNinjaRMM&a=NinjaRMM), das die
IT-Verwaltung mit seiner leistungsstarken, einfach zu bedienenden
Remote-Überwachungs- und Verwaltungsplattform (RMM; Remote Monitoring
and Management ) umgestaltet, verstärkt mit der Ernennung von Andre
Schindler zum General Manager und VP für strategische mehr...
- Börsen-Zeitung: Marcus und Goliath / Kommentar zu den Quartalsergebnissen der US-Großbanken von Stefan Paravicini Frankfurt (ots) - Die US-Banken haben zum Jahresauftakt kräftig
Geld verdient. Mehr als 20 Mrd. Dollar Gewinn stehen nach den ersten
drei Monaten allein bei den Schwergewichten J.P. Morgan Chase, Citi
und Wells Fargo zu Buche. Der Branchenprimus schaffte mit mehr als
9 Mrd. Dollar den bisher größten Quartalsgewinn einer US-Bank
überhaupt. Aber auch Citi und Wells Fargo haben mit ihren
Ergebniszuwächsen die Erwartungen übertroffen, die in den vergangenen
Wochen allerdings deutlich zurückgenommen wurden.
Goldman Sachs schaffte mehr...
- Schlecht gepflegte Daten - die tickende Zeitbombe im Bereich AML Compliance Milliarden von Datenpunkten und 50 Jahre intelligentes Lernen -
FinScan® Kunden sind bestens ausgerüstet, um Fehlalarme (false
positives) bereits an der Quelle zu eliminieren
Pittsburgh (ots/PRNewswire) - Unzureichende Datenqualität stellt
die größte Herausforderung beim Compliance-Screening zur
erfolgreichen Bekämpfung der Geldwäsche (Anti-Money Laundering, AML)
dar. Laut einer aktuellen Umfrage sind 63% der
Compliance-Verantwortlichen der Ansicht, dass sie ihren Daten nicht
trauen können. Die Ironie besteht darin, dass Compliance-Beauftragte mehr...
- Rheinische Post: Kommentar: Auch im Sinne von VW Düsseldorf (ots) - Seit 2015 wird in Deutschland über die
Dieselaffäre, über Ansprüche von Kunden und Aktionären, über
Manager-Ethik und die Großspurigkeit von Autobossen diskutiert.
Deshalb ist es gut, dass nach dreieinhalb Jahren die Öffentlichkeit
endlich das Gefühl vermittelt bekommt, dass mögliche Verantwortliche
auch strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Damit ist nichts
über Schuld oder Unschuld von Martin Winterkorn gesagt. Die muss erst
noch ermittelt werden. Abseits der Publikumswirkung ist ein Prozess
auch ganz mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Martin Winterkorn Bielefeld (ots) - Die Anklage wegen schweren Betrugs gegen
Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere Topmanager des Konzerns
zeigt: Die Dieselaffäre ist für VW längst noch nicht ausgestanden.
Nun ist eine Anklage noch kein Urteil und bedeutet auch nicht
zwangsläufig einen Prozess. Doch angesichts der massiven Vorwürfe
dürfte eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflagen kaum in
Betracht kommen. Wer wusste wann was? Wie wurde vernebelt, vertuscht,
verniedlicht? Es sind peinliche Fragen, die auf Winterkorn und damit
indirekt mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|