Börsen-Zeitung: Nur ein Zwischenschritt / Kommentar zum neuen Regulierungsrahmen der EU für Banken von Andreas Heitker
Geschrieben am 16-04-2019 |
Frankfurt (ots) - Das Europaparlament hat gestern die erste große
Neujustierung im Regime der Bankenregulierung zum Abschluss gebracht,
das als Antwort auf die letzte Finanzkrise installiert worden war.
Die zahlreichen neuen Gesetze, die vom Plenum grünes Licht erhielten
und jetzt umgesetzt werden können, verschärfen unter anderem die
Kapitalanforderungen, verbessern die Abwicklungsregeln, führen
Proportionalität als bedeutenden Faktor in die Regulierung ein,
adressieren das Thema Geldwäsche adäquater und stärken zugleich die
Finanzaufsicht. Und bei aller Kritik, die man im Detail an den neuen
Anforderungen üben kann, bleibt doch eines festzuhalten: Das
europäische Bankensystem wird mit diesen Korrekturen
widerstandsfähiger. Das Finanzsystem ist auf eine künftige Krise
besser vorbereitet als auf die letzte.
Das lange und oft kontroverse Ringen innerhalb der
EU-Mitgliedstaaten und auch zwischen dem Rat und dem Parlament hat
sich damit gelohnt. Und es hat nebenbei auch noch die Basis gelegt
für weitere Reformen in der Wirtschafts- und Währungsunion: So wäre
etwa der Backstopp für den europäischen Bankenabwicklungsfonds, der
aktuell auf Ebene der Eurogruppe finalisiert wird, ohne eine
Einigung auf das Bankenpaket kaum durchsetzbar gewesen.
War es das nun erst einmal im Bereich der EU-Bankenregulierung?
Hat Brüssel für die nächsten Jahre erst einmal sein Pulver
verschossen hat? Beileibe nicht. Die nächste EU-Kommission - wie auch
immer sie aussehen mag - wird als Erstes Vorschläge für eine
Umsetzung von Basel IV auf den Tisch legen, was schon heute auch in
der deutschen Kreditwirtschaft für Unruhe sorgt. Und auch beim Thema
Proportionalität ist bislang nur ein Zwischenschritt erreicht worden.
Dass kürzlich bereits Bankenverbände aus neun EU-Staaten gemeinsam
dazu aufgerufen haben, kleinere Institute bei der Regulierung noch
stärker zu entlasten, spricht Bände.
Hinzu kommt: Einige Schwachstellen im System haben die
europäischen Gesetzgeber bisher angefasst. Dazu gehört vor allem eine
Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen. Und dazu gehört auch, bei
den faulen Krediten in den Bankbilanzen auch den Abbau der Altlasten
anzugehen.
Wichtig ist zunächst aber, die neuen Regeln, die das EU-Parlament
gestern durchgewinkt hat, auch konsequent anzuwenden. Denn gerade im
Bereich der Abwicklung muss der Grundsatz, wonach keine Steuergelder
mehr in die Bankenrettung fließen sollen, in Europa immer wieder neu
verteidigt werden.
(Börsen-Zeitung, 17.04.2019)
Pressekontakt:
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