Plastik: Mehr Kreislauf gegen die Krise gefordert / 120 Fachleute diskutierten bei DBU-Sommerakademie mögliche Lösungsansätze
Geschrieben am 20-06-2019 |
Loccum (ots) - "Wir brauchen Innovationen auf unterschiedlichen
Ebenen. Neben neuen Technologien brauchen wir auch neue
Geschäftsmodelle, um Kunststoffe im Kreislauf zu führen. Auch wenn es
noch offene Fragen gibt, die Zeit zum Handeln ist gekommen." - Dieses
Fazit zog Dr. Maximilian Hempel, Abteilungsleiter Umweltforschung der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), am Ende einer dreitägigen
Veranstaltung der DBU im niedersächsischen Loccum, bei der das
weltweite Plastikproblem im Mittelpunkt stand. Prof. Dr. Antje
Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts (Bremerhaven) und
DBU-Umweltpreisträgerin 2018, gab vor rund 120 Teilnehmern zu
bedenken, dass Meere und Ozeane Klimawandel, Überfischung,
Versauerung und Plastikmüll ausgesetzt seien. "Alles, was wir an Land
tun, hat Konsequenzen für das Meer", so Boetius. Die Ozeane seien
schon bis zum Nordpol und bis hinunter in die Tiefsee mit Plastik
belastet. Beim großräumigen Einsammeln von Plastik aus den Meeren
bestehe ein hohes ökologisches Schadenspotenzial.
5,4 Kilogramm Kunststoff landen pro Kopf und Jahr in der Umwelt
Deutlich gemacht wurden bei der DBU-Sommerakademie, die in
Kooperation mit der Evangelischen Akademie Loccum und dem
Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik
UMSICHT (Oberhausen) durchgeführt wurde, die besorgniserregenden
Fakten: Drei Viertel des Meeresabfalls bestünden aus Kunststoff. In
Spitzbergen nahe dem Nordpol zum Beispiel, so Boetius, sei die Menge
des angeschwemmten Mülls teilweise identisch mit dem Plastikaufkommen
in chinesischen Flüssen. Zehn Prozent davon komme aus Deutschland -
häufig aus der Fischerei. Plastik sei jedoch nicht nur in Ozeanen ein
Problem, sondern auch an Land. Jürgen Bertling vom
Fraunhofer-Institut UMSICHT machte deutlich: "Jeder Deutsche gibt pro
Jahr etwa 5,4 Kilogramm Kunststoffe in die Umwelt ab. Was wir davon
sehen, ist etwa ein Viertel." Drei Viertel würden wir nicht sehen -
Mikroplastik. Bertling: "Der Straßenverkehr ist auch das Sorgenkind
der Kunststoffproblematik, nicht nur des Klimaschutzes." Mit jährlich
rund 130.000 Tonnen Mikroplastik durch Reifenabrieb bedeute das einen
Spitzenplatz.
Mehr Kunststoffe in den Kreislauf bringen
Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies sprach von einer
großen gesellschaftlichen Verantwortung, da "das heutige Tun noch
viele Jahrhunderte lang Konsequenzen" habe. Auf die kritische Frage
einer der sechs Schülerinnen der Ursulaschule (Osnabrück), warum die
Politik nichts mache - die Schülerinnen interviewten die Redner für
einen Filmbeitrag zur Veranstaltung -, verwies Lies auf das seit rund
sechs Monaten gültige nationale Verpackungsgesetz. Es müsse
gesetzliche Rahmenbedingungen geben, in denen die Unternehmen gleiche
Wettbewerbschancen haben. Eine Lösung sah er auch bei der
Kreislaufwirtschaft: "Nichts darf mehr in den Umlauf gebracht werden,
bei dem nicht klar ist, dass es wieder genutzt wird." Derzeit würden
nur rund zwölf Prozent der Materialien stofflich verwertet. Auch hier
will die DBU noch mehr als bisher aktiv werden, um innovative
Projektideen von kleinen und mittelständischen Unternehmen aus der
Kreislaufwirtschaft zu fördern. Mit Verweis auf ein im April
gestartetes Sonderprogramm für Startups sagte Hempel: "Junge, grüne
Unternehmen sehen wir als vielversprechend an, um diesen großen
gesellschaftlichen Wandel verstärkt in Gang zu setzen." Neue
Geschäftsmodelle, die auf nachhaltige Digitalisierung setzten,
könnten wertvolle Impulse setzen.
Für Verbraucher sind Gewohnheiten größte Hürde für Wandel
Weitere Lösungsansätze diskutierten die Teilnehmer in
Arbeitskreisen. Neben dem Vermeiden von Kunststoffen, einem
rechtlichen und verlässlichen Rahmen mit Zielvereinbarungen sei auch
das Einpreisen der Umweltauswirkungen eine denkbare Stellschraube.
Kunststoffe seien aber nicht per se zu verteufeln. Die Unternehmen
müssten vorrangig qualitativ hochwertige und wiederverwertbare
Produkte herstellen. Schwer zu recycelnde Kunststoffe dagegen sollten
vom Markt genommen oder besteuert werden. Verantwortlich für einen
gesellschaftlichen Wandel seien sowohl die Gesetzgeber als auch die
Hersteller und der Handel sowie die Verbraucher selbst. Für die
Konsumenten stellten Gewohnheiten und Bequemlichkeit die größten
Hürden für Verhaltensänderungen dar, was aber durchbrochen werden
könne. Zum Beispiel, indem Exkursionen in Unverpackt-Läden angeboten
würden.
Pressekontakt:
Ansprechpartner
Franz-Georg Elpers
- Pressesprecher -
Kerstin Heemann
Jessica Bode
Kontakt DBU
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
0541|9633-521
0171|3812888
presse@dbu.de
www.dbu.de
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