Rheinische Post: Kommentar /
Sicherheitsarchitektur muss auf den Prüfstand
= Von Gregor Mayntz
Geschrieben am 27-06-2019 |
Düsseldorf (ots) - Welche Dimension das Rechtsextremismusproblem
in Deutschland angenommen hat, wird durch den Waffenfund im Versteck
des mutmaßlichen Lübcke-Mörders klar: Da lag nicht nur die Pistole,
mit der offenkundig der Kasseler Regierungspräsident erschossen
wurde. Da lagen auch eine Pump-Gun und eine Maschinenpistole. Von
diesem Befund bis zu den Szenarien von Anschlägen mit vielen Toten
ist es nicht weit. Während die Sicherheitsbehörden sich international
mit den Diensten anderer Länder so gut vernetzten, dass sie einen
Anschlag islamistischer Terroristen nach dem anderen verhindern
konnten, haben sich Neonazis in Deutschland offenbar massiv
bewaffnet.
Der Mord an Walter Lübcke muss deshalb zur Überprüfung der
Sicherheitsarchitektur führen. Der zahlenmäßig größere
Linksextremismus, die wiederholten, lokal fast bürgerkriegsähnlichen
Ausschreitungen in Berlin, Frankfurt und Hamburg im Kampf gegen das
"System" haben die Sinne für die Gefährdungen der Demokratie an einer
Stelle geschärft. Dagegen schienen Bedrohungen durch Glatzen,
Springerstiefel und rassistische Musik nebenbei beherrschbar.
Waffentraining einschlägiger Neonazis in Osteuropa wurde zwar
bemerkt. Doch erst als die Sicherheitsbehörden in Chemnitz letzten
Sommer von den Fähigkeiten der rechtsextremistischen Szene überrascht
waren, binnen Stunden Tausende zu Protesten auf die Straße zu
bringen, begannen die Neuplanungen: Dringend brauchten die
Sicherheitsbehörden nun mehr Ermittler und Analysten gegen den
Rechtsextremismus.
Ganz offenkundig sind die Konsequenzen aus den jahrelangen
Fehlgriffen der Behörden im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie nicht
rechtzeitig gezogen worden. Nun muss das mit Höchsttempo nachgeholt
werden.
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Rheinische Post
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Telefon: (0211) 505-2627
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