BERLINER MORGENPOST: In der Eskalationsfalle / Leitartikel von Michael Backfisch zu USA-Iran
Geschrieben am 05-07-2019 |
Berlin (ots) - Kurzform: Die Aussichten sind düster. Die Akteure
in Washington und Teheran sind derart ineinander verbissen, dass nur
eine dritte Kraft einen Weg aus dem Dilemma zeigen könnte. Europäer,
Russen und Chinesen müssten den Iran über die Atom-Frage hinaus zu
Zugeständnissen bewegen - und zwar mit üppigen wirtschaftlichen
Anreizen, die dieser nicht ablehnen kann. Warum nicht eine
diplomatische Großoffensive?
Der vollständige Leitartikel: Die Geschichte des Atom-Streits
zwischen Amerika und dem Iran ist eine Geschichte von sich
gegenseitig hochschaukelnden Eskalationen. US-Präsident Donald Trump
war das Nuklearabkommen, das sein Amtsvorgänger Barack Obama mit
ausgehandelt hatte, von Beginn an ein Dorn im Auge. Er gibt sich
nicht zufrieden mit einem auf mindestens zehn Jahre befristeten
Vertrag. Er will die Mullahs durch harsche Sanktionen in die Knie
zwingen. Also: Kernwaffenverzicht für immer, Stopp des
Raketenprogramms und Einstellung der Hilfe für schiitische Milizen
zwischen Libanon und Jemen. Das Problem besteht darin, dass Trump
Drittstaaten in Mithaftung nimmt. Fast alle europäischen Firmen haben
den Iran verlassen, weil sie ihr US-Geschäft nicht verlieren wollen.
Teheran fühlt sich durch diese Sanktionskeule verraten. Das Kalkül
der Regierung - Rücknahme der Strafmaßnahmen gegen Absage an
Atomwaffen - ging nicht auf. Der Handelsboykott der Amerikaner
erstickte jegliche wirtschaftliche Erholung im Keim. Insbesondere die
drastische Reduzierung der Öl-Exporte trifft den Iran hart. Die
Führung versuchte im Gegenzug, durch dosierte Nadelstiche ihr
Eskalationspotenzial aufblitzen zu lassen. Die Angriffe gegen Tanker
im Persischen Golf tragen die Handschrift der iranischen
Revolutionsgarden oder verbündeter Kräfte. Die nächste Stufe ist eine
zunächst begrenzte Verletzung des Nuklearvertrags. Teheran will ab
Sonntag Uran höher anreichern als erlaubt. Dies ist vor allem an die
Adresse der Europäer gerichtet. Sie sollen durch die unausgesprochene
Drohung, der Iran bewege sich Schritt für Schritt Richtung Atombombe,
weichgeklopft werden und für eine Kompensation der US-Sanktionen
sorgen. Man darf annehmen, dass der Iran den Kurs der stufenweisen
Eskalation nicht überreizt. Die Regierung müsste bei einem eklatanten
Verstoß des Nuklearabkommens damit rechnen, dass der
UN-Sicherheitsrat in voller Breite Strafmaßnahmen verhängt.
Andererseits sitzt die Führung in Teheran in der Eskalationsfalle.
Die Talfahrt der eigenen Wirtschaft, die galoppierende Inflation
könnten die Hardliner zu unüberlegten Handlungen verleiten. Auch
Trump ist in der Konflikt-Mechanik gefangen. Er hat die Mullahs mit
seinem in letzter Minute abgeblasenen Militäreinsatz einschüchtern
wollen. Der Chef des Weißen Hauses liebt den Auftritt als Muskelmann.
Nicht auszuschließen, dass er in einem gewissen Moment Luftschläge
auf einzelne Ziele im Iran anordnet. Zumal die Präsidentschaftswahl
im nächsten Jahr ihre Schatten vorauswirft. Einstweilen baut Trump
jedoch auf wirtschaftlichen Druck und das Apokalypse-Szenario. Sollte
sich die iranische Wirtschaft dem Kollaps nähern, wird sich die
Regierung schon bewegen, lautet seine Marschroute. Zwischen Berlin,
Paris und London sieht man das wesentlich skeptischer. Intern ist von
einer Venezuela-Variante die Rede. Im ökonomischen Chaos könnten die
Revolutionsgarden in Teheran das Ruder übernehmen, wird befürchtet.
Massenelend würde mit politischer Unterdrückung einhergehen - wie im
Regime des venezolanischen Machthabers Nicolás Maduro. All diese
Aussichten sind düster. Die Akteure in Washington und Teheran sind
derart ineinander verbissen, dass nur eine dritte Kraft einen Weg aus
dem Dilemma zeigen könnte. Europäer, Russen und Chinesen müssten den
Iran über die Atom-Frage hinaus zu Zugeständnissen bewegen - und zwar
mit üppigen wirtschaftlichen Anreizen, die dieser nicht ablehnen
kann. Warum nicht eine diplomatische Großoffensive?
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