Dobrindts "Thermofenster": Ziviljustiz zeigt Courage und stellt sich gegen das fragwürdige Gebaren des KBA / Gerichte stufen das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung ein
Geschrieben am 08-07-2019 |
Köln (ots) - In einer Verfügung vom 24.06.2019, Az. 54 O 240/19,
äußerte sich das Landgericht Ingolstadt grundlegend zum sogenannten
"Thermofenster". VW ließ in dem Verfahren Folgendes vortragen: "In
dem Fahrzeug wird zur Reduktion des Stickoxidausstoßes die sog.
Abgasrückführung eingesetzt. [...] Daher wird die Abgasrückführung
bei kühleren Temperaturen zurückgefahren, eine signifikante Reduktion
erfolgt jedoch erst bei einer Temperatur von 5 Grad Celsius und
weniger." Die Argumentation verkehre nach Ansicht des Gerichts im
Ergebnis das Regel-Ausnahme-Verhältnis ins Gegenteil und führe anders
als vom Gesetzgeber beabsichtigt, nicht bloß zu einer punktuellen
Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots von Abschalteinrichtungen.
Das sog. Thermofenster im Niedertemperaturbereich falle unter keinen
der im Gesetz genannten Ausnahmetatbestände. Weder geht es vorliegend
um eine Einrichtung, die lediglich beim Motorstart Verwendung findet
noch greift die Abschalteinrichtung ein, weil dies gerade durch das
Prüfverfahren zur Emissionsmessung vorgegeben wird.
Sofern der Abschluss der Untersuchungskommission des
Bundesverkehrsministerium abschließend feststelle, dass die
Verwendung einer Abschalteinrichtung "stets" gerechtfertigt sein
kann, wenn dies - unabhängig von dem konkret drohenden Schaden -
nachvollziehbar mit Aspekten des Motorschutzes begründet wird,
verkennt dies die von Gesetzes wegen gezogene zeitliche Grenze. Die
Ausnahmetatbestände würden zwar keine in Zeiteinheiten ausgedrückten
Regelungen enthalten, allerdings sei erkennbar, dass die Vorschrift
für den zulässigen Einsatz einer Abschalteinrichtung mit der
Anlassphase des Motors und dem Prüfzyklus zwei eng abgrenzte
Zeitfenster benennt. Eine Auslegung dahingehend, dass der Aspekt des
Motor- und Bauteilschutzes ohne zeitliche Begrenzung zur
Durchbrechung des Verbotes ausreichen kann, ließe sich nicht
widerspruchsfrei begründen.
In dieselbe Kerbe schlug laut Rechtsanwalt Tobias Ulbrich, Partner
der Kanzlei Rogert & Ulbrich, auch das OLG Karlsruhe in zwei
mündlichen Verhandlungen am 02. Juli 2019. In beiden Verfahren geht
es um Audi Q5 mit 3.0l-Motoren der Schadstoffklasse Euro 5. Der Senat
äußerte sich dahingehend, die Verwendung des Thermofensters in den
Modellen als illegale Abschaltvorrichtung einstufen zu wollen (Az. 17
U 257/18 und 17 U 294/18).
Dieselbe Richtung schlägt auch das Landgericht in Stuttgart ein.
Auch dieses hat bereits in mehreren Urteilen ein Thermofenster als
illegale Abschaltvorrichtung qualifiziert - und zwar sowohl bei
Modellen aus dem Volkswagenkonzern als auch bei solchen von Mercedes
(u.a. Urt. vom 25.06.2019, Az. 23 O 127/18; Urt. vom 08.01.2019, 7 O
265/18).
Rechtsanwalt Prof. Dr. Rogert erläutert die Bedeutung dieser
Entwicklung wie folgt: "Das spannende an den Entscheidungen und
Hinweisen: Ein Großteil der Euro 5-Diesel von Daimler, VW, Audi,
Seat, Skoda und Porsche weist ein solches "Thermofenster" auf, die
betroffenen Fahrzeuge wurden aber nicht zurückgerufen. Warum nicht?
Das KBA hält das "Thermofenster", eine Wortschöpfung von
Ex-Verkehrsminister Dobrindt, nicht für unzulässig. Worum geht es?
Das "Thermofenster" ist ein Temperaturintervall, in dem die
Abgasrückführung zur Abgasreinigung voll funktionstüchtig ist.
Außerhalb dieses Fensters fahren die Fahrzeuge mit reduzierter oder
gar keiner Abgasreinigung. Nach der einschlägigen EU-Verordnung
handelt es sich zweifelsfrei um eine Abschalteinrichtung. Zulässig
könnte diese nach der Verordnung nur dann sein, wenn sie zwingend zum
Motoren- oder Bauteilschutz erforderlich wäre.
Das behaupten mehrere Hersteller, ist aber hochgradig zweifelhaft,
weil die tatsächliche Ausgestaltung des "Thermofensters" gerichtet
auf eine deutliche Reduzierung der Abgasreinigung schon oft bei unter
10 Grad Celsius technisch nicht zu begründen ist. Die
durchschnittliche Temperatur in Deutschland beträgt 9 Grad! Das auch
sonst im Abgasskandal zurecht in der Kritik stehende KBA sieht darin
kein Problem. Wir schon. Die Justiz gibt uns immer häufiger Recht.
Die Folge: Euro 5 Diesel mit "Thermofenster" können immer häufiger im
Wege der Schadenersatzklage zu günstigen wirtschaftlichen Konditionen
zurückgegeben werden."
Kontakt:
Dirk Fuhrhop
Rechtsanwalt
Rogert & Ulbrich
Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Ottostr. 12
50859 Köln
Telefon: (0049) (0)211/731 62 76-19
Fax: (0049) (0)211/25 03-132
E-Mail: fuhrhop@ru-law.de
Homepage: www.ru-law.de
Original-Content von: Rogert & Ulbrich, übermittelt durch news aktuell
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