Rheinische Post: Kommentar: Europa ganz - oder gar nicht
Geschrieben am 15-07-2019 |
Düsseldorf (ots) - Die Kandidatin setzt alles auf eine Karte.
Ursula von der Leyen will dieses höchste politische Amt der
Europäischen Union. Damit es darüber keine Zweifel gibt, wählt sie
das Ticket ohne Rückfahrkarte nach Berlin. Sie will als
Verteidigungsministerin zurücktreten, egal, wie für sie die Wahl in
Brüssel ausgeht. Und das ist konsequent. Europa ganz - oder gar
nicht. Jetzt zählt jede Stimme. Ob es ihr auch egal ist, von wem sie
Stimmen für eine Mehrheit bekommt? Von Europaskeptikern der
italienischen Lega, polnischen PiS, ungarischen Fidesz? Es wäre eine
Hypothek für ihre Amtsführung. Von der Leyen wird auch aus diesem
Grund ihre Vorstellungen bei Klima, Initiativrecht des Parlamentes
oder dem Prinzip der Spitzenkandidaten nachgeschärft haben, um doch
noch Sozialdemokraten und Grüne für sich zu gewinnen und möglichst
viele Liberale bei sich zu halten. Doch eines ist auch gewiss: Sollte
von der Leyen die absolute Mehrheit verfehlen, löst dies weder eine
Staatskrise in Deutschland, noch eine Krise der Institutionen in
Europa aus - und schon gar keine Verfassungskrise. Allerdings dürfte
die große Koalition in Berlin erneut erheblich durchgeschüttelt
werden - mit ungewissen Folgen. Erst das Land, dann die Partei. Vor
allem aber: Europa. Würden sich die 16 deutschen SPD-Abgeordneten im
Europaparlament daran orientieren, wäre ihr Votum für von der Leyen
klar. Doch die SPD-Parlamentarier handeln kleingeistig. Die SPD
bringt sich mit derlei Blockade nicht zurück auf die Gewinnerstraße,
auch wenn richtig ist, dass von der Leyen im Verteidigungsministerium
entgegen eigener Positiv-Propaganda mehr unerledigte Baustellen hat,
als ihrer Erfolgsgeschichte gut tun. Von der Leyen hat nur einen
Aufschlag. Und dieser Aufschlag muss sitzen.
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Rheinische Post
Redaktion
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