Mittelbayerische Zeitung: Der echte Härtetest kommt erst / Der Bienenpakt ist nur dann ein Erfolg, wenn mehr Artenschutz deutliche Wirkung entfaltet. Leitartikel von Christine Schröpf
Geschrieben am 17-07-2019 |
Regensburg (ots) - Die Zeit der Debatten und des Dampfablassens
ist vorüber. Nun kommt das Bienenschutz-Gesetz in den Praxistest: Die
Landwirte werden rasch merken, dass viele der befürchteten
Nebenwirkungen durch Begleitgesetz, Maßnahmenkatalog und Finanzhilfen
in Höhe von jährlich 70 Millionen Euro gut abgepuffert sind. Wo sich
Lücken zeigen, wird sicher nachjustiert. Am wichtigsten aber ist nun,
dass sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigt, dass deutlich
mehr Artenschutz auch spürbare Wirkung entfaltet. Sonst wäre alles
ein teurer Fehlschuss. Die Zeichen stehen aber gut. Das Volksbegehren
schafft neue Freiräume für die Natur, wenn auch deutlich zu Lasten
der Bauern. Sie werden zu Recht noch Hadern, bis sich alles
eingespielt hat. Erstmals werden mit Streuobstwiesen und artenreichem
Dauergrünland auch Grundstücke zu Biotopen deklariert, die
wirtschaftlich genutzt und damit eine wichtige Einnahmequelle sind.
Spannender Nebeneffekt: Ministerpräsident Markus Söder hat die
schwarz-orange Koalition in den vergangenen Monaten beharrlich auf
Klimakurs gelenkt. Welch große Dehnungsschmerzen das manchem
Politiker der CSU und vor allem der Freien Wähler bereitet, war bei
der Landtagsabstimmung zu sehen. Die sechs Freien Wähler, die mit
Nein votierten, und die zwei CSU-Abgeordneten, die sich enthielten,
sind nur die Spitze. Das neue grüne Gewissen wächst in
unterschiedlichem Tempo. Söder, der für Klimaschutz von vornherein
empfänglich gewesen ist, aber natürlich auch ein besonders feines
Radar für die Zeichen der Zeit hat, spielt das
Artenschutz-Volksbegehren in die Hände. Ohne Druck von außen hätte er
die CSU-Fraktion deutlich schwerer in Bewegung gebracht. Die
Konstellation ähnelt Problemlagen, denen auch Amtsvorgänger Horst
Seehofer mehrfach ausgesetzt war. Einen Unterschied gibt es: Seehofer
ließ die Fraktion gerne erst ins Niemandsland laufen, um dann ein
Machtwort zu sprechen. Söder grätscht sofort hinein, achtet aber
darauf, dass Zweifler das Gesicht wahren können - in diesem Fall
speziell Koalitionspartner Aiwanger. Das mehrheitliche Ja zum
Bienenpakt torpediert allerdings eine Allianz, die unauflöslich
schien: CSU und Landwirte tickten bisher im Einklang. Wünsche aus der
höchst verlässlichen konservativen Wählerklientel wurden zügig und
möglichst vollständig erfüllt. Das gilt jetzt nicht mehr. Zur
Wahrheit gehört allerdings, dass sich parallel auch die Landwirte
längst mehr verändert haben, als es manchmal den Anschein hat. Eine
wachsende Zahl der Bauern erkennt, dass es nicht ohne Neuausrichtung
geht. Die AfD, die sich mit kompromissloser Konfrontation gegen das
Volksbegehren als neue politische Heimat anbietet, verkennt das.
Zudem zeigt die Partei mit der angekündigten Klage vor dem
Bayerischen Verfassungsgerichtshof keine Scheu vor
Widersprüchlichkeiten: Man sieht zwar mehr Volksbeteiligung als
eigenen Markenkern, will aber das Bienen-Volksbegehren gerne
nachträglich einkassieren. Man stört sich am Begleitgesetz, weil es
Kernpunkte des Volksbegehrens verwässere, deklariert aber schon mal
die Staatsregierung als Sündenbock, falls bei einem Erfolg der Klage
Ausgleichszahlungen an Bauern gekippt werden. Nach der skurrilen
AfD-Logik wäre Schwarz-Orange dann übrigens in der Pflicht,
Hilfspakete erneut auf den Weg zu bringen. Eine abseitige Debatte.
Tatsächlich ist das Schmieden des Bienenpakts ein beeindruckendes
Beispiel für gute Demokratie. ÖDP samt Mitstreitern sowie
Staatsregierung haben ohne Scheuklappen um Lösungen gerungen.
Natürlich gibt es im Gesamtverfahren von Regierungsseite noch
Optimierungspotenzial: Flankierende Verbesserungsvorschläge der
Landtags-Opposition künftig nicht mehr reflexartig abzulehnen, wäre
ein guter Anfang.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
694951
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Kommentar /
Angeschlagen, aber mutig ins volle Risiko
= Von Kristina Dunz Düsseldorf (ots) - Erst gerät sie in eine Schlangengrube, nun
bekommt sie noch einen Schleudersitz dazu. Die angeschlagene
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat jetzt zwei Großbaustellen.
Sie muss eine sensible, durchdachte und moderne Strategie entwickeln,
um ihre Volkspartei in Zeiten der Zersplitterung vor dem Schicksal
europäischer Schwesterparteien zu bewahren: vor dem Untergang. Und
sie muss sich in einem Ministerium behaupten, das schon immer als
besonders skandalanfällig und ob der möglichen Eigendynamik der
Militärs mehr...
- Rheinische Post: Kommentar /
Flüge teurer machen, aber richtig
= Von Reinhard Kowalewsky Düsseldorf (ots) - Im Grundsatz hat Bundesumweltministerin Svenja
Schulze (SPD) mit ihrem Vorstoß recht: Fliegen ist nach Jahren des
Preisverfalls zu billig geworden. Es ist umweltpolitisch ein Skandal,
dass Flüge ab Düsseldorf nach Berlin, Paris oder München oft billiger
sind als die Bahn. Und es ist ja offensichtlich, dass die bisherige
Luftverkehrsabgabe und die Einbeziehung des europäischen Luftverkehrs
in den Zertifikatehandel für CO2-Emissionen die Ticketpreise nur
minimal beeinflussen. Sonst wäre es undenkbar, dass viele Flüge mehr...
- Westfalen-Blatt: ein Leitartikel zu AKK und von der Leyen Bielefeld (ots) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zu ihrem
65. Geburtstag gleich zwei Geschenke selbst gemacht. Ursula von der
Leyen sitzt künftig an den Hebeln der Machtzentrale Europas. Und eine
weitere Vertraute, Annegret Kramp-Karrenbauer, ist als neue
Bundesverteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende wieder ins Rennen
um die Kanzlerschaft zurückgekehrt. Merkel hat mit ihrem Schachspiel
um die Macht gleich mehrere - auch eigene - Probleme auf einmal aus
dem Weg geräumt. Ursula von der Leyen hatte mittlerweile einen derart mehr...
- Westfalen-Blatt: ein Kommentar zur Masern-Impfpflicht Bielefeld (ots) - Gut, dass Jens Spahn nicht Verteidigungsminister
wird. Um den Schwung, den er ins Gesundheitsministerium gebracht hat,
wäre es wirklich schade gewesen. Nun lässt sich an den Vorhaben des
CDU-Hoffnungsträgers durchaus das eine oder andere aussetzen. Sein
Vorstoß für die Widerspruchslösung bei der Organspende greift zu sehr
in das Selbstbestimmungsrecht ein. Seine Apothekenreform beschränkt
den Wettbewerb durch die Online-Apotheken zu stark. Dafür bleibt
seine Masern-Impfpflicht auf halbem Weg stehen. Aber in allen drei mehr...
- Westfalen-Blatt: ein Kommentar zu E-Scooter Bielefeld (ots) - Die Einführung der E-Scooter im deutschen
Straßenverkehr war so etwas wie ein Lieblingsprojekt von
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Und ja: Das Vorhaben
war letztlich zu wenig durchdacht. Der Deutsche Städtetag betont,
dass er vor Konflikten in den Innenstädten gewarnt habe. Doch das
Problem sind nicht die E-Tretroller im Straßenverkehr an sich.
Schwarze Schafe sind auch im Auto, auf dem Fahrrad oder gar zu Fuß
unterwegs. Das Problem sind vielmehr die zahlreichen Anbieter, bei
denen sich Kunden - vor mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|