Börsen-Zeitung: Ein (zu) hoher Preis,
Kommentar zur Geldpolitik der EZB von Mark Schrörs
Geschrieben am 25-07-2019 |
Frankfurt (ots) - Vor sieben Jahren hat EZB-Präsident Mario Draghi
in seiner berühmten "Whatever-it-takes"-Rede versprochen, alles zu
tun, was nötig ist, um den Euro zu schützen - versehen mit dem
Zusatz: "Und glauben Sie mir, es wird reichen." Am Donnerstag nun hat
Draghi quasi in Analogie zu damals versprochen, alles zu tun, was
nötig ist, um das 2-Prozent-Inflationsziel der EZB zu erreichen. Nun
aber sind erhebliche Zweifel angebracht, ob es reichen wird.
Wichtiger aber noch, weil bedenklicher: Der Preis droht (zu) hoch zu
sein.
Draghi hat de facto für September ein umfangreiches
Lockerungspaket angekündigt. Neben einer weiteren Schärfung des
Zinsausblicks (Forward Guidance) und einer neuerlichen Zinssenkung
dürfte das auch die Neuauflage breiter Wertpapierkäufe (Quantitative
Easing, QE) umfassen. Der geldpolitische Ausnahmezustand wird so
zementiert und die geldpolitische Normalisierung auf den
Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt.
Nun ist unbestritten, dass es um die Euro-Wirtschaft nicht zum
Besten bestellt ist. Der neuerliche deutliche Rückgang beim
Ifo-Geschäftsklima hat das klar dokumentiert. Für Schwarzmalerei und
eine Geldpolitik im Weltfinanzkrisen- oder
Deflationsverhinderungsmodus besteht aber kein Anlass. Die EZB muss
auch aufpassen, nicht selbst mit zu düsteren Worten zu Attentismus
beim Konsum und den Investitionen beizutragen.
Vor allem aber stößt die EZB auch längst an Grenzen. Bei Null- und
Negativzinsen und einer auf rund 40 Prozent des
Euroland-Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufgeblähten Notenbankbilanz ist
der realwirtschaftliche Nutzen weiterer Zinssenkungen und neuer
Wertpapierkäufe mehr als fraglich. Draghi & Co argumentieren, dass
die EZB bei einem Verfehlen des Inflationsziels nicht einfach die
Hände in den Schoß legen könne. Aber es macht auch keinen Sinn,
kurzfristig verzweifelt einem Inflationsziel hinterher zu hecheln
mittels Maßnahmen, die mittel- und langfristig enorme Risiken bergen
- für die Finanzstabilität wie das Wachstum.
Wichtiger als noch billigeres Geld ist jetzt eine Lösung der
globalen Handelskonflikte und ein entschlossenerer Einsatz der
Fiskalpolitik - wo nötig und möglich. Der Widerstand in Berlin gegen
mehr öffentliche Investitionen ist da genauso frustrierend wie die
Minimalstkompromisse beim Eurozonen-Budget.
Bei seiner ersten Zinssitzung im November 2011 hat Draghi alle mit
einer Zinssenkung überrascht. Kurz vor seinem Amtsende zurrt er nun
erneut eine erhebliche Lockerung der EZB-Politik fest. Das ist keine
gute Nachricht - und das sollte auch der Politik Mahnung sein, die
EZB nicht länger allein zu lassen.
Pressekontakt:
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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