70 Jahre Soziale Marktwirtschaft: ein Grund zum Feiern, einiger Anlass für Reformen
Geschrieben am 20-08-2019 |
Frankfurt (ots) -
- Mit Sozialer Marktwirtschaft Versechsfachung des Wohlstands in
Deutschland seit 1950
- Wirtschaftsstärke und sozialer Ausgleich herausragend vereint
- Sicherung des Arbeitskräftepotentials erforderlich
- Stärkung von Investitionen, Innovationen und Ausbau der
Digitalisierung dringend geboten
Die Soziale Marktwirtschaft ist 70 geworden. Ein Grund zum Feiern,
denn sie hat Deutschland und anderen Industrieländern den größten
Wohlstand und die höchste Lebenszufriedenheit gebracht. Eine aktuelle
Studie von KfW Research analysiert die Erfolge und zeigt drängenden
Reformbedarf auf.
Nur wenige Länder auf der Welt haben es zu höherem Wohlstand
gebracht. Deutschland kann eine große Zufriedenheit der Bevölkerung
mit ihren Lebensumständen verzeichnen und lag im Jahr 2017 mit seinem
Pro-Kopf-BIP weltweit an achtzehnter Stelle von fast 200 Staaten.
Aber es gibt auch erhebliche Kritik an den wirtschaftlichen
Verhältnissen in Deutschland, die eine Gefährdung des Wachstums durch
zu hohe Abgaben befürchtet. Weiter gibt es eine Diskussion um die
gestiegenen Einkommensunterschiede und Forderungen nach einer
stärkeren Umverteilung. Zudem werden Reformen angemahnt, um die
Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu sichern.
"Die Kritik ist gerechtfertigt, wo der Reformbedarf drängt. Wir
müssen mehr tun, um ökologisch nachhaltig das Wachstum zu stärken,
und wir müssen wachsenden Einkommensunterschieden durch mehr
Chancengleichheit im Bildungssystem und Stärkung strukturschwacher
Regionen entgegen wirken. Dennoch gilt es zu betonen, dass mit
sozialer Marktwirtschaft seit 1950 eine Versechsfachung des
allgemeinen Wohlstands in Deutschland stattgefunden hat ", sagt
Studienautor Martin Müller, Deutschlandexperte im Research der KfW
Bankengruppe.
Die zentralen Ergebnisse der Studie:
- Keine Hemmung der unternehmerischen Initiative allein durch hohe
Steuern und Sozialabgaben
Allein durch eine hohe Abgabenquote lässt sich eine Hemmung von
unternehmerischer Initiative und Wirtschaftswachstum nicht belegen.
Die Steuer- und Abgabenquote lag 2018 bei 40,5 % des
Bruttoinlandsprodukts, der höchste Stand seit dem Jahr 2000.
Deutschland liegt damit aber nur im Mittelfeld der Industrieländer.
Sowohl Industrieländer mit niedrigen Abgabenquoten als auch solche
mit relativ hohen sind sehr erfolgreich.
- Sozialer Ausgleich kommt in Deutschland nicht zu kurz
Dank konsequenter Arbeitsmarktreformen hat Deutschland die
zweitniedrigste Arbeitslosenquote in der EU. Die Unterschiede
zwischen den Markteinkommen haben zwar zugenommen, aber die
Umverteilung halbiert sie nahezu. Nur in wenigen Industrieländern
sind die Einkommen gleicher verteilt als in Deutschland.
Die Ausgaben für Soziale Sicherung sind in Deutschland seit 1991
auf ein Rekordhoch gestiegen. Nur zwei EU-Länder gewähren pro Kopf
der Bevölkerung höhere Sozialleistungen.
Die Vermögensunterschiede in Deutschland sind hoch. Aber jeder
Gutverdiener kann mit Sparsamkeit und guter Geldanlage zu den
vermögendsten zehn Prozent der Bevölkerung aufsteigen. Das zeigt die
Studie anhand von Analysen der Deutschen Bundesbank und des IAB. Die
Unterschiede reduzieren sich zudem erheblich, wenn man
Rentenansprüche berücksichtigt und nach Lebensalter differenziert.
"Dennoch gibt es sozialpolitischen Handlungsbedarf. Es müssen
weitere Anstrengungen unternommen werden, um Vollbeschäftigung zu
erreichen, und in Ballungsregionen muss Wohnraum für Gering- und
Mittelverdiener bezahlbar gehalten werden," sagt Martin Müller.
Rufe nach weitreichenden Reformen in Deutschland gerechtfertigt
Reformbedarf ergibt sich aktuell weniger aus der Abgabenhöhe oder der
sozialen Lage. Er resultiert vielmehr aus vier drängenden
Herausforderungen:
1)Sicherung des Arbeitskräftepotenzials gegen die demografische
Entwicklung
Das Erwerbspersonenpotenzial dürfte ohne Gegenmaßnahmen bis 2040
um bis zu 4,6 Millionen Erwerbspersonen schrumpfen. Die zu
befürchtenden Folgen wären ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit,
wachsende Lücken im Güter- und Dienstleistungsangebot und zunehmende
Verteilungskonflikte.
2)Stärkung des Zusammenhalts der EU und Bemühen um Kooperation im
Welthandel
Die EU muss dringend Investitionen und Innovationen stärken,
Staatsfinanzen und Bankensektor konsolidieren. Erforderlich ist auch
der Einsatz für geordneten freien Welthandel unter Mitwirkung der USA
und China. Doch sollten Deutschland und die EU in Konflikten ihre
legitimen Interessen wahren.
3)Die Digitalisierung erfolgreich voranbringen
Deutschland muss bei der Digitalisierung seine
Wettbewerbsfähigkeit sichern, da sie alle Wirtschafsbereiche
durchdringt. Zudem birgt Digitalisierung die Chance, über technischen
Fortschritt den Fachkräftemangel einzudämmen. Auch ländliche Regionen
müssen mit wettbewerbsfähiger digitaler Infrastruktur ausgestattet
werden, da sie sonst den Anschluss verlieren.
4)Energiewende und ökologisch nachhaltiges Wachstum
Nach anfangs beachtlichen Erfolgen stockt seit 2009 der Rückgang
der CO2-Emissionen in Deutschland. Es bedarf daher dringend weiterer
Impulse. Für wirksamen Klimaschutz muss die Wende aber weltweit
gelingen. Dafür müssen wettbewerbsfähige CO2-Vermeidungstechnologien
die treibhausgasintensiven Technologien global verdrängen.
Deutschland und andere Staaten der Klimaallianz können diese
Technologien voranbringen. Die Deckung des weltweiten Bedarfs stellt
auch für Deutschland eine große wirtschaftliche Chance dar. Wirksame
Preise für den CO2-Ausstoß können einen volkswirtschaftlich
kosteneffizienten Beitrag dazu leisten.
Die vollständige Studie finden Sie unter: http://ots.de/mB95xt
Pressekontakt:
KfW, Palmengartenstr. 5 - 9, 60325 Frankfurt
Kommunikation (KOM)
Christine Volk
Tel. +49 (0)69 7431 3867, Fax: +49 (0)69 7431 3266,
E-Mail: Christine.Volk@kfw.de, Internet: www.kfw.de
Original-Content von: KfW, übermittelt durch news aktuell
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