Allg. Zeitung Mainz: Verachtung / Kommentar von Christian Knatz zur Beamten-Umfrage
Geschrieben am 20-08-2019 |
Mainz (ots) - So lange ist es noch nicht her, dass
Staatsbedienstete darauf vertrauen konnten, dass ihnen von Amts wegen
der Rest der Menschheit eine Mischung aus Ehrfurcht und auch ein
bisschen Furcht entgegenbringt. Inzwischen tritt der öffentliche
Dienst, zumindest im Prinzip, nicht mehr als Obrigkeit dem Untertan
gegenüber, sondern als Dienstleister dem Kunden. Sein Dienst aber
wird ihm schlecht gedankt, wie die Ergebnisse der Forsa-Erhebung
zeigen. Ausgerechnet diejenigen, die von Berufs wegen dem Gemeinwohl
verpflichtet sind und hoheitliche Aufgaben erfüllen, sind offenbar
nicht nur den Spielarten der Respektlosigkeit, sondern auch
handfesten Attacken ausgesetzt. Damit wird zur Gewissheit, was
spektakuläre Fälle nahelegten: Gaffer, die Rettungskräfte behindern,
beleidigen und angreifen;Bezieher von Leistungen, die im Sozialamt
zur Waffe greifen. Darin ein Symptom für die Verrohung der
Gesellschaft zu sehen, liegt nahe. Dass es Repräsentanten des Staates
mit besonderer Härte trifft, deutet aber noch auf eine weitere
Fehlentwicklung hin. Über Jahre sind auch hier die vielzitierten
Grenzen des Sagbaren verschoben worden bis zu dem Punkt, an dem es
völlig in Ordnung zu sein scheint, öffentliche Institutionen zu
verachten und dies auch kundzutun. Im politischen Diskurs wie am
Stammtisch hat der Topos vom versagenden Staat seinen festen Platz.
Wer so daherredet, legt die Axt an die Wurzeln der freiheitlichen,
auf einem Staatsapparat gedeihenden Gesellschaft. Wer das nicht will,
sollte schon innehalten, bevor ein böses Wort über die Politesse
fällt, die gerade einen Strafzettel an der Windschutzscheibe
anbringt.
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Allgemeine Zeitung Mainz
Zentraler Newsdesk
Telefon: 06131/485946
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