Mittelbayerische Zeitung: Ein Kompromiss muss her! / Der Appell einer prominenten, an ihrer Partei verzweifelnden Politikerin sollte Großbritannien endlich vereinen. Von Sebastian Borger
Geschrieben am 29-08-2019 |
Regensburg (ots) - Ich nenne mich mit Stolz eine Konservative und
eine Unionistin." Mit diesem Satz eroberte eine junge Frau vor acht
Jahren den regionalen Vorsitz ihrer Partei. Ruth Davidsons Rücktritt
am Donnerstag war für ihre Partei, für die schottische Nation und für
das gesamte Vereinigte Königreich ein schwarzer Tag. Der Rückzug der
40-jährigen, aus kleinen Verhältnissen stammenden, in
gleichgeschlechtlicher Beziehung lebenden Mutter eines zehn Monate
alten Sohnes signalisiert Tory-Anhängern: Moderne Britinnen und
Briten haben in der von reichen Privilegierten angeführten
Regierungspartei keine Chance. Davidsons Schritt kam nicht zufällig
am Tag, nachdem Premierminister Boris Johnson dem Unterhaus eine
Zwangspause verordnet und dadurch den chaotischen EU-Austritt seines
Landes ("No Deal") erheblich wahrscheinlicher gemacht hatte.
Ohnmächtig haben Liberalkonservative der Wandlung der Torys zur
englischen Nationalpartei zusehen müssen. Die rund 160 000,
überwiegend im englischen Süden beheimateten Mitglieder wollen, wenn
es zum Schwur kommt, nicht bewahren, was der "konservativen und
unionistischen Partei" einst heilig war: den Zusammenhalt der vier
Landesteile England, Schottland, Wales und Nordirland; den sozialen
und regionalen Ausgleich des gesamten Königreichs und dessen
Wohlstand. Alles egal, gab eine Mehrheit im Sommer bei einer Umfrage
zu Protokoll: Wir nehmen die Spaltung des Landes, die Unabhängigkeit
Schottlands, den Verlust Nordirlands, schwere Einbußen für die
Wirtschaft in Kauf - Hauptsache, der EU-Austritt kommt, notfalls ohne
Vereinbarung. Diese Haltung setzt Johnson nun um. Dabei rechtfertigt
das Ergebnis des Referendums von 2016 solche Radikalität in keiner
Weise. Von No Deal war damals nicht die Rede. Das Ergebnis fiel mit
52:48 Prozent knapp aus, Nordirland und Schottland wollten ebenso in
der EU bleiben wie London, Liverpool und Manchester. Johnsons
Vorgängerin Theresa May spaltete das Land zusätzlich, ehe sie auf
Kompromisskurs ging, damit aber an den Brexit-Ultras in ihrer eigenen
Partei scheiterte. Diesen hat Davidson einen flammenden Satz
zugerufen: Sollte Johnson wirklich einen Deal mit Brüssel anstreben
und im Oktober einen veränderten Vertrag vorlegen, müsse das Londoner
Unterhaus "um Himmels Willen" diesmal zustimmen. Alle Umfragen
suggerieren, dass die Schottin damit für die Mehrheit spricht: Die
Briten sind das schier endlose Gezerre mindestens ebenso leid wie die
Menschen in den 27 EU-Mitgliedern. Davidsons Maxime gilt natürlich
genauso für die anderen Parteien. Mag die angestrebte Zwangspause
fürs Unterhaus auch ein besonders schmutziges Beispiel aus der
politischen Trickkiste darstellen - es offenbart die Entschlossenheit
des Premierministers, ebenso, wie die übertriebene Reaktion darauf
die jämmerliche Zersplitterung der parlamentarischen Opposition
manifestiert. Labour leistet sich seit vier Jahren den zu kollegialer
Führung und Kompromisssuche unfähigen, von seiner langjährigen
Gegnerschaft zur EU gelähmten Altlinken Jeremy Corbyn als
Vorsitzenden. Liberaldemokraten, Grüne und die Nationalistenparteien
beharren auf der Maximalforderung des EU-Verbleibs, den doch die
Mehrheit des Wahlvolkes in einer legalen und legitimen
Volksabstimmung verworfen hat. Längst liegen kluge Vorschläge für
einen EU-Austritt vor, die das Ergebnis des Referendums respektieren,
die Integrität des Landes und den Frieden in Irland garantieren.
Premier Johnson sollte sie sich zu eigen machen, die EU täte gut
daran, ihm entgegenzukommen. Aber vor allem muss die pragmatische
Mehrheit im Unterhaus signalisieren: Wir sind zum Kompromiss bereit.
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