Rheinische Post: Kommentar /
Pötsch ist eine Belastung für VW
= Von Florian Rinke
Geschrieben am 24-09-2019 |
Düsseldorf (ots) - Für Angeklagte gilt so lange die
Unschuldsvermutung, bis ihre Schuld bewiesen ist. So einfach ist das
eigentlich. Aber im Fall von Volkswagen ist es eben doch etwas
komplizierter. Denn ab wann werden Ermittlungen der Justiz gegen
Manager für ein Unternehmen zu einem so großen Problem, dass es
reagieren muss, um Schaden von sich selbst abzuwenden?
Einen genauen Zeitpunkt zu definieren, ist schwer - aber beim
Volkswagen-Konzern ist die Treue allem Anschein nach besonders groß.
Ex-Audi-Chef Rupert Stadler trat sogar erst zurück, als sich hinter
ihm die Zellentür in der Untersuchungshaft schloss. Und auch nach
Erhebung der Anklage gegen Hans Dieter Pötsch und Herbert Diess
teilte VW mit, solle die "erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem
Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Vorstandsvorsitzenden fortgesetzt
werden".
Diese Nibelungentreue ist speziell im Fall von Pötsch fatal. Der
frühere VW-Chef hätte eigentlich nie ins Amt kommen dürfen. Ein
Finanzvorstand, der möglicherweise für den größten Skandal der
Firmengeschichte mitverantwortlich ist, wird nach dessen
Bekanntwerden auf den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden befördert,
der die Vorwürfe eigentlich aufklären müsste? Das klingt auch nach
mehr als vier Jahren Abgasskandal wie ein schlechter Witz.
VW muss in einer turbulenten weltwirtschaftlichen Lage gigantische
Herausforderungen bewältigen, um den Wandel zur E-Mobilität, zum
autonomen Fahren und zur Plattformmobilität zu meistern.
Nebenkriegsplätze kann sich der Konzern eigentlich nicht leisten -
zumal sie immer wieder das Mantra vom Neuanfang desavouieren.
Insofern kann man nur hoffen, dass die Staatsanwaltschaft sauber
ermittelt hat, damit bald Gewissheit herrscht: Prozess ja oder nein.
Spätestens dann müsste der Konzern reagieren.
www.rp-online.de
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Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2627
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