Allg. Zeitung Mainz: Zerreißprobe / Kommentar von Reinhard Breidenbach zur SPD
Geschrieben am 14-10-2019 |
Mainz (ots) - Die SPD lebe, verkündet ihr Generalsekretär Lars
Klingbeil. Das wollen wir, im Sinne der deutschen Politiklandschaft,
hoffen. Klingbeils Wort in Gottes Ohr. Aber es bleibt bitterhart für
die Sozialdemokraten - was für sich genommen nicht zwingend schlimm
sein muss für die Partei, denn sie sorgt von jeher durch ein
deutliches Maß an Masochismus für Aufsehen. Oft ist es auch so, dass
sie Gutes will, aber das Gegenteil bewirkt. Symptomatisch der Fall
Andrea Nahles. Die war eine sehr gute Ministerin, als Vorsitzende
aber offenkundig die falsche Frau am falschen Ort zur falschen Zeit.
Und in einem solchen Fall geht die SPD mit Führungspersonal
nachgerade radikal um. Bezeichnend dann zusätzlich ein relativ
kleines Faktum am Rande: Joe Weingarten, Nahles' potenzieller
Parlaments-Nachrücker, sagt, unter den Flüchtlingen gebe es
"Gesindel". Er ist damit bei den Genossinnen und Genossen - absolut
zu Recht - schon unten durch, noch ehe er das Bundestagsplenum zum
ersten Mal betreten hat. Nahles kann nichts dafür, dass er ihr
nachfolgen soll, aber, um es in der Fußballersprache zu formulieren:
Zuerst hatte sie kein Glück, und nun kommt auch noch Pech hinzu. Die
Partei steckt in einem Elend, einem Richtungsdilemma sondergleichen.
Raus aus der GroKo, ein knallharter Linksschwenk, wie ihn sich auch
die kommissarische Vorsitzende Malu Dreyer vorstellen kann? Richtung
Rot-Grün-Rot wie in Bremen? Das würde die Partei vielleicht
zerreißen, denn Bremen ist nicht die Republik. Vom neuen Führungsduo,
wer immer es sei, wird ganz schlicht nur eines erwartet: Wunder zu
vollbringen. Wunder gibt es manchmal. Aber nur mit ganz viel Glück.
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