Rheinische Post: Kommentar /
Regierung Ramelow
= Von Kristina Dunz
Geschrieben am 27-10-2019 |
Düsseldorf (ots) - Nun also auch Thüringen: Die AfD hat sich bei
den drei Landtagswahlen im Osten in diesem Jahr verdoppelt bis
verdreifacht. Auch unter Björn Höcke, den Unionspolitiker einen Nazi
nennen, hat sie nun so stark hinzugewonnen, dass man nicht mehr von
Protestwahl sprechen kann. Die Partei behauptet, sie wolle eine
lebendige Demokratie. Das ist eine Mär. Sie will einen anderen Staat.
Die lebendige Demokratie gibt es ja schon.
Die Beruhigungspille, dass doch rund 80 Prozent der Bürger eben
nicht der AfD nachliefen, wirkt nicht, wenn diese schöne große
Mehrheit politisch nicht zusammenkommt. In Erfurt zumindest könnte
daran die Bildung einer neuen Koalition scheitern. Wenn nicht einmal
mehr ein Dreierbündnis ausreicht, ist die Lage schlicht fragil.
Die CDU könnte es noch einmal bedauern, dass sie ihren
Unvereinbarkeitsbeschluss für Koalitionen kategorisch sowohl für die
AfD als auch für die Linke gefasst hat. Denn in Thüringen hat deren
Ministerpräsident Bodo Ramelow nach fünf Jahren Amtszeit die Partei
mit Abstand zur stärksten Kraft gemacht und das Land keineswegs
wirtschaftlich ruiniert oder gespalten. Im Gegenteil.
Die Linke weiß, dass sie ihr sensationelles Wahlergebnis um die 30
Prozent dem aus dem Westen stammenden 63-Jährigen verdankt. Umso eher
könnte Ramelow das Dilemma einer fehlenden Mehrheit einfach
aussitzen. Laut Landesverfassung darf er so lange geschäftsführend im
Amt bleiben, bis wieder ein neuer - oder der alte - Ministerpräsident
gewählt ist.
Politik hängt oft von der Fähigkeit, der Klugheit und dem Anstand
Einzelner ab. Parteiprogramme liest keiner. Bodo Ramelow hat den
Regierungsauftrag bekommen. Angesichts der Schwäche der anderen ist
sein Name jetzt Programm: Regierung Ramelow.
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