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AOK-Rabattverträge stärken die Arzneimittelversorgung - Sicherere Versorgung, mehr Wettbewerb und geringere Ausgaben

Geschrieben am 07-11-2019

Berlin (ots) - Anfang September 2019 waren 99,3 Prozent der Arzneimittel, die zu
Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden, lieferbar. Nur 461
Arzneimittel waren laut offiziellen Meldungen, die auf freiwilligen Meldungen
der Pharmaindustrie basieren, vorübergehend nicht verfügbar. Unter den 9.000
Arzneimitteln, für die es einen AOK-Rabattvertrag gibt, lag der Anteil der
lieferbaren Präparate demnach sogar bei 99,7 Prozent. Auch bei Berücksichtigung
des schwedischen Melderegisters für Arzneimittellieferschwierigkeiten bestätigt
sich die hohe Versorgungssicherheit in Deutschland.

"Dennoch scheint das Gerücht von umfangreichen Lieferengpässen bei Arzneimitteln
in Deutschland und von den dafür verantwortlichen Rabattverträgen durch
ständiges Wiederholen die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die Fakten
erzählen jedoch eine andere Geschichte", sagt Helmut Schröder, stellvertretender
Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Analysen des
WIdO zeigen: "Die Arzneimittelrabattverträge erhöhen die Versorgungssicherheit,
stärken den Wettbewerb unter den Pharmafirmen und senken die
Arzneimittelkosten."

Die Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zu den
Verfügbarkeitsquoten für ambulant verordnete Arzneimittel zeigt, dass mit 461
Produkten zum 1. September 2019 nur wenige Mittel nicht lieferbar sind.
Grundlage der Analyse sind die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferunfähigkeiten, die von den
Pharmaherstellern freiwillig gemeldet werden. Werden die insgesamt mehr als
66.000 verschiedenen Arzneimittel, die im Jahr 2018 auf dem Markt erhältlich und
zu Lasten der GKV verordnet wurden, als Vergleichsmaßstab herangezogen, zeigt
sich eine Verfügbarkeitsquote aller Produkte von 99,3 Prozent. Helmut Schröder
ergänzt: "Lieferengpässe sind keine Versorgungsengpässe. Im Fall von temporären
Lieferschwierigkeiten stehen in der Regel in der ambulanten Versorgung genügend
Alternativen anderer Hersteller zur Verfügung."

Um die immer wieder behaupteten Versorgungsengpässe empirisch überprüfen zu
können, fordern die Versorgungsforscher des WIdO eine verpflichtende Meldung von
Lieferengpässen - vom Hersteller über den Großhandel bis zur Apotheke. Schröder:
"Es ist nicht einzusehen, dass wir heute den Weg unserer Paketsendungen online
mitverfolgen können, dies aber bei der ungleich wichtigeren
Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht gelingen soll."

In anderen europäischen Ländern gibt es bereits ein verpflichtendes
Melderegister für Lieferengpässe, beispielsweise in Schweden, wo zum 31. Oktober
2019 ca. 97,3 Prozent der Arzneimittel vor Ort lieferbar waren. Der Anteil der
als nicht lieferbar gemeldeten Produkte ist somit etwas größer, als es die
freiwilligen Herstellermeldungen an das BfArM für den deutschen Markt erkennen
lassen: Für seine Analyse hat das WIdO die beim BfarM gelisteten Meldungen der
Lieferunfähigkeiten um Produkte ergänzt, die sowohl in der schwedischen Liste
vorkommen als auch in Deutschland angeboten werden. Die Anzahl nicht lieferbarer
Arzneimittel in Deutschland erhöht sich dabei von 461 auf 543 Produkte. "Selbst
unter Einbezug der Daten aus Schweden bleibt das Fazit, dass mit einer
Verfügbarkeitsquote von 99,2 Prozent die Versorgung in Deutschland sicher ist",
so Schröder.

Auch die AOK-Arzneimittelrabattverträge enthalten seit Jahren die Vorgabe, dass
die Vertragspartner die AOK über nicht lieferbare Vertragsprodukte verpflichtend
informieren müssen. Um die Liefersicherheit noch zu erhöhen, müssen die
Vertragspartner außerdem einen ausreichenden Arzneimittelbestand vorhalten - und
das bereits vor Vertragsstart. Hilfreich dabei sind exklusive Verträge, da
Pharmafirmen so ihre Absatzmengen besser kalkulieren können, als wenn sie bei
Mehrpartnerverträgen mit mehreren Anbietern konkurrieren müssen.

Schröder verweist darauf, dass Pharmaunternehmen zumeist global agierende,
börsennotierte Unternehmen seien. Der deutsche Markt hingegen habe nur einen
Anteil von rund vier Prozent am weltweiten Arzneimittelumsatz. Daher spiele die
Versorgung in Deutschland nur eine geringe Rolle am globalen Markt. "Die
Rabattverträge für global auftretende Lieferengpässe verantwortlich zu machen
ist abwegig", so Schröder.

Sicherere Versorgung

Exklusive Arzneimittelrabattverträge für Generika haben über die höhere
Liefersicherheit hinaus den Vorteil, dass Patienten stabiler versorgt werden:
2018 haben über 79 Prozent der Patienten, die einen rabattierten Wirkstoff über
einen längeren Zeitraum einnehmen müssen, ihr Medikament dauerhaft von demselben
Hersteller erhalten.

Beispielhaft steht dafür die Auswertung der Profile von 2 Millionen Patienten,
die den Wirkstoff Ramipril einnehmen. Ramipril wird, gemessen an den Tagesdosen,
GKV-weit am meisten verordnet. Danach erhielten 2006 noch über 35 Prozent der
Patienten den Wirkstoff innerhalb des Jahres von mehreren Herstellern. 2018
waren es nur noch 14 Prozent, die auf ein anderes Arzneimittel umstellen
mussten. "Rabattverträge tragen dazu bei, unnötige Medikamentenwechsel zu
vermeiden. Das fördert die Therapietreue der Patienten und den Erfolg der
Therapie", sagt Helmut Schröder.

Für diese Auswertung hat das WIdO die mehr als 44 Millionen wirkstoffbezogenen
Profile von AOK-Arzneimittelpatienten der Jahre 2006 und 2018 bei
generikafähigen Wirkstoffen und Wirkstoffkombinationen untersucht. Demnach
erhielten 2006, dem Jahr vor der Einführung der Rabattverträge, nur knapp 74
Prozent der Patienten ihr Arzneimittel dauerhaft vom selben Anbieter. "Der
Anteil der Patienten ohne Wechsel des Medikamentenherstellers ist zwischen 2006
und 2018 deutlich gestiegen", fasst Helmut Schröder zusammen. "Unsere Analysen
zeigen, dass exklusive Rabattverträge die Arzneimittelversorgung sicherer
machen. Da überraschen aktuelle Forderungen, diese Verträge nur noch mit
mindestens drei Herstellern zuzulassen."

Mehr Wettbewerb

Schröder weist darauf hin, dass die aktuellen politischen Forderungen zu den
Arzneimittelrabattverträgen weder Lieferengpässe verhindern noch die Versorgung
verbessern würden. Vielmehr bestünde bei der Einführung eines verpflichtenden
Mehrpartnermodells die Gefahr, dass vor allem große Anbieter größere
Marktanteile erzielen könnten. Kleinere Anbieter hätten das Nachsehen. Die
Anbietervielfalt würde reduziert. "Das würde einen Rückschritt in die Zeit vor
Einführung der Rabattverträge bedeuten, in der Großkonzerne den Markt beherrscht
haben", so Schröder.

Exklusive Rabattverträge können sich hingegen positiv auf die Anbietervielfalt
auswirken, wie das WIdO anhand der Umsatzverteilung auf die verschiedenen
Arzneimittelhersteller zeigt. Dafür wurde die Umsatzkonzentration im Jahr 2006,
also vor Einführung der Rabattverträge, der Umsatzkonzentration im
generikafähigen Markt im Jahr 2018 gegenübergestellt. Im Ergebnis ist die
Marktkonzentration, die bereits 2006 insgesamt niedrig war, 2018 noch weiter
gesunken. Der für die Messung der Marktkonzentration etablierte
Herfindahl-Hirschman-Index hat sich von 478 auf 277 reduziert.

Dieser Index wird unter anderem vom Statistischen Bundesamt und der Europäischen
Kommission zur Beobachtung der Marktkonzentration herangezogen. Gemäß der
Europäischen Kommission kennzeichnet ein Wert unterhalb von 1.000 eine niedrige
Marktkonzentration, ein Wert bis 1.800 eine mittlere Konzentration und Werte
oberhalb 1.800 eine starke Marktkonzentration. "Unsere Analysen zeigen eine
sinkende Marktkonzentration im Generikamarkt", so WIdO-Vize Helmut Schröder. "Im
Umkehrschluss gehen exklusive Rabattverträge mit einem steigenden
Anbieterwettbewerb im Generikamarkt einher und fördern die Vielfalt."

Geringere Ausgaben

Die Krankenkassen nutzen die seit 2007 vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünschte
Möglichkeit, Rabattverträge für Generika-Wirkstoffe zu verhandeln, intensiv:
2018 waren unter den insgesamt 2.493 ambulant verordneten Wirkstoffen und
Wirkstoffkombinationen 636 bei mindestens einer Krankenkasse rabattiert. Dies
bedeutet auch für die Apotheken in Deutschland, dass es nicht mehr unbedingt
notwendig ist, alle verfügbaren verschiedenen Arzneimittelpackungen zu
bevorraten.

Die Krankenkassen konnten durch die Rabattverträge ihre Arzneimittelausgaben im
Jahr 2018 um insgesamt 4,5 Milliarden Euro senken. "Durch die preiswertere
Versorgung mit Generika können die frei werdenden Gelder für eine qualitativ
hochwertige Versorgung der Patienten genutzt werden, und das ohne jeglichen
Qualitätsverlust", so das Fazit von Helmut Schröder.



Pressekontakt:
Wissenschaftliches Institut der AOK
Dr. Kai Behrens
Telefon: 030 34646 - 2309
E-Mail: presse@wido.bv.aok.de

Original-Content von: Wissenschaftliches Institut der AOK, übermittelt durch news aktuell


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