Allg. Zeitung Mainz: Schluss, bitte / Friedrich Roeingh zum Zustand der Koalition
Geschrieben am 10-11-2019 |
Mainz (ots) - Ein vernünftiger Kompromiss in einer Detailfrage: Nicht mehr und
nicht weniger. Menschen, die mindestens 35 Jahre gerackert haben, werden mit der
Grundrente nicht mehr auf Hartz IV angewiesen sein. Wer nicht bedürftig ist,
fällt aus diesem Anspruch heraus. Dazu wird ganz unbürokratisch die
Steuererklärung zurate gezogen. Wenn man einem Außerirdischen erklären sollte,
warum die Regierungskoalition darum so lange und so erbittert gestritten hat:
Keine Ahnung, wie das zu bewerkstelligen wäre. Die Entscheidung zur Grundrente
belegt, dass es gar nicht auf das Thema ankommt, um das Regierungsbündnis
zwischen Union und SPD infrage zu stellen. Die Zerreißprobe wird bei jedem neuen
Anlass wiederkehren. Weil die sieche SPD endlich raus will aus der Koalition.
Und weil ein Großteil der CDU - vor allem in der Bundestagsfraktion - gegen die
Führungsschwäche ihrer Kanzlerin und der Parteivorsitzenden aufbegehrt. Die
Millimeterpolitik, die dabei herauskommt, die Verweigerung zukunftsfähiger
Entscheidungen (nicht nur bei der Rente), die internationale Verzwergung
Deutschlands, diesen Treibsatz für die Erfolge der AfD kann nur ein Mensch
entschärfen: die Kanzlerin. Mit einem angekündigten Rücktritt in naher Zeit. Ein
Rücktritt, der eine überfällige Antwort auf die Machtfrage in der Union
erzwingen würde. Und ein Rücktritt, der der SPD Gelegenheit zum Auszug aus der
Koalition gäbe. Die Frage, ob der Bundespräsident alsbald Neuwahlen ausrufen
würde, ist dabei zweitrangig. Wenn CDU und CSU zeigen, dass sie
Minderheitsregierung können, wird das ihnen und der parlamentarischen Demokratie
in der aktuellen Lage gewiss nicht schaden.
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