BERLINER MORGENPOST: Scheinriese Verbeamtung / Kommentar von Susanne Leinemann zur Abwanderung von Berliner Lehrern nach Brandenburg
Geschrieben am 13-11-2019 |
Berlin (ots) - Wieder drohen drei stellvertretende Schulleiter aus Berlin nach
Brandenburg abzuwandern. Schweren Herzens werden sie ihre Neuköllner
Brennpunktschulen verlassen, Pädagogen mit Leidenschaft, die bewusst dorthin
gegangen sind, wo das Leben nicht einfach ist. Doch die Verlockung durch den
Beamtenstatus ist zu groß, und Brandenburg liegt vor der Haustür. Die Lücke, die
sie reißen, wird schwer zu füllen sein. Schon jetzt sind zu viele Stellen in
Schulleitungen unbesetzt. Einfach niemand da.
Aber halt, hatte sich die Berliner SPD nicht vor wenigen Wochen zum "Ja" zur
Verbeamtung der Lehrer durchgerungen? Knapp war die Abstimmung ausgegangen, aber
am Ende war die Mehrheit der Delegierten dafür. Was mit großen Schritten
daherkam, entpuppt sich nun als Scheinriese. Die SPD mag den Regierenden bei der
rot-rot-grünen Koalition stellen, viel zu sagen hat sie nicht mehr. Denn Linke
und Grüne stellen sich beim Thema quer. Würde die SPD die Verbeamtung von
Lehrern durchdrücken, droht ein Bruch des Bündnisses. Wer auf die letzten
traurigen Wahlergebnisse der Sozialdemokraten schaut, weiß, vorzeitige Wahlen
kann dort niemand wollen. Es gilt nur noch, bis zum Ende der Legislaturperiode
durchzuhalten. Irgendwie.
Die Folge? Es wird nicht mehr gehandelt in der Schulpolitik, nur noch der Mangel
verwaltet. Weder wird die Verbeamtung eingeführt, noch versucht die
Bildungsverwaltung, stärker steuernd einzugreifen. Selbst die Quereinsteiger
sind dieses Schuljahr genauso ungerecht über die Stadt verteilt wie im Vorjahr.
Ausbaden müssen diesen Stillstand die Schulen vor Ort. Jede kämpft für sich
allein. Der Personalüberhang an den bürgerlichen Gymnasien wird immer größer,
während an den Brennpunktschulen sich die Schulleitungen jeden Tag aufs Neue
verzweifelt fragen: Wie kriege ich heute für alle Unterricht hin - ohne Lehrer?
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
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