Stuttgarter Zeitung: Gespalten, aber nicht gemäßigt / Die AfD schwört dem Extremismus ab. Wo der anfängt, lässt sie aber offen.
Geschrieben am 01-12-2019 |
Stuttgart (ots) - Alexander Gauland hat seine Leute zum Abschied zur Mäßigung
gemahnt. Bei dieser Gelegenheit müsste der Parteimitgründer vor seiner eigenen
Bilanz erschrocken sein. Denn die weist in die entgegengesetzte Richtung. Die
AfD hat sich kontinuierlich radikalisiert - in Sprache, Positionen, Personen.
Und Hinweise darauf, dass die neue Spitze die Partei in eine andere Richtung
führen wird, gibt es zurzeit nicht. Zwar hat der Baden-Württemberger Meuthen
gesagt, er werde für eine rechtsextreme Partei nicht zur Verfügung stehen. Sein
Geheimnis aber bleibt, wo für ihn Extremismus anfängt - und was er mit dem Teil
der Partei plant, der sich radikalisiert hat und weiter radikalisiert. Dabei
lässt sich die Ausrichtung nicht mehr daran ablesen, ob jemand nun ein Mitglied
des national-sozialen Flügels ist oder nicht. Extremes Gedankengut und
drastische, gewaltvolle Sprache sind nicht mehr auf Gruppierungen begrenzt. Der
Neue an der Spitze, Tino Chrupalla aus Sachsen, rief seine Partei zu "Vernunft"
und zur Abkehr von einer "drastischen Sprache" auf. Selbst scheute er sich
nicht, "schwarze Listen" für Journalisten zu fordern und durchaus Vokabular
aus dem extremistischen Spektrum zu nutzen. Der 44-Jährige ist dezidiert mit der
Unterstützung des völkisch-nationalistischen Flügels gewählt worden, der
Gruppierung wird er sich also verpflichtet fühlen. Wie gespalten und wie radikal
die AfD aktuell ist, wurde bei den Wahlen der Vertreter der zweiten Reihe
sichtbar - und auch bei denen, die nicht gewählt wurden. Die Machtverhältnisse
in der AfD sind nicht entschieden.
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