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Plastik auf dem Mond - Fakt oder Fake?

Geschrieben am 20-12-2019

Idstein (ots) - "Plastik auf dem Mond - Fakt oder Fake", mit diesem Titel eines
Sondervortrages zum Jahresende in Idstein wollte Prof. Dr. Thomas Knepper
bewusst provozieren und auf die großen Herausforderungen in der Polymerforschung
hinweisen.

"Wenn man davon ausgeht, dass sowohl unbemannte als auch bemannte
Mondexkursionen stattgefunden haben, ist es vollkommen sicher, dass Analytiker
auch auf dem Mond Kunststoffpartikel finden würden. Der Mensch hat sie dorthin
gebracht und zum Teil auch hinterlassen, sei es in Form von Fahnen oder
zurückgelassenen Mondmobilen, sogar der Abrieb von den Fahrzeugen ließe sich
nachweisen", so der Wissenschaftler. Plastikpartikel kommen fast überall vor, im
Gebirge, in der Arktis, im Meer, sogar in der Luft - und dadurch eben auch im
menschlichen oder tierischen Organismus.

"Die entscheidenden Fragen sind: Welche Folgen hat das, und wie gravierend ist
ein Eintrag? Um diese Fragen beantworten zu können, brauchen wir belastbares
Datenmaterial und das liegt schlicht noch nicht vor. Das momentane Streben nach
schnellen Resultaten ist kontraproduktiv und erzeugt Unsicherheit bis hin zu
Panik. Sehr viele Studien basieren auf Messungen und Hochrechnungen, die
dringend notwendige Forschungsparameter außer Acht lassen,", erläutert Knepper.
"Das erfüllt nicht unbedingt die Voraussetzungen wissenschaftlich fundierten
Arbeitens."

Schon die Definition von "Mikroplastik" als feste und unlösliche synthetische
Polymere kleiner fünf Millimeter ist, was die Größe betrifft, rein willkürlich.
Diese lassen sich zwar in einem Organismus nachweisen, sind aber zu groß, um
wirklich Schaden anzurichten: "Das Gute am Organismus ist, dass Partikel, die
aufgenommen und nicht verwertet werden können, in unveränderter Form wieder
ausgeschieden werden - das gilt für den Menschen ebenso wie für Tiere. Deshalb
findet man sie zum Beispiel auch im menschlichen Kot." Zwei Dinge gilt es in
Zukunft zu klären und darauf müssen sich künftige Forschungsvorhaben
konzentrieren. Erst dann kann man seriöse Aussagen zur Gefährlichkeit machen.

Zum einen muss mehr über die Rolle von Mikroplastik als "trojanisches Pferd"
herausgefunden werden: Was passiert, wenn sie eine Bindung mit Schadstoffen
eingehen? Welche Reaktionen finden statt? Dazu gibt es aktuell noch zu wenige
systematische Untersuchungen. Und: Richtig interessant wird es im Nanobereich,
also dann, wenn von Partikeln in der Größenordnung von kleiner einem Millionstel
Meter die Rede ist. Knepper berichtet, dass diese durchaus in Zellen eindringen
und dann möglicherweise auch schädliche Wirkungen entfalten könnten. "Hier
gelangen wir dann eben an die Spitze der Forschungsvorhaben. Es gibt zurzeit nur
ganz wenige Methoden, um diese Nanopartikel überhaupt messen zu können - und
dies nur in reinen Kompartimenten wie es Wasser darstellt, aber eben nicht
innerhalb eines komplexen Organismus wie dem menschlichen Körper. Deshalb ist es
dringend erforderlich, die Forschung in diesem Zusammenhang weiter
voranzutreiben."

Darin steckt eine große Herausforderung. Die Analytik im Bereich Kunststoffe ist
enorm aufwändig. Laut Knepper verwenden Forscher oft einen ganzen Tag, nur um
eine Probe zu untersuchen. Zum Vergleich: Bei der Analyse von Arzneimitteln
können zum Teil pro Stunde tausende Daten produziert werden.

Selbst im deutlich sichtbaren Bereich - pro Jahr gelangen zwischen 300 und 400
Millionen Tonnen Kunststoff in die Umwelt - hält der Wissenschaftler zusätzliche
Forschung für notwendig, um eine valide Aussage treffen zu können, was das
Ökosystem verträgt und welche Auswirkungen Eintrag und Persistenz von
Kunststoffen haben. "Wir brauchen Modellstudien etwa dazu, wie lange eine
PET-Flasche in der Umwelt verbleibt - sind es 300 Jahre oder gegebenenfalls noch
länger? Und was ergibt sich aus den Abbauprodukten?"

Ein weiteres Beispiel ist der Reifenabrieb im Straßenverkehr. "Nach aktuellen
Daten ist dieser die Ursache für den größten Eintrag von Mikroplastik in der
Umwelt. Allein in Deutschland sind das jährlich fast 100 Millionen Kilo",
rechnet Knepper. "Und auch da haben wir mehr offene Fragen als gesicherte
Erkenntnisse. Was gelangt neben den Polymeren über den Reifenabrieb noch in die
Umwelt? Wo gelangen sie hin, inwiefern verbleiben sie? Das weiß bisher niemand."
Das Institute for Analytical Research an der Hochschule Fresenius will das jetzt
gemeinsam mit Kooperationspartnern herausfinden. Geplant sind zunächst
Forschungsvorhaben, um Messmethoden etablieren zu können. "Dass wir etwas tun
müssen, ist unbestritten. Aber wir sollten das immer in einem vernünftigen
wissenschaftlichen Kontext tun", so Knepper abschließend.

Pressekontakt:

Alexander Pradka
Pressesprecher Hochschule Fresenius gem. GmbH
alexander.pradka@hs-fresenius.de
Tel. 069-870035320

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/59909/4475312
OTS: Hochschule Fresenius

Original-Content von: Hochschule Fresenius, übermittelt durch news aktuell


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