Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Jahreswechsel
Geschrieben am 30-12-2019 |
Bielefeld (ots) - Was ist das nur für eine verrückte Zeit, in der wir leben?
Auch am Silvesterabend wird uns das exemplarisch wieder vor Augen geführt. Wir
wollen den Hunger bekämpfen, aber gleichzeitig werden allein in Deutschland etwa
130 Millionen Euro für Feuerwerkskörper verballert. Wir wollen sorgsam mit der
Umwelt umgehen, aber dennoch werden zum Jahreswechsel rund 4500 Tonnen Feinstaub
freigesetzt. Das entspricht etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenverkehr
abgegebenen Feinstaubmenge.
Weihnachten war das skurrile Verhalten nicht anders. Die Menschen sehnen sich
nach Besinnlichkeit, verfallen aber gleichzeitig in einen Konsum-, Kauf- und
später Umtauschrausch, als wenn es kein Morgen gäbe. Stress, Hektik und
Streit kommen manchmal noch dazu - was hat das eigentlich noch mit Weihnachten
zu tun?
Jeder kann leben, wie er möchte. Aber dennoch: Immer mehr ist eine Mentalität
wahrzunehmen, die stark an das Sprichwort "Wasch mir den Pelz, aber mach mich
nicht nass" erinnert. Der Mensch, das Gemeinsame und auch das Gespräch geraten
in den Hintergrund. Daran tragen unsere Hochleistungsgesellschaft und das
Internet zwar nicht die alleinige Schuld. Aber die "sozialen Medien" befeuern
den Prozess der Oberflächlichkeiten, des unechten Miteinanders und des
Werteverlustes in einer Weise, die nicht gut sein kann. Empathie und
Menschlichkeit, Respekt und Wertschätzung dürfen nicht an Bedeutung verlieren,
nicht im Internet, nicht im persönlichen Miteinander.
Das Jahr 2019 war geprägt von Geschehnissen und Entscheidungen, die nur schwer
zu verstehen sind. Und die uns mahnen sollten. Allen voran hat der antisemitisch
und rechtsextremistisch motivierte Anschlag in Halle am 9. Oktober für
Bestürzung gesorgt. Der Doppelmord und der Versuch des Täters, in einer Synagoge
ein Blutbad anzurichten, ist noch immer nicht zu begreifen.
Aber so sehr wir uns solidarisch mit den Juden in Deutschland erklären, so sehr
Politiker ihre Abscheu über diese entsetzliche Tat zum Ausdruck bringen, so sehr
hat der 9. Oktober 2019 uns vor Augen geführt, dass Antisemitismus in
Deutschland noch immer ein altbekanntes, grausames Phänomen zu sein scheint.
Niemand hat das Gotteshaus am jüdischen Gedenktag Jom Kippur geschützt.
Niemand. Nur eine einfache Holztür. Sie konnte das Massaker verhindern - das
muss die Lehre dieser Tat für immer und ewig sein! Daran sollte uns die Tür,
dieses Mahnmal, stets erinnern.
Nicht alles war schlecht im Jahr 2019, aber vieles darf gerne besser werden. Es
sind die Fragen des Lebens, die uns beschäftigen. Auf die es Antworten geben
muss. Finden wir das richtige Maß bei der Klimarettung? Akzeptieren wir, dass
die Globalisierung etwas mit uns zu tun hat, oder schotten wir uns lieber ab?
Erschaffen wir eine in der Sache weiterführende Streitkultur ohne Hass und
Hetze? Können wir ein neues Demokratieverständnis entwickeln, in dem jeder seine
Meinung sagen darf, in dem es aber auch rote Linien gibt, die nicht
überschritten werden dürfen?
Das sind nur einige der Themen, die uns angehen. Über die wir auch im Jahr 2020
und darüber hinaus diskutieren müssen. Zu denen wir die besten Argumente
brauchen. Hier sind die klügsten Köpfe unserer Republik gefragt, mit gutem
Beispiel voran zu gehen. Und hier sind alle Menschen gefragt, diesen Prozess
aktiv und positiv mitzugestalten.
Das Vertrauen der Menschen in die Qualität der Regierungsarbeit und die
Stabilität des politischen Systems ist signifikant gesunken. Das haben die
Wahlen im Osten gezeigt. Das zeigen die schlechten Umfragewerte der großen
Koalition. Aber wird automatisch alles besser, wenn Deutschland eine neue
Regierung bekommt?
Wir sollten nicht alles schlechtreden. Es gibt so viel Gutes. Wir sollten
wieder mehr lernen, Vertrauen zu entwickeln. In die Politik, in die
Gesellschaft, in den Rechtsstaat, in die Menschen. Fangen wir doch gleich heute
damit an. Die Gelegenheit zum Jahreswechsel bietet sich dazu prächtig an. Guten
Rutsch und ein schönes neues Jahr 2020!
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/66306/4480688
OTS: Westfalen-Blatt
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
716184
weitere Artikel:
- Kommentar zur großen Koalition Stuttgart (ots) - Die Frage, ob Schwarz-Rot auch 2020 regieren wird, hat sich
abgenutzt. Das liegt vor allem an jenen, die so oft, gern und beliebig mit
Scheitern gedroht haben. Die aus Angst so schrill und laut gepfiffen haben, bis
sie keinen richtigen Ton mehr trafen. Der soundsovielte Wechsel an der
Parteispitze hat der SPD weder Aufmerksamkeit noch Rückenwind beschwert. In der
Union, die ebenfalls Zeit braucht, um sich inhaltlich und personell zu
stabilisieren, nimmt man es beruhigt zur Kenntnis.So dürfte es 2020 weitergehen
wie mehr...
- Parteienfinanzierung: Es gibt auch gute Spenden / Kommentar von Dietmar Ostermann Freiburg (ots) - Anders als bei Großspenden kann eine Vielzahl kleiner Spenden
durchaus Ausdruck einer lebendigen Demokratie sein. In der sind Parteien bei
der politischen Willensbildung wichtig, und sie brauchen die entsprechenden
Mittel dazu. Bei oft rückläufigen Mitgliederzahlen aber sinken die Einnahmen aus
Mitgliedsbeiträgen. Die Höhe staatlicher Zuwendungen wiederum hängt von immer
stärker schwankenden Wahlergebnissen ab. Spenden können da Parteifinanzen
stabilisieren. Solange sie transparent sind und unverdächtig, dass hier Einfluss mehr...
- Junge Familien nutzen Baukindergeld: Bisher 180.000 Anträge und Zuschüsse von 3,5 Milliarden Euro Düsseldorf (ots) - Viele junge Familien nutzen das Baukindergeld: Seit dem Start
im September 2018 sind bis Ende dieses Jahres rund 180.000 Anträge eingegangen.
Das entspreche Zuschüssen in Höhe von mehr als 3,5 Milliarden Euro, teilte die
zuständige Förderbank KfW der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag) mit.
Bis zum 30. November zählte die Kreditanstalt für Wiederaufbau 171.510 Anträge,
monatlich kommen etwa 10.000 neue hinzu. Bis Jahresende lag die Zahl damit bei
rund 180.000. Insgesamt stehen für das Förderprogramm, das bis mehr...
- Bedford-Strohm fordert Regeln für soziale Medien analog zu öffentlich-rechtlichen Sendern Düsseldorf (ots) - Der Vorsitzende des Rats der Evangelischen Kirche
Deutschlands, Landeschbischof Heinrich Bedford-Strohm, hat nach dem Vorbild für
öffentlich-rechtliche Sender Regeln für die Verbreitung von Inhalten im Netz
gefordert. "Es muss analog zu den öffentlich-rechtlichen Medien pluralistisch
zusammengesetzte Gremien geben, die grundsätzliche Kriterien auch für den
Diskurs in den sozialen Medien durchsetzen", sagte Bedford-Strohm der
Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag) "Wir möchten als Kirchen gerne dazu
beitragen, mehr...
- Bedford-Strohm: 150 Organisationen beteiligen sich an Flüchtlingsschiff der Kirche Düsseldorf (ots) - Das von der evangelischen Kirche initiierte Aktionsbündnis
"United4Rescue", das ein eigenes Rettungsschiff für Flüchtlinge ins Mittelmeer
schicken will, wird inzwischen von mehr als 150 Organisationen unterstützt. "Das
hat eine ungeheure Dynamik bekommen. Mittlerweile beteiligen sich 150
Organisationen", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland,
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Düsseldorfer "Rheinischen Post"
(Dienstag). "Es sind viele Organisationen aus dem kirchlichen Bereich", betonte mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|