WESTFALEN-BLATT: Kommentar zum Ärger beim WDR wegen eines Kinderchor-Videos
Geschrieben am 05-01-2020 |
Bielefeld (ots) - Wenn sich der WDR-Intendant und amtierende ARD-Vorsitzende bei
einer in einem Beitrag aus seinem Hause verunglimpften und beleidigten großen
Bevölkerungsgruppe entschuldigt, dann handelt er klug. Und vor allem: Er beweist
Anstand.
Tom Buhrow hat die Tragweite der Reaktionen auf die Verfehlung richtig
eingeschätzt. Denn mitnichten handelt es sich bei der Kritik am WDRKinderchor-
Video ("Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau") um einen von "Rechten" erzeugten
Shitstorm gegen den WDR. Dass die Gegner der öffentlichrechtlichen Sender den
Skandal nutzen wollen, ist ebenso klar wie die Tatsache, dass diese Gegner in
der AfD überproportional vertreten sind. Aber deswegen ist nicht jeder Kritiker
des "Umweltsau"-Videos ein AfD-Anhänger.
ARD und ZDF zu begleiten und bei Verfehlungen zu kritisieren ist nicht "rechts",
sondern eine staatsbürgerliche Selbstverständlichkeit. Gerade weil es sich um
ein durch Zwangsgebühren finanziertes System handelt, gegen deren Zahlung man
sich nicht wehren kann, ist hier noch viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit
geboten als bei den Privatsendern, die sich über Werbeeinnahmen tragen müssen.
Der Rechtfertigungsversuch der WDR-Redakteure ist ein Eigentor, weil sich alle
bestätigt fühlen dürfen, die öffentlich- rechtlich beschäftigte Journalisten für
Volksbelehrer und Volkserzieher halten. Und der Vorwurf der Redakteursvertretung
gegen Tom Buhrow zeigt zudem, dass die Kölner Radiound Fernsehmacher ein
Eigenleben ohne ausreichende Kontrolle führen können und von ihren normalen
Hörern und Zuschauern weit entfernt sind.
Die Reaktion offenbart ein fragwürdiges Denken: Im WDRKosmos glauben manche
wohl, alles machen zu können, was sie wollen, weil sie sich für unangreifbar
halten. Die WDR-Redakteure, die das "Umweltsau"- Video als Satire verkaufen
wollen und sich in dem internen Schreiben gegen ihren Intendanten in Stellung
bringen, müssen sich eines fragen lassen: Verfolgen sie in ihrer Tätigkeit eine
weltanschauliche, ideologische Agenda? Wenn ja, dann sind sie mehr Aktivisten
als Journalisten.
Leider verfestigt sich der Eindruck, dass die ARD-Sender aus den vergangenen
Jahren - zum Beispiel aus der Kritik am "Framing Manual" und dem Vorwurf der
Gehirnwäsche - immer noch nichts gelernt haben, sondern die Situation weiter
verschlimmern und mit der Beleidigung der Großelterngeneration zur Spaltung der
Gesellschaft beitragen.
Für Dienstag ist beim WDR eine Redakteursversammlung angesetzt. Tom Buhrow ist
eingeladen und soll seine Teilnahme an dem Treffen bereits zugesagt haben. Kommt
es da zum Aufstand gegen den Anständigen? Der Intendant wird seinen Leuten wohl
erklären müssen, dass der "Umweltsau"- Skandal seine Verhandlungsposition als
ARD-Vorsitzender gegenüber der "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs"
(KEF) nicht unbedingt verbessert hat.
Die KEF-Experten werden im Februar ihren Bericht vorlegen, der eine Empfehlung
für die Höhe des monatlichen Rundfunkbeitrags für den Zeitraum von 2021 bis 2024
enthält. Es heißt, dass der WDR bereits Fachleute für Krisenkommunikation
engagiert haben soll. Dafür werden Kosten in Höhe von einer halben Million Euro
kolportiert. Sollte der WDR wirklich mit Geld aus den Rundfunkbeiträgen Experten
dafür bezahlen, die Erhöhung dieser Beiträge öffentlich zu rechtfertigen, wäre
das ein starkes Stück.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Andreas Schnadwinkel
Telefon: 0521 585-261
wb@westfalen-blatt.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/66306/4484076
OTS: Westfalen-Blatt
Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell
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