Seilbahn-Idee als Weckruf / Kommentar von Thomas Schubert
Geschrieben am 09-01-2020 |
Berlin (ots) - Pankow hat ein neues Vorbild: La Paz. Ähnlich wie die Hauptstadt
Boliviens, meint Bezirksbürgermeister Sören Benn, könnten Seilbahn-Strecken im
Berliner Nordosten, wo Menschen in riesigen Neubauquartieren ein neues Zuhause
finden sollen, zum Fortbewegungsmittel für die Massen werden. Die Sache ist nur
ein Vorschlag, den Experten prüfen sollen. Doch sie ist keine Spinnerei, wie
Benn betont. Die Verkehrsprobleme in Berlin sind zu ernst, um darüber zu spaßen
- das weiß jeder, der im Berufsverkehr versucht, vom Alexanderplatz oder Zoo
nach Buch zu kommen.
Aber selbst wenn Fachleute Seilbahnen für die Erschließung von Quartieren
empfehlen sollten, wird diese Vision wohl spätestens an den Fallstricken der
Verkehrsplanung scheitern. Der Senat wird sicher nicht die Planung von
Straßenbahnstrecken, die schon seit Jahren in Arbeit sind, verwerfen, um ein
Verkehrsmittel auf den Weg zu bringen, für das es in La Paz natürliche
Grundlagen geben mag. Aber wohl kaum im Berliner Flachland. Schienen, die langer
Planungen bedürfen, werden immer noch schneller zu haben sein, als Gondeln und
Seile, an die bislang noch niemand dachte.
In Zeiten, da die Tram für den Senat als Verkehrsmittel für Großquartiere viel
zu schnell feststeht, ist die Idee des Pankower Bürgermeisters vor allem für
eines gut: Sie schafft Aufmerksamkeit für ein Problem, das die Tram allein nicht
lösen kann. Und darum geht es bei der Seibahn-Idee in Wirklichkeit. Die
Festlegung auf die Straßenbahn wird dort zum Risikofaktor, wo die
Leistungsfähigkeit der Tram nicht mehr ausreicht. Für den Weg vom Alexanderplatz
Richtung Buch hat der Senat die wahre Alternative zur Straßenbahn geprüft und in
einer Analyse für "äußerst positiv" befunden: die U-Bahn. Dass die Tram trotzdem
kommen wird, ist ein Fehler.
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