Berlin braucht keine Loveparade / Kommentar von Martin Nejezchleba
Geschrieben am 13-01-2020 |
Berlin (ots) - Gentrifizierung ist ein absurder Vorgang. Jemand bringt
Kreativität und Leben in eine heruntergekommene Gegend. Auf der Verwahrlosung
entsteht etwas Neues, es hat Erfolg - und der birgt gleichzeitig den kommenden
Niedergang. Denn Erfolg macht attraktiv, immer mehr Menschen wollen daran
teilhaben. Und Geld verdienen. Aus dem Trend wird ein Massenphänomen, Kommerz,
Uninteressantes. Das Leben und die Kreativität ziehen weiter.
Was der Prenzlauer Berg für die Berliner Szeneviertel war, war die Loveparade
für die Clubszene: die Wiege der Gentrifizierung. Absurder wird es nur, wenn der
Gründer der Loveparade 30 Jahre später gegen die Verdrängung in der Clubszene
kämpft, indem er die Loveparade zurückholt. Und das auch noch zehn Jahre nachdem
es bei der hypertrophen Nachfolgeveranstaltung der Loveparade in Duisburg zu
einer tödlichen Massenpanik kam.
Dr. Motte in allen Ehren. Er hat recht, wenn er bei der Präsentation seines
Vorhabens vom guten Image schwärmt, das seine Technoszene Berlin verpasst hast.
Er hat auch recht, wenn er beklagt, dass immer mehr Clubs wegen
Lärmschutzauflagen und steigender Mieten verdrängt werden. Aber eine neue
Loveparade als Rettung? Ernsthaft? In der Spätphase des legendären Raves flossen
im Tiergarten Alkohol, Urin und sonstige Körperflüssigkeiten in derartigen
Strömen, dass alle nur noch froh waren, wenn der allsommerliche Spuk vorbei war
- und die Loveparade aus Berlin verschwand. Das Image der überbordenden
Massenveranstaltung wird die Loveparade auch per Fundraising nicht mehr los.
Auch die Erinnerung an die 21 Toten von Duisburg nicht. Die Loveparade ist
zurecht eine wichtiger Teil der Berliner Geschichte. Aber das sollte sie auch
bleiben.
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BERLINER MORGENPOST
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