Klimakrise, Artensterben, stoffpolitische Krise: Gleichgewicht des Planeten bedroht / Gemeingüter Boden, Wasser, Luft vor Raubbau und Umweltgiften schützen
Geschrieben am 23-01-2020 |
Berlin (ots) - Neben der Klimakrise und dem zunehmenden Artensterben gefährdet
insbesondere unser verschwenderischer Umgang mit Rohstoffen, Chemikalien und den
daraus hergestellten Produkten das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten.
Diese bislang weitgehend unbeachteten "Herausforderungen für eine nachhaltige
Stoffpolitik" beleuchtet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
in einem aktuellen Positionspapier.
"Alle drei Krisen - Klimakrise, Artenkrise und stoffpolitische Krise - hängen
eng zusammen und müssen in einem gemeinsamen, globalen Transformationsprozess
gelöst werden", sagt BUND-Vorsitzender Olaf Bandt. Ihre gemeinsame Ursache liege
in einem Wirtschaftssystem, das ständiges Wachstum und maßlosen Konsum fördere.
"Wir setzen in unserer Maßlosigkeit die ökologische Stabilität des gesamten
Planeten aufs Spiel. Mit unserer Art zu leben und zu wirtschaften gefährden wir
unser Überleben. So kann es nicht weitergehen", so Bandt.
"Die Gewinnung und Herstellung von Stoffen verbraucht sehr viel Energie und
trägt damit zur Klimakrise bei, gleichzeitig gefährden langlebige und giftige
Stoffe sowie die Zerstörung von Lebensräumen durch Agrarwirtschaft, Berg- und
Städtebau die biologische Vielfalt. Nachhaltige Stoffpolitik bedeutet also immer
auch Klima- und Artenschutz", erläutert Uwe Schneidewind, Sprecher des
BUND-Arbeitskreis Umweltchemikalien und Toxikologie sowie Präsident des
Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie.
"Wir brauchen ein nachhaltiges Management von Stoffströmen, das sowohl global
und national als auch auf der Ebene der Unternehmen und der Verbraucherinnen und
Verbraucher wirkt. Das könnte beispielsweise eine Kreislaufwirtschaft leisten,
in der Abfälle vermieden, wiederverwendet und recycelt werden", sagt
Schneidewind. "Dieses Stoffstrommanagement muss alle Lebensbereiche wie
Mobilität, Bauen, Ernährung sowie eine Reduktion des Konsums umfassen."
Die Realität sieht anders aus: Die Menschheit produziert und verbraucht immer
mehr Stoffe. 2017 setzte die Chemieindustrie 5,8 Billionen US-Dollar um und wird
diesen Umsatz nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) bis
2030 verdoppeln. Dabei geht es um Stoffe, die giftig sind, unfruchtbar machen,
das Hormonsystem schädigen und die allein wegen ihrer Langlebigkeit eine
Bedrohung darstellen. Ein aktuelles Beispiel ist Plastik: Über 400 Millionen
Tonnen werden pro Jahr hergestellt. Allein die in Deutschland jährlich
produzierten Plastikflaschen würden aneinandergereiht 13 Mal bis zum Mond
reichen. Unzählige Alltagsprodukte aus Kunststoff werden zu Abfall. Deutschland
gehört weltweit zu den fünf größten Plastikmüll-Exporteuren. "Das alles geht
nicht nur zu Lasten von Böden, Gewässern und Luft, das geht auch zu Lasten der
sozialen und globalen Gerechtigkeit und ist alles andere als zukunftsfähig",
sagt Bandt. "Deutschland als einer der weltgrößten Standorte für Chemie-,
Plastik- und Konsumgüterproduktion steht in der Verantwortung. Die
Bundesregierung muss mehr tun als bisher."
Der BUND setzt sich für eine Stoffpolitik ein, die sich an den Prinzipien der
Vorsorge und den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ausrichtet. Dazu
gehört ein Ende der verantwortungslosen Förderung und Übernutzung von Ressourcen
und Rohstoffen. Stoffströme müssen regional und weltweit verlangsamt und
verringert, Produkte durch Wiederverwendung und Recycling verstärkt in den
Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Der Umgang mit Ressourcen und
Rohstoffen muss verantwortungsvoller werden.
Bandt abschließend: "Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für eine
verbindliche internationale Chemierahmenkonvention einzusetzen. Nur so wird es
möglich sein, die Belastung für Mensch und Umwelt in Grenzen zu halten."
Mehr Informationen:
Das Positionspapier "Herausforderungen für eine nachhaltige Stoffpolitik" können
Sie hier herunterladen:
www.bund.net/stoffpolitik (Langversion)
www.bund.net/nachhaltige-stoffpolitik-kurz (Kurzversion)
Hintergrund:
Die Bundesregierung muss sich für eine rechtlich verbindliche
Chemierahmenkonvention mit global gültigen Prinzipien für ein nachhaltiges
Chemikalien-, Abfall- und Stoffstrommanagement sowie eine effektive Umsetzung
und Fortentwicklung der Chemikalienverordnung REACH einsetzen, mit der die
Europäische Union eine Vorreiterrolle einnimmt.
Forderungen des BUND, um die Ressourcenkrise zu stoppen:
- Die Belastung des Systems Erde mit Chemikalien hat ein
bedenkliches Ausmaß erreicht. Planetare Grenzen der
Belastbarkeit werden z.T. bereits überschritten. Um
gegenzusteuern, sind die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten
Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) ernst zu nehmen
und verbindliche Maßnahmen zu deren Umsetzung zu ergreifen.
- Stoffpolitik muss sich an den Prinzipien Vorsorge und
Nachhaltigkeit ausrichten. Persistenz ist als zentrales
Gefährdungsmerkmal zu beachten - auch bei Stoffen, die wie
Kunststoffe in großen Mengen in der Umwelt landen.
Stoffkreisläufe müssen entgiftet, gefährliche Stoffe aus
umweltoffenen und verbrauchernahen Anwendungen verbannt werden.
- Stoffströme sind regional und weltweit zu verlangsamen und zu
verkleinern, etwa durch weitgehenden Verzicht auf nicht
nachhaltig einsetzbare Chemikalien. Dazu braucht es eine höhere
Ressourceneffizienz, Kreislaufführung und Suffizienz beim Umgang
mit Stoffen und Materialien, indem beispielsweise gebrauchte
Produkte durch Wiederverwendung oder Recycling in den
Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden.
- Stoffpolitik ist eng mit Ressourcen- und Klimaschutz verknüpft
und muss helfen, Ressourcenverbrauch und Emissionen von
Treibhausgasen deutlich zu verringern. Herausforderungen sind
etwa, die geeigneten Stoffe und Verfahren für eine
umweltverträgliche Mobilität und klima- und ressourcenschonendes
Bauen zu finden
- Stoffpolitik und Kreislaufwirtschaft sind miteinander zu
verbinden. Eine Reduzierung der Stoffströme kann nur gelingen,
wenn die Abfallhierarchie konsequent beachtet wird. Dies
bedeutet auch, dass die gesetzlichen Grundlagen des Stoff-,
Produkt- und Abfallrechts zu integrieren sind und sich
gegenseitig ergänzen müssen.
Die vollständigen BUND-Forderungen zu einer nachhaltigen Stoffpolitik finden Sie
unter: www.bund.net/nachhaltige-stoffpolitik-forderungen
Pressekontakt:
Kontakt: Manuel Fernandez, BUND-Experte für Stoffpolitik,
Tel.: 030-275 86-463, mobil: 0151-19336210,
E-Mail: manuel.fernandez@bund.net
Uwe Schneidewind, Sprecher des BUND-Arbeitskreis Umweltchemikalien
und Toxikologie sowie Präsident des Wuppertal Instituts für Klima,
Umwelt, Energie und Klaus Steinhäuser, stv. Sprecher des
BUND-Arbeitskreis Umweltchemikalien/Toxikologie stehen ebenfalls für
Interviews und Nachfragen zur Verfügung. Kontakt über die
BUND-Pressestelle.
BUND-Pressestelle:
Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Judith Freund | Heye Jensen
Tel. 030-27586-425 | -531 | -497 | -464 | E-Mail: presse@bund.net,
www.bund.net
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/7666/4500287
OTS: BUND
Original-Content von: BUND, übermittelt durch news aktuell
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