Chaostage in Iowa / Leitartikel von Dirk Hautkapp zu US-Demokraten
Geschrieben am 04-02-2020 |
Berlin (ots) - Kurzform: Wenn im November bei der Präsidentschaftswahl die
Wahlbeteiligung einen neuen Tiefstand erreichen und Donald Trump davon
profitieren sollte, darf sich niemand beklagen. Die Versager von Iowa haben den
Grundstein gelegt.
Der vollständige Leitartikel: In Amerika ist am Montagabend eine
basisdemokratische Tradition zu Grabe getragen worden. Iowa, der Bundesstaat im
Mittleren Westen, in dem nur drei Millionen Menschen wohnen, hat mit einem aus
Technikversagen, Unvermögen und Ehrpusseligkeit gespeisten Debakel seine Rolle
als Fackelträger des Vorwahlmarathons zur demokratischen
Präsidentschaftskandidatur wohl auf ewig verwirkt. Seit fast einem halben
Jahrhundert wurde hier alle vier Jahre der erste Stein auf dem Weg ins Weiße
Haus ins Wasser geworfen. Die konzentrischen Kreise, die in dem zutiefst weißen,
gottesgläubigen und landwirtschaftlich geprägten Bundesstaat ausgelöst wurden,
reichten nicht selten bis ins Oval Office. Eine Panne von
bananenrepublikanischem Ausmaß sorgt nun mit hoher Wahrscheinlichkeit für die
Zäsur. Auch viele Stunden nach dem auf Drängen von Kandidat Bernie Sanders
unnötig verkomplizierten Wahlgang lagen die Ergebnisse nicht vor. Weil
Telefonleitungen überlastet waren und eine zentrale Handy-App, die für die
Übermittlung der Resultate konzipiert worden war, nicht reibungslos
funktionierte. Das wirft ein verheerendes Licht auf die politisch ohnehin
zwischen Moderaten und Links-Progressiven zerstrittene Demokratische Partei und
ihre Funktionstüchtigkeit. Weit über Iowa hinaus stellen sich Wähler die Frage:
Wie kann man dem Vertreter einer Partei die Verantwortung für die
Staatsgeschäfte übertragen, die nicht einmal ein simples Votum mit circa 200.000
Stimmen zeitnah und ordnungsgemäß über die Bühne bringen kann? Profiteur des
Debakels ist - auch wenn den Republikanern vor acht Jahren eine ähnliche Panne
unterlaufen ist - vorläufig US-Präsident Donald Trump. Den Umfragen nach ist er
ein angeschlagener Mann; jedenfalls außerhalb seiner Kernwählerschaft. Doch der
Rohrkrepierer der Demokraten verschafft ihm Auftrieb. Dazu die Rede zur "Lage
der Nation" vor dem Kongress, wo ihn die Hälfte der Parlamentarier politisch
gern zum Teufel jagen würde, und der heutige Mittwoch: Dann werden die Trump
ergebenen Republikaner im Senat dem Amtsenthebungsverfahren in der
Ukraine-Affäre formal mit einem Freispruch für den Präsidenten den Todesstoß
versetzen - trotz überwältigender Indizien, die Trump analog zu Richard Nixon in
der Watergate-Affäre als "tricky dick" erscheinen lassen. Iowa ist für den
Amtsinhaber das Sahnehäubchen auf dem Mokka. Dabei geht es um weit mehr als
Symbolik. Auch wenn klar ist, dass in drei Wochen nicht mehr über die für die
Endabrechnung ohnehin nicht relevanten Delegierten-Zahlen aus Iowa geredet wird,
hat sich ein ohnehin vorhandenes Unbehagen weiter vergrößert. Amerika hadert
seit Jahren mit der Integrität seiner demokratischen Prozesse. Das Wahlsystem
ist föderal. Hier wird auf Papier-Wahlzetteln gewählt, dort an Wahlcomputern.
Beide Systeme haben - zuletzt zwischen Al Gore und George W. Bush im Jahr 2000 -
gezeigt, wie anfällig sie sind. Dazu kommt spätestens seit dem Jahr 2016 die
berechtigte Sorge vor Manipulationsversuchen aus dem Ausland (Russland). Zieht
man dann noch die schräge Logik in Betracht, dass nicht der Mehrheitswillen der
Wähler über den Einzug ins höchste Staatsamt entscheidet, sondern ein
Wahlmännergremium, ist das Chaos perfekt. Wenn im November bei der
Präsidentschaftswahl die Wahlbeteiligung einen neuen Tiefstand erreichen und
Donald Trump davon profitieren sollte, darf sich niemand beklagen. Die Versager
von Iowa haben den Grundstein gelegt.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de
Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/53614/4511407
OTS: BERLINER MORGENPOST
Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
720146
weitere Artikel:
- US-Vorwahl: Eine handfeste Blamage / Kommentar von Frank Herrmann Freiburg (ots) - 2020 will die Basis mit Umsicht entscheiden, wer ins
Wahlfinale ziehen soll. Dass Zeit ins Land gehen würde, um angesichts heftiger
Flügelkämpfe den Sieger zu ermitteln, war schon vor dem ersten Stimmungstest in
Iowa klar. Dass am Tag nach dem Auftaktvotum wegen technischer Pannen noch immer
kein Etappensieger feststand, ist dagegen eine handfeste Blamage.
http://mehr.bz/khs29p
Pressekontakt:
Badische Zeitung
Schlussredaktion Badische Zeitung
Telefon: 0761/496-0
kontakt.redaktion@badische-zeitung.de
http://www.badische-zeitung.de mehr...
- Ex-Ministerpräsident Vogel warnt Thüringer CDU vor Wahl von Ramelow Düsseldorf (ots) - Der frühere Ministerpräsident von Thüringen, Bernhard Vogel
(CDU), hat Landesparteichef Mike Mohring darin bestärkt, an diesem Mittwoch im
Landtag nicht Bodo Ramelow (Linke) zum Ministerpräsidenten zu wählen. "Ich
begrüße es, dass die CDU in den ersten beiden Wahlgängen nicht Bodo Ramelow
wählen wird", sagte der 87-Jährige der Düsseldorfer "Rheinischen Post"
(Mittwoch). Für den dritten Wahlgang habe die CDU zwei Möglichkeiten: "Gehen AfD
und FDP mit eigenen Kandidaten ins Rennen, sollte die CDU den FDP-Kandidaten mehr...
- Windows-7-Aus kostet NRW-Landesregierung fast 1,3 Millionen Euro Düsseldorf (ots) - Das Auslaufen des Supports beim Betriebssystem Windows 7 wird
für die nordrhein-westfälische Landesregierung teuer. Weil rund 15 Prozent der
rund 150.000 Rechner der Landesbehörden bis zum Stichtag nicht auf ein neueres
System umgestellt worden sind, muss NRW rund 1,27 Euro an Anbieter Microsoft
zahlen, um weiterhin Sicherheitsupdates zu bekommen. Das geht aus einer Vorlage
für den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags hervor, die der Düsseldorfer
"Rheinischen Post" (Mittwoch) vorliegt. Der Support für Windows mehr...
- Grüne: Merkel muss sich für "Partnerschaft auf Augenhöhe" mit Afrika einsetzen Düsseldorf (ots) - Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour hat die Bundesregierung
zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe mit den Staaten Afrikas aufgerufen.
Nouripour sagte dem Bonner "General-Anzeiger" und der Düsseldorfer "Rheinischen
Post" (Mittwoch) zum Auftakt der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach
Südafrika und Angola: "Diese Partnerschaft auf Augenhöhe, die die
Bundeskanzlerin zu Recht anspricht, ist noch nicht erreicht. Dies sieht man auch
an den zahlreichen Initiativen der Bundesregierung, bei denen quasi weiterhin
mit mehr...
- FDP-Vize Kubicki hält Verzicht für falsches Rezept zum Klimaschutz "Ich habe mein Leben nicht geändert und habe das auch nicht vor" Köln (ots) - Köln. Bei FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat die Klimabewegung keine
Spuren hinterlassen. "Ich habe kein schlechtes Gewissen. Ich habe mein Leben
nicht geändert und habe das auch nicht vor", sagte der 67-Jährige dem "Kölner
Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe). Zu glauben, "dass Askese uns weiterbringt,
ist ein Fehler", sagte Kubicki weiter. "Wir werden den Klimawandel nicht durch
persönlichen Verzicht in den Griff bekommen, sondern nur durch Innovation und
technischen Fortschritt." Als einzige Ausnahme achtet Kubicki nach eigenen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|